Schumacher, Jens - Deep
Leute ein, um sie später wieder aufzutauen?« Becca klang beeindruckt.
»Ganz so weit ist man auf diesem Gebiet leider noch nicht«, erwiderte Susann Dettweiler gedämpft.
»Das Einfrieren klappt schon ganz gut«, ergänzte McKenzie. »Nur mit dem Auftauen hat man noch Probleme.«
»Diese Leute gehören zur absoluten wissenschaftlichen Elite«, stellte Dr. Wilkins fest. »Ihre Auswahl beweist, dass es Hauschildt mit seiner Wahnidee ernst ist: Er will Strieglers Männer aus dem U-Boot bergen und hinter das Geheimnis ihres ›Überlebens‹ kommen.«
Becca hob die Hand und deutete auf einen Monitor unmittelbar unter der Decke. »Da! Henry hat Probleme.«
Das Bild war deutlich schlechter als das der Kamera, die den Ausstieg der Taucher aus dem Habitat übertragen hatte, verwaschen und nahezu ohne Farbe. Dennoch konnte man erkennen, dass eine der beiden Gestalten die Führung übernommen hatte, während die andere immer weiter zurückblieb. Die Bewegungen des Nachzüglers wirkten ungelenk und schwankend, er schien kaum von der Stelle zu kommen.
»Das muss die Übertragung einer Mobilkamera sein, die der Professor auf dem Weg zum Wrack hat verankern lassen«, vermutete Dr. Dettweiler.
»Er taumelt«, stieß Becca erschrocken hervor.
»Es muss verdammt anstrengend sein, sich in diesem Koloss durchs Wasser zu bewegen.« McKenzie musterte mit hasserfülltem Blick seinen ausladenden Bauch. »Hätte ich während der letzten Jahre bloß auf ein paar Hundert Bier verzichtet …«
»Wenige Minuten noch, meine Herrschaften«, drang unvermittelt das schnarrende Organ Professor Hauschildts von der anderen Seite der Tür herüber. »Wenige Minuten trennen uns von der größten wissenschaftlichen Entdeckung des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Und Sie dürfen den ungeheuren Vorzug genießen, live dabei zu sein. Labor omnia vincit!«
Begeistertes Gemurmel erhob sich unter den Anwesenden.
»Verdammter Angeber«, nuschelte McKenzie. »So viel Latein verstehe ja selbst ich.«
»Was hat er gesagt?«, wollte Becca wissen.
»Harte Arbeit siegt immer.«
Wie aufs Stichwort trat ein Mann auf die Gruppe zu. Er trug ein silbernes Tablett mit langstieligen Gläsern, in denen eine helle, schaumige Flüssigkeit perlte. Erfreut griffen die Wissenschaftler zu.
»Einer glücklichen Fügung des Schicksals haben wir es zu verdanken, dass mir die Kunde von diesem unschätzbaren Fund zugetragen wurde«, tönte Hauschildt mit einem Glas Champagner in der Hand. »Mein schnelles Eingreifen – und Ihre exorbitanten Fähigkeiten, meine Herrschaften – werden dafür sorgen, dass sich die Industrienationen der Welt schon bald wieder sicher fühlen können. Zumindest jene, die bereit sind, einen gewissen Preis dafür zu zahlen.« Er lachte selbstgefällig. »Kein größenwahnsinniger Diktator wird es noch wagen, sich auf dem außenpolitischen Parkett aufzublasen und gegen internationale Vereinbarungen zu verstoßen. Die Furcht vor dem, was die Großmächte ihm zur Vergeltung in seinen hinterwäldlerischen Zwergstaat schicken könnten, wird feindliche Interventionen jeglicher Art in Kürze völlig …« Er wurde jäh unterbrochen von etwas, das sich auf einem Monitor über ihm abspielte.
Das Bild schien von einer der Kameras zu stammen, die Hauschildt rund um die U-196 installiert hatte. Henry und der andere Taucher waren noch nicht zu sehen, dafür jedoch ein Teil der Fensterreihe auf der Steuerbordseite des U-Boots.
Die Übertragung war verschwommen und unscharf. Dennoch konnte man hinter dem Glas dreier benachbarter Fenster ovale, weißliche Schemen erkennen. Als Folge des mangelhaften Kontrasts sowie der Entfernung zum Wrack erinnerten sie auf unheimliche Weise an Gesichter, die nach draußen starrten.
Nach etwa zwei Sekunden löste sich zuerst das mittlere Objekt, dann das linke und schließlich auch das rechte von der Scheibe und verschwand im Innern des U-Boots.
»Wie ich gesagt habe, Herrschaften«, freute sich Hauschildt mit in die Höhe gerecktem Glas. »Die Mannschaft erwartet ungeduldig die Ankunft meiner Taucher.«
Die Wissenschaftler begannen, erregt durcheinanderzureden.
»Faszinierend! Ich hätte so etwas nie für möglich gehalten«, rief Professor Petersen, ein blonder Mann von schätzungsweise fünfzig Jahren.
»Unfassbar«, schloss sich die italienische Kryonik-Expertin an.
»Nach medizinischen Maßstäben ganz und gar unglaublich«, verkündete der Schweizer Chirurg namens Menuesli mit starkem Akzent. »Siebzig Jahre im
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