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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Golitzins blutüberströmter Oberschenkel zum Vorschein. In der blassen Haut klaffte ein Loch vom Durchmesser eines Zehncentstücks. Es schien tief ins Fleisch zu reichen, im grellen Licht der Deckenlampe konnte Henry Hautfetzen und zerrissenes Muskelgewebe erkennen. Er spürte, wie sich sein Magen hob. Rasch sah er weg.
    »Ein glatter Durchschuss«, diagnostizierte Dr. Lamont und trat an Eileens Seite, um das Bein abzubinden. »Glück im Unglück, die Waffe scheint ein beachtliches Kaliber gehabt zu haben. Was ist weiter passiert?«
    Golitzin zuckte vor Schmerz zusammen, als sich Lamont an seinem Bein zu schaffen machte. »Es dauerte ein paar Sekunden, bis Spykers Männern klar wurde, was eigentlich los war. Da war ich aber schon in der Dunkelheit zwischen den Fahrzeugen verschwunden. Ohne zusätzliche Lampen konnten sie mich dort nicht erwischen … dachte ich zumindest. Ich überlegte gerade, wie ich weiter vorgehen sollte, da kam eine kleine, gebückte Gestalt aus dem S1 gesprungen. Es war dieser Asiat, Isidro. Er nahm seine verfluchte Sonnenbrille ab und peilte kurz in meine Richtung. Dann zog er eine riesige Pistole aus seiner Jacke und gab, ohne großartig zu zielen, drei Schüsse in meine Richtung ab. Der dritte … auuuu!«
    »Ich habe Ihnen ein lokales Anästhetikum injiziert«, erklärte Lamont. »Dennoch wird es vermutlich nicht ohne Schmerzen abgehen, wenn ich die Wunde nähe. Zum Glück scheinen keine größeren Blutgefäße in Mitleidenschaft gezogen zu sein.«
    »Dieses elende Schlitzauge«, fluchte Golitzin. »Wieso konnte er mich in der Finsternis sehen, verdammt’«
    »Seien Sie froh, dass er nur Ihr Bein getroffen hat.« Professor Albrecht ließ sich auf eine Kiste sinken und wischte sich mit einer fahrigen Geste über die Stirn. Der Zwischenfall hatte den kleinen Wissenschaftler sichtlich mitgenommen.
    »Was hat der Wachtposten gemeint, als er sagte, ab sofort würden sie anständig zielen?«, wollte Lincoln mit bangem Blick wissen.
    »Was wird das schon heißen?«, erwiderte Eileen bitter und wischte sich die blutbeschmierten Hände an einem Fetzen Stoff sauber. »Ab jetzt schießen sie, um zu töten.«

26
     
    AM RAND DER RUINENSTADT, 16. APRIL 2013
     
    Am Morgen wurde Henry von lauten Stimmen aus dem Schlaf gerissen. Rund um das Zelt war der Teufel los.
    Benommen rieb er sich das Gesicht und reckte seine steifen Knochen. Er war in der Nacht als einer der Letzten in einen unruhigen Schlaf gefallen, und obwohl ihm ein Blick auf die Uhr verriet, dass er über vier Stunden geschlafen hatte, fühlte er sich vollkommen gerädert.
    Von draußen waren barsche Befehle und die knirschenden Schritte von mindestens einem Dutzend Soldaten zu hören. Nach einer Weile mischte sich das Summen von Spykers Rollstuhl in die Geräuschkulisse, und kurz darauf hörte man ihn mit ruhiger, beherrschter Stimme Anweisungen erteilen. Obwohl die Männer ein gutes Stück vom Gefangenenzelt entfernt standen, bildete Henry sich ein, die Wortfetzen »ausschwärmen«, »Viererteams«, »scharfe Munition« und »sofort melden« zu verstehen.
    Als Spyker fertig war, rollte er zum S1 zurück. Die Soldaten marschierten im Gleichschritt über den harten Schnee davon. Nach einer knappen Minute war nichts mehr zu hören außer der gedämpften Unterhaltung der Wachmänner am Zelteingang sowie dem leisen Schlürfen des Mannes, der seit Golitzins Fluchtversuch die Rückseite des Zelts bewachte und gerade irgendein Heißgetränk zu sich nahm. Und natürlich dem unirdisch pfeifenden Wind.
    »Er sendet seine Kampfhunde aus, die Ruinen zu durchkämmen«, sagte Eileen und rührte in einem Topf mit Instantkaffee, den sie über einem Benzinkocher erhitzte. »Wenn sie fündig werden, erfahren wir vielleicht endlich, was hinter diesem ganzen Albtraum steckt.«
    »Falls sie fündig werden«, murmelte Professor Albrecht leise.
    Am Vormittag wechselte Dr. Lamont den Verband an Golitzins Bein. Die Wunde sah gut aus, doch der Russe klagte über starke Schmerzen. Außerdem war seine Temperatur leicht erhöht. Lamont verabreichte ihm ein Mittel aus seinem Einsatzkoffer und versprach, gegen Abend werde er sich besser fühlen.
    Wenig später erschien ein Soldat im Zelt und brachte ihnen etwas zu essen. Ungläubig bestaunten Henry und die anderen, was unter der großen Isolierhaube aus Aluminium zum Vorschein kam.
    »Dass ich das noch erleben darf«, murmelte Lincoln ergriffen. »Rührei, Speck, frisches Brot … also, verhungern lassen will uns

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