Schule der Magier 01. Das geheime Portal - Neff, H: Schule der Magier 1 geheime Portal - The Tapestry - Hound of Rowan, Vol. 1
der Dunkelheit trat. Das Mondlicht fiel auf ein unbewegliches weißes Auge. Der Körper des Mannes hätte ein Schatten sein können, der mit dem Hintergrund verschmolz. Aber sein Gesicht war jetzt deutlich zu erkennen und es wirkte noch erschöpfter und ausgezehrter als bei ihrer Begegnung auf dem Flughafen. Es sah so aus, als hätte der Mann seit Tagen nicht geschlafen. Das Kinn und die Wangen waren mit dichten Bartstoppeln bedeckt. Seine Miene wirkte grimmig und bedrohlich. Er richtete sich auf, trat vor und ließ einen kleinen Rucksack von der Schulter gleiten.
»Hallo, Max«, flüsterte er mit dem eigenartigen Akzent, den Max schon im Museum gehört hatte. »Ich habe etwas für dich.«
Max drehte sich um und versuchte, in Richtung Haus zu rennen, wurde aber vom Boden hochgehoben, bevor er mehr als drei Schritte gemacht hatte. Der Mann presste ihm eine Hand auf den Mund und flüsterte ihm mit drängendem Tonfall ins Ohr.
»Scht! Ich bin nicht der Feind! Ich bin hier, um zu helfen. Willst du mir zuhören? Wirst du mir zuhören und nicht schreien?«
Max nickte und hörte auf, sich zu wehren. Sobald er wieder auf dem Boden stand und der Mann seinen Griff lockerte, stieß Max ihm seinen Ellbogen in den Bauch und versuchte wie ein Wahnsinniger, sich freizuzappeln. Der Mann ächzte, aber seine Arme waren wie aus Stahl. Max wurde abermals vom Boden gehoben und mit einem so starken Griff festgehalten, dass jeder Widerstand absolut zwecklos war.
»Ich verstehe, dass du Angst hast«, zischte der Mann. »Aber wenn ich dir wirklich etwas hätte tun wollen, wäre es bereits geschehen. Stimmst du mir zu?«
Max blickte in das weiße Auge, das jetzt nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war, und ließ nickend die Arme erschlaffen. Der Mann hielt inne und stellte ihn auf den Boden.
»Du bist ein Kämpfer«, brummte er. »Aber eigentlich wussten wir das ja schon.«
Max sagte nichts, behielt den Mann aber im Auge. Das Licht und das Gelächter aus dem Wald waren plötzlich verschwunden.
»Was war das dort drüben?«, fragte Max und deutete auf den Wald.
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Mann schlicht, bevor er Max bedeutete, die Stimme zu senken. »Eins weiß ich allerdings, nämlich dass Rowan ein eigenartiger Ort ist und dass einfältige Erstklässler gut beraten wären, an Halloween nicht irgendeinem geheimnisvollen Gelächter zu folgen.«
Max schauderte und spähte in den Wald, der jetzt dunkel und still dalag.
»Wieso wissen Sie über Rowan Bescheid?«, fragte Max argwöhnisch. »Wie sind Sie auf das Schulgelände gekommen?«
»Die Antwort auf beide Fragen ist dieselbe. Ich bin einmal hier zur Schule gegangen. Und wie die meisten neugierigen Schüler kenne ich einige Geheimnisse der Rowan-Akademie.«
Max warf einen hastigen Blick auf das Haus.
»Ich werde dir nichts tun«, stieß der Mann ungeduldig hervor.
»Ich weiß«, sagte Max. »Es ist nur... man hat mich vor Ihnen gewarnt. Aber niemand hat mir gesagt, dass Sie ein Rowan-Schüler waren.«
»Ich bin hier nicht mehr willkommen«, erklärte der Mann mit endgültigem Tonfall, bevor er etwas aus seinem Rucksack nahm. »Aber ich möchte dir etwas zurückgeben.«
Der Mann reichte ihm den kleinen schwarzen Skizzenblock, den Max im Kunstmuseum zurückgelassen hatte. Max strich mit den Händen über den Einband und blätterte ihn durch, um sich die Zeichnung anzusehen, die er abgebrochen hatte, als der Mann in die Galerie gekommen war. Dann klemmte er sich den Block unter den Arm.
»Warum sind Sie mir an jenem Tag gefolgt?«, fragte er. Der Mann sah sich hastig um und machte Max abermals ein Zeichen, leiser zu sprechen.
»Ich bin ein Halbhellseher«, sagte der Mann und deutete dabei auf das weiße Auge, das Max so unheimlich fand. »Ich wusste, dass ich nach Chicago fahren und in diesen Zug steigen musste, aber ich wusste nicht, warum. Dann habe ich dich gesehen.«
Max erinnerte sich nur allzu gut daran, auf welch schauderhafte Weise das weiße Auge des Mannes ihn verfolgt hatte.
»Du hast eine sehr mächtige Aura, Max. Ich bin dir gefolgt, weil du offensichtlich zu unserem Nachwuchs gehörst, und viele von denen sind verschwunden.«
Max fuhr herum, als er plötzlich gedämpften Applaus vom Haus her hörte.
»Du und dein Vater, ihr wart an jenem Tag in größerer Gefahr, als du ahnst. Der Feind war in verschiedenen Kunstmuseen sehr aktiv. Sie suchten nach besonderen Gemälden und besonderen Kindern und an jenem Tag hätten sie in Chicago beides
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