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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Gebieten häufiger vorkam. Dasselbe gilt für die Darstellung von Stammeszugehörigkeiten durch maritime Symboliken.«
    »Aha.« Sie hat nicht die geringste Ahnung, dachte Henry. Er fragte sich, ob das gut oder schlecht war, und was Dr. Becker sagen würde, wenn sein Vater ihr seine Interpretation der Abbildungen verriete. »Und diese Krakenmonster, die die sternköpfigen Wesen auffressen?«
    »Darstellungen vom Eingreifen blutrünstiger Götter in die Geschicke ihrer Schutzbefohlenen finden sich in den Aufzeichnungen nahezu aller frühen Kulturen«, erklärte Dr. Becker, ohne zu zögern. »Mayas, Azteken, sogar die alten Germanen brachten ihren Göttern Menschenopfer dar, um bessere Ernten oder Kriegsglück gegen ihre Feinde zu erbitten. Obwohl die Tötungen von den Priestern des jeweiligen Kults vorgenommen wurden, zeigen die Darstellungen häufig, wie sich die Götter ihre Opfer höchstpersönlich holen. Gleiches gilt für Darstellungen kämpferischer Triumphe, in denen es oft solche monströsen Götzen sind, die die feindlichen Stämme niederringen. Genau wie hier.« Feierlich ließ sie das Licht ihres Strahlers über die Reliefbänder streichen. Die zuckenden Schatten erweckten dabei den Eindruck, als führten die fremdartigen Wesen im Gestein einen hektischen Tanz auf. Henry verspürte ein Würgen im Hals und sah rasch weg.
    Da drang von unten plötzlich die Stimme seines Vaters herauf: »Henry? Ich glaube, du hast Post!«
    Als Henry am Boden ankam, stellte er fest, dass er das Browserfenster seines Webmail-Accounts offen gelassen hatte. Sein Vater, der gerade von draußen zurückgekommen zu sein schien, hatte den Bildschirmschoner deaktiviert und gesehen, dass im Ordner Ungelesene Mails eine »1« blinkte. Henry nahm Platz und öffnete die Nachricht.
    Sie war von Robbie. Der Sohn des Schatzsuchers entschuldigte sich zunächst dafür, dass es so lange gedauert hatte. Doch er habe warten müssen, bis sein Vater und Rudd das Geschäft verließen, bevor er sich unbemerkt auf der Athos umsehen konnte. Nachdem er einige Schränke und Truhen im Steuerstand des Bootes durchwühlt hatte, fand er, was er suchte: Thomas Irvings Logbuch. Wie erhofft waren darin die exakten Positionsdaten des gesunkenen U-Boots eingetragen, der »U-196«, wie Irving in einem Zusatz vermerkt hatte.
    Donald Wilkins las die Mail über Henrys Schulter mit. Kaum war er fertig, ließ er sich auf einen benachbarten Klappstuhl fallen und begann auf den dortigen Rechner einzuhämmern.
    Als Henry sich ihm verwundert zuwandte, hatte sein Vater bereits einen Satz Zahlen aufgerufen, den er wortlos anstarrte.
    »Was ist das, Dad?«
    »Die Positionsdaten der Symbole, die auf den Punkt vor der javanischen Küste verweisen.«
    Irritiert sah Henry von einem der Bildschirme zum anderen. Beim fünften Abgleich war er sicher, dass er sich nicht täuschte.
    »Die Koordinaten sind identisch! Nicht nur Längen- und Breitengrade, sondern sogar die Nachkommastellen …«
    »Längen- und Breitenminuten«, bestätigte Dr. Wilkins mit Grabesstimme.
    Henry schüttelte den Kopf. »Was bedeutet das? Die Schöpfer der Inschriften können doch nicht gewusst haben, dass viele Jahrtausende später ein deutsches U-Boot dort draußen untergehen würde. Oder?«
    Sein Vater kaute nervös auf seiner Unterlippe. »Nein, das können sie nicht. Und ein gesunkenes U-Boot dürfte es ihnen auch kaum wert gewesen sein, diese Koordinaten in Stein zu verewigen.« Er rief ein weiteres Zahlenpaket auf den Monitor. Es war dasselbe, das er bei Henrys Ankunft wenige Stunden zuvor so konzentriert betrachtet hatte. »Es muss eine Verbindung zu den Zeitangaben geben.«
    »Was für Zeitangaben?« Henry rutschte mit seinem Stuhl näher heran.
    »Jede Ortsangabe ist außer mit einer astronomischen Angabe auch mit einer zeitlichen verknüpft: Anfangs- und Endpunkt eines exakt bemessenen Zeitraums, der den Schöpfern der Zeichen immens wichtig gewesen sein muss.«
    »Eines Zeitraums, in dem was passiert?«
    »Eine bestimmte Sternenkonstellation am südlichen Firmament tritt ein.« Dr. Wilkins zuckte mit den Schultern. »Laut diesen Zahlen hat sie vor zehn Tagen begonnen. Was darüber hinaus noch …«
    »Vor zehn Tagen?«, unterbrach ihn Henry.
    »Am 15. September. Warum fragst du?«
    »Das ist merkwürdig.« Henry kratzte sich am Kopf. »Vielleicht hat es nichts zu bedeuten … aber vor genau zehn Tagen beobachteten Thomas Irving und Jeff Rudd die merkwürdigen Bewegungen hinter den Fenstern der

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