Schumacher, Jens - Deep
…«
Ein massiger Schemen huschte aus dem Hintergrund heran. Einen Wimpernschlag darauf zog sich McKenzie mit hasserfüllter Miene von der Schreibtischplatte zurück, den Blick auf die MP-Mündung gerichtet, die jetzt auf seine Brust zielte.
Da trat Becca neben ihn und deutete mit furchtlosem Blick erst auf die Waffe, dann auf die transparente Kuppel über ihrem Kopf. »Wen wollen Sie mit Ihrem Machogehabe foppen? Selbst ein gehirnamputierter Kettenhund wie Sie würde es niemals riskieren, hier drin eine Waffe abzufeuern.«
Auf dem Gesicht des Schlägers, der die Beleidigung nicht bemerkt zu haben schien, breitete sich ein Grinsen aus. Er schwenkte den Lauf herum und richtete die Waffe auf das Mädchen. »Willst du’s drauf ankommen lassen, Süße?«
»Die Geschosse sämtlicher Feuerwaffen an Bord von Neuschwabenland bestehen aus einem neuartigen, ultraleichten Polymerkunststoff«, erklärte Professor Hauschildt. »Sie wurden speziell entwickelt für den Einsatz in Flugzeugen und Unterseebooten. Projektile dieser Art sind weder für den gehärteten Lexanschild noch für die Titanummantelung des Druckkörpers gefährlich.« Seine Stimme klang noch immer ruhig, Henry hatte allerdings den Eindruck, dass es den Deutschen zunehmend Mühe kostete, diese Fassade aufrechtzuerhalten.
»Der menschliche Körper vermag ihnen dagegen keinerlei Widerstand entgegenzusetzen. Ich kann Ihnen daher nicht empfehlen, meinen Assistenten weiter zu reizen.«
Henrys Vater räusperte sich, offenbar bedacht darauf, etwas zur Entspannung der Situation beizutragen. »Ich, äh … möchte Ihnen danken, dass Ihr Pilot uns da draußen das Leben gerettet hat«, hob er an.
Hauschildt hob fragend die Brauen. Sekundenlang schien er nicht zu wissen, wovon Dr. Wilkins sprach. »Ach, das«, erwiderte er schließlich. »Ihr Beinahe-Zusammenprall mit der U-196. Nun, um ehrlich zu sein, ging es bei diesem Manöver weniger um Ihre körperliche Unversehrtheit, sondern um die des Wracks. Eine Kollision mit ihrem Tauchboot hätte den Druckkörper des U-Boots möglicherweise beschädigt. Dies galt es unter allen Umständen zu vermeiden, bis gewisse Vorkehrungen getroffen sind.«
Henry spürte, welche Überwindung es seinen Vater kostete, dieses kaltschnäuzige Geständnis unkommentiert wegzustecken.
»Sie sind nicht hier, um seltene Korallenarten zu studieren, Professor Hauschildt.« Dr. Wilkins verschränkte die Arme. »Sie interessieren sich einzig und allein für das gesunkene deutsche U-Boot, habe ich recht?«
Hauschildt erwiderte seinen Blick sekundenlang. Dann erhob er sich, geschmeidig wie eine Raubkatze, und kam ohne Eile um den Tisch herum. In seinem Blick lag jetzt etwas Bedrohliches, fast Manisches. Henry ahnte, dass dieser Mann besessen war -und dass er alles für die Verwirklichung seiner Vision tun würde.
»Sie können Ihre Scharade aufgeben, Dr. Wilkins.« Hauschildts Stimme zitterte jetzt leicht. »Sie wissen sehr genau, was ich vorhabe, nicht erst seit heute. Sonst wären Sie nicht hier. Aber Sie werden nicht bekommen, worauf Sie aus sind, dafür werde ich sorgen.«
Henrys Vater machte ein verwirrtes Gesicht. »Ich fürchte, ich verstehe nicht, worauf Sie …«
»Tun Sie nicht so scheinheilig!« Mit einem raschen Schritt baute sich Hauschildt vor ihm auf. »Wir wissen beide sehr genau, was Sie planen, Dr. Wilkins.« Der Deutsche schob sein Gesicht vor wie ein Geier, der nach Aas pickt. Als er weitersprach, stoben Speicheltröpfchen von seinen Lippen auf Wilkins’ Gesicht. »Mich interessiert nur eines: Wie haben Sie davon erfahren? Wie konnten Sie von diesem streng geheimen Projekt Kenntnis erhalten?« Hauschildt verengte die Augen. »Einer meiner Mitarbeiter hat geplaudert, richtig? Oder war es einer dieser vermaledeiten Fischer aus Cilacap?«
»Ich weiß wirklich nicht, was …«, stotterte Henrys Vater.
»Sie wollen nicht reden? Nun gut. Ihrer erbärmlich insuffizienten technischen Ausrüstung kann ich entnehmen, dass es kaum in Ihrer Absicht gelegen haben dürfte, sich meine Entdeckung selbst zu eigen zu machen. Wenn Sie Strieglers Crew aber nicht auf eigene Faust zu bergen beabsichtigen, muss ich davon ausgehen, dass Sie hier sind, um meine Operation im Auftrag eines finanzstarken Partners auszuspionieren … oder aber, um sie zu sabotieren.« Er schob sein Gesicht noch weiter vor, bis seine Lippen beinahe Dr. Wilkins’ Nasenspitze berührten. »Verhält es sich so, Herr Dr. Wilkins? Sind Sie so ein verkackter kleiner
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