Schumacher, Jens - Deep
Gesicht wirkte besorgt. Seit einer guten Viertelstunde musste er tatenlos zusehen, wie sich sein Freund immer mehr in Rage redete.
Schweißbäche glitzerten auf McKenzies dunklen Schläfen, immer wieder hieb er mit der Faust gegen eine der stählernen Wände. »Ich will mich aber nicht beruhigen«, schnaubte er. »Ich will hier raus! Ich will, dass dieser Spinner mir den Schaden ersetzt, den seine Leute an der Ki’tenge angerichtet haben. Ich will auftauchen und das Arschloch anzeigen. Das will ich!«
»Ich glaube, so etwas Ähnliches wollen wir alle, Dr. McKenzie«, erwiderte Becca halblaut. »Tatsache ist leider, dass fürs Erste nichts davon hinhauen dürfte. Also können wir genauso gut unsere Kräfte schonen. Vielleicht fällt uns ja eine Lösung ein, wenn wir in Ruhe noch einmal alle Fakten durchgehen?«
Henry nickte dankbar. Beccas beherrschte Art bildete einen beruhigenden Gegenpol zu McKenzies cholerischem Charakter.
Die Kammer, in die die Bewaffneten sie gebracht hatten, lag auf dem E-Deck, einer komplett in Rot gehaltenen Etage einen Stock über dem Schleusendeck. Es handelte sich weniger um eine Zelle als vielmehr eine Art Wohn- oder Aufenthaltsraum. Es gab zwei Pritschen, eine links, eine rechts an der Wand, zwei Einbauschränke, einen Tisch und zwei Stühle. Die Kammer hatte keine Fenster, sie schien sich tief im Herzen der Anlage zu befinden. Die Tür bestand, wie alles im Habitat, aus Stahl. Die Wächter hatten sie sorgfältig verriegelt, es gab keine Möglichkeit zu entkommen.
Fluchend ließ sich McKenzie neben Henrys Vater am Tisch nieder. Für einen Moment sah es so aus, als wollte er sofort wieder aufspringen, dann jedoch entspannten sich seine Gesichtszüge, und er schloss die Augen. »Vielleicht hast du recht. Verdammt, mein Schädel fühlt sich an, als hätte eine Herde Elefanten Fußball damit gespielt. Zwei Halbzeiten plus Verlängerung!« Er betastete die Beule an seinem Hinterkopf, dann warf er einen auffordernden Blick in die Runde. »Also schön, die Tatsachen. Fakt eins: Der Kerl ist total verrückt!«
»So weit waren wir schon«, erinnerte ihn Henrys Vater müde.
»Ich weiß nicht, ob er tatsächlich geisteskrank ist«, wandte Becca ein, die es sich halb sitzend, halb liegend auf einer der Pritschen bequem gemacht hatte. »Unsympathisch ist er, keine Frage. Ansonsten würde ich ihn eher fanatisch nennen.«
»Fanatisch?«, hakte Henry nach, der ihr auf der Liege gegenübersaß.
»Fanatisch darauf aus, an etwas heranzukommen, das sich in dem U-Boot-Wrack befindet.«
»Davon müssen wir ausgehen«, bestätigte Dr. Wilkins. »Als Hauschildt über das Internet vom Fund des Wracks erfuhr, nahm er sofort Kontakt zu Irving und Rudd auf. Er befahl ihnen, niemandem etwas von der Sache zu verraten.«
»Damit ihm beim U-Boot niemand zuvorkommen konnte«, ergänzte Henry.
»Er zahlte ihnen eine happige Summe, damit sie die Klappe hielten«, führte McKenzie den Gedankengang weiter. »Und drohte, ihnen die Eier abzuschneiden, falls sie auspacken würden.«
Dr. Wilkins verzog das Gesicht. »Ich denke, seine Drohung dürfte ein wenig fundamentaler gewesen sein. Möglicherweise kündigte er an, ihre geschäftliche Existenz zu vernichten. Oder er bedrohte ihre Angehörigen. Auf jeden Fall reiste er anschließend in Rekordzeit mit der Püttlitz und diesem Ungetüm hier« – er stampfte mit dem Fuß auf den stählernen Fußboden – »nach Java.«
»Er kann das Schiff unmöglich in so kurzer Zeit von Deutschland in den Indischen Ozean verfrachtet haben.« McKenzie kraulte sich nachdenklich das Kinn. »Erst recht nicht mit einer Last wie Neuschwabenland am Haken.«
»Möglicherweise waren beide irgendwo in der Nähe im Einsatz«, gab Henry zu bedenken.
»Ist doch völlig egal.« Becca richtete sich auf ihrer Pritsche auf. »Er will etwas aus dem Wrack holen, das steht fest. Er will es unbedingt haben und kein Risiko eingehen. Dafür ist er bereit, unser Leben und das seiner Männer aufs Spiel zu setzen.« Sie sah zu Henrys Vater hinüber. »Sie sagten vorhin, Sie wüssten, was sich in der U-196 befindet, Dr. Wilkins. Was haben Sie damit gemeint?«
Gordon McKenzie nickte heftig. »Richtig, Donald. Das hast du gesagt. War das ein Bluff?«
Dr. Wilkins betrachtete mit gequältem Gesichtsausdruck seine Hände. »Ich dachte, wenn ich das Gespräch ein wenig in Gang halte und es irgendwie schaffe, Hauschildt davon zu überzeugen, dass wir für ihn wichtig sein könnten, verbessert das unsere
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