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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Wilkins.
    »Vielleicht, damit er nicht unfreiwillig irgendetwas ausplaudert«, vermutete Becca.
    »Ausplaudert?« Henry hob die Brauen. »Was könnte er denn ausplaudern?«
    Becca warf dem Schiff über die Schulter einen misstrauischen Blick zu. »Ich hab nicht die geringste Ahnung.«

14
     
    CILACAP, 26. SEPTEMBER 201 3
     
    Die Hafenverwaltung erinnerte Henry an einen Spielfilm aus den Siebzigerjahren, und dem schäbigen Zustand nach zu urteilen, war die Einrichtung tatsächlich kaum jüngeren Datums. An einem in mehrere Schalter unterteilten Tresen aus dunklem Holzfurnier konnte man seine Angelegenheiten mit den Behörden klären. Der Boden war mit welligem Linoleum bedeckt, an der Decke flackerten altersschwache Neonröhren in ehemals polierten, jetzt spinnwebverhangenen Alurahmen. In einer Ecke hockten Einheimische auf verblichenen orangefarbenen Plastiksitzen und blätterten desinteressiert in irgendwelchen Zeitungen.
    Nur an zwei der insgesamt drei Schalter herrschte Betrieb: Ein chinesisch aussehender Mann in schmuddeliger Uniform stand vor dem linken, zwei europäisch wirkende Männer vor dem rechten. Nach kurzem Überlegen ging Dr. Wilkins zum mittleren Schalter, obwohl dieser momentan nicht besetzt war. Henry und Becca folgten ihm.
    Der Chinese zu ihrer Linken rauchte eine selbst gedrehte Zigarette, während er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. Der Beamte ihm gegenüber blätterte in aller Seelenruhe einen Stapel Unterlagen durch.
    Auf der anderen Seite redete einer der beiden westlich gekleideten Männer ruhig auf einen weiteren Schalterbeamten ein. Er war klein, schmächtig und mochte um die fünfzig sein. Sein pechschwarzes Haar war mit Pomade glatt an den Kopf gekämmt. Eine schlohweiße Strähne verlief von seiner linken Schläfe bis zum Hinterkopf.
    Interessiert nahm Henry zur Kenntnis, dass der Mann gebrochenes Englisch mit starkem deutschem Akzent sprach, und er musterte ihn genauer. Trotz der drückenden Wärme im Raum war der Fremde in einen taillierten schwarzen Gehrock gekleidet, wie er vor hundert Jahren einmal modern gewesen sein mochte. Aus der Tasche der gestreiften Weste, die er darunter trug, baumelte eine silberne Uhrkette. Seine Schuhe waren spitz, schwarz und makellos sauber.
    Wie der Bösewicht aus einem Marvel-Comic, hallte Robbie Irvings Stimme durch Henrys Kopf. Er tauschte einen raschen Blick mit Becca, die unauffällig nickte. Auch ihr war klar, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um denselben Mann handelte, der vor zehn Tagen eine Skype-Konferenz mit Robbies Vater und Jeff Rudd geführt hatte.
    Henry wandte seinen Blick dem Begleiter des Schwarzgekleideten zu. Er war mindestens drei Köpfe größer und gut doppelt so breit, ein wahrer Schrank mit einer tonnenförmigen Brust und Armen wie Baumstämmen. Er sah aus wie ein Ringer oder Gewichtheber, falls er allerdings tatsächlich einmal professionell Sport getrieben hatte, war dies schon ein paar Jahre her. Unter dem knallroten Polohemd, in das er sich offenbar mit einem Schuhlöffel gezwängt hatte, zeichneten sich dicke Fettringe ab. Unbeteiligt lehnte der Koloss am Tresen und glotzte aus einem Fenster auf den Vorplatz hinaus. Die Wülste über seinen Augen und der ausgeprägte Unterbiss ließen ihn beinahe wie einen Neandertaler wirken, wozu allerdings weder das raspelkurze, platinblond gefärbte Haar noch der hellwache, verschlagene Ausdruck in seinen winzigen Augen passen wollten.
    »Guter Mann«, sagte der Mann im Gehrock gerade, wobei er erstmals merklich die Stimme erhob. Er deutete auf ein Dokument, das zusammen mit anderen in einer Kunststoffkladde vor dem Schalterbeamten lag. »Ich habe Ihnen Ziele und Absichten unserer wissenschaftlichen Mission zur Genüge dargelegt. Sie haben sich überzeugen können, dass sämtliche Genehmigungen für den Aufenthalt der FS Püttlitz in diesen Gewässern vorliegen. Meine Zeit ist knapp bemessen, und ich schätze es nicht, sie mit Formalitäten zu verplempern. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie uns jetzt den erforderlichen Stempel geben könnten.«
    Der Beamte hinter dem Tresen, ein pockennarbiger Mann mit schräg stehenden Augen, verzog widerwillig das Gesicht. Offenbar missfiel ihm der Ton seines Gegenübers. Er holte Luft, um etwas zu entgegnen, als sich der Begleiter des Schwarzgekleideten plötzlich umdrehte und demonstrativ die Arme vor der Brust verschränkte. Das Spiel seiner dicken Muskeln unter der Haut war unübersehbar.
    »Macht das Würstchen

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