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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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U-Boots verstand Henry nichts davon.
    »Ein Militärfahrzeug der Typklasse IX D2, gebaut zwischen 1941 und 1942 in Bremen«, entnahm der Meeresbiologe dem verwirrenden Datenwust. »Achtundachtzig Meter lang, Gewicht im versenkten Zustand eintausendachthundert Tonnen. Zwei Dieselmotoren mit je fünftausendvierhundert Pferdestärken. Höchstgeschwindigkeit, Tiefgang … bla, bla, bla. Bewaffnet mit Torpedos, Wasserminen, einer Deckskanone … alles Standard für die damaligen Verhältnisse.« Als er weiterlas, runzelte er kurz die Stirn. ›»Sonderausstattung: zusätzliche Fensterzeilen an Rumpf und Turm.‹ Hmmm … Bullaugen sind eher unüblich für Kriegsschiffe. Jeder Durchbruch des Rumpfes geht zu Lasten der Stabilität. Egal, es scheint dem Schiff nicht geschadet zu haben, wenn es noch heute unbeschadet in vierhundert Metern Tiefe liegt.«
    McKenzie scrollte nach unten. Weitere Zahlenkolonnen erschienen, jetzt überwiegend Kalenderdaten.
    »Hier sind alle Feindfahrten gelistet, die das Schiff seit seinem Stapellauf unternommen hat, inklusive einer Liste der dabei versenkten Schiffe.«
    »Irgendetwas Auffälliges?«, erkundigte sich Dr. Wilkins. »Ich weiß, du bist weder Militarist noch Historiker, aber vielleicht …«
    »Hier ist ein Vermerk, dass die U-196 den Rekord für die längste Feindfahrt hielt, die je ein deutsches U-Boot unternommen hat. Zwischen März und Oktober 1943 blieb sie 225 Tage auf See.« McKenzie runzelte die Stirn. »Beachtlich, aber nicht unbedingt hilfreich, oder?«
    Henry schüttelte den Kopf. »Wird erwähnt, was aus dem Schiff geworden ist?«
    Der Biologe scrollte nochmals, las mit zusammengekniffenen Augen weiter. »Letztes registriertes Operationsgebiet: Südatlantik und Indischer Ozean. Zur letzten Fahrt ausgelaufen von Batavia am 30. November 1944 unter Befehl eines Oberleutnants namens Werner Striegler. Oh ja, und dann: Verlust des Bootes im Dezember 1944.«
    »Verlust des Bootes?« Dr. Wilkins beugte sich vor. »Heißt das, es wurde von Feinden versenkt?«
    »Nein, das wäre vermerkt. Hier steht nur, das Schiff sollte Anfang Dezember im Indischen Ozean mit einem Schwesterschiff zusammentreffen, um Treibstoff zu übernehmen. Es erschien jedoch nicht. Versuchte Kontaktaufnahmen schlugen fehl. Am 12. Dezember wurde die U-196 dann vermisst gemeldet. Vermutlich gesunken … Ratet mal, wo? Im Bereich des Sundagrabens!«
    »Sundagraben?« Henry runzelte die Stirn. »Die Bezeichnung habe ich doch heute schon einmal gehört.«
    »Am Hafen von Cilacap«, bestätigte sein Vater. »Dieser Hauschildt hatte Genehmigungen vorgelegt, die ihm gestatten, in dieser Gegend zu kreuzen.«
    »Als Sunda- oder Javagraben bezeichnet man eine Tiefseerinne vor der javanischen Küste«, klärte McKenzie sie auf. »Wo die australische und die eurasische Kontinentalplatte aufeinandertreffen, hat sich über Jahrmillionen eine Schlucht im Meeresgrund gebildet, stellenweise über sieben Kilometer tief und über zweitausend Kilometer lang – ein Paradies für jeden Meeresbiologen.« Er ließ nachdenklich einen Kugelschreiber mit Mokele- Aufdruck gegen seinen goldenen Schneidezahn klicken. »Interessant. Im abschließenden Kommentar steht, dass die Verlustursache bis heute nicht geklärt ist. Man vermutet eine Tauchpanne, die zum Sinken des Schiffes führte, bestätigt ist das jedoch nicht.«
    »Fest steht jetzt aber, dass es sich bei dem Wrack, das Irving und Rudd gefunden haben, tatsächlich um die deutsche U-196 handelt«, erklärte Dr. Wilkins. »Nach nunmehr neunundsechzig Jahren hat sich die Frage nach dem Verbleib des Schiffes also geklärt.«
    Henry kratzte sich am Kopf. »Ob Professor Hauschildt hier ist, um die Ursache für den Untergang der U-196 zu klären?«
    Gordon McKenzie war aufgestanden und zu seinem Glas zurückgekehrt. Gedankenverloren starrte er in die gelbbraune Flüssigkeit. »Ein U-Boot, unter mysteriösen Umständen gesunken, nur ein paar Stunden von hier«, murmelte er. »Ein undurchsichtiger Wissenschaftler, der seine Entdeckung für sich behalten will.« Er trank den Whisky mit einem Schluck aus, drehte sich zu seinen Besuchern um und ließ seinen Goldzahn aufblitzen. »Du kennst mich offenbar immer noch verdammt gut, Donald. Die Sache interessiert mich! Und ich denke, ich habe da etwas, das uns bei der Aufklärung dieses Geheimnisses gute Dienste leisten könnte.«
    Donald Wilkins’ Miene hellte sich auf. »Du hast dir deinen alten Traum also verwirklicht?« Als der Meeresbiologe

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