Schurken machen Krawall
war. Wer klaute schon ein halb fertiges Baumhaus? Vor allem so ein popeliges. Die beiden hatten hundertpro nur die Hosen voll.
Kaum dass Barbara und ich im Wald waren, begannen wir zu schleichen. Der Spinnenmann musste irgendwo in der Nähe sein. Wir konnten ihn zwar nicht sehen, dafür aber hören. Krachend und knackend bahnte er sich seinen Weg durch das Geäst. Wir huschten ihm hinterher, nutzten jede Deckung und kamen immer tiefer in den Wald. Wir redeten kein Wort, gaben uns stattdessen Zeichen. Und wir wussten nicht, was wir eigentlich erwarteten. Wohin würde uns der Spinnenmann führen? In sein Versteck? Oder lockte er uns in eine Falle?
Mittlerweile war ich ziemlich außer Atem. Der Neben-dem-Baum-Baumhaus-Bau hatte mich geschwächt, und der schlammige Boden und das enorme Tempo, das der Spinnenmann vorlegte, setzten mir weiter zu. Ich keuchte und schwitzte und wusste, lange würde ich das Tempo nicht mehr halten können. Selbst Barbara sah etwas erschöpft aus. Wenn auch nur ein bisschen.
Auf einmal blieb Barbara stehen. Sie hob die Hand und signalisierte mir, ebenfalls sofort stehen zu bleiben. Ich lies mich auf den Boden plumpsen und schnappte nach Luft. Vom Spinnenmann war nichts mehr zu hören. In den Baumkronen schimpften die Vögel, die sich von uns gestört fühlten. Manche schienen uns sogar auszulachen.
Ansonsten war es still. Barbara legte ihren Zeigefinger auf die Lippen. Dann schlich sie leise weiter und wollte, dass ich ihr folgte. Mühsam rappelte ich mich auf.
Unser Weg führte uns eine Böschung hinunter. In eine Art Mini-Tal. Und dann sah ich, wohin der Spinnenmann verschwunden war: Er war durch das Tor der Hölle marschiert.
„Das ist der Eingang zu einem alten Bunker“, flüsterte Barbara.
„Ist er da rein?“, fragte ich.
„Glaube schon.“
Barbara wagte sich noch ein Stück näher heran. Ich blieb lieber stehen und sicherte uns nach hinten ab.
Mit einem lauten Quietschen öffnete sich die schwere Stahltür des Bunkers. Barbara, die ohne Deckung dastand, schmiss sich auf den Boden. Der Spinnenmann trat hinaus ins Freie. Er zog sich seine schweren Stiefel aus und stellte sie vor der Tür ab, so als erwartete er den Nikolaus. Dann verschwand er wieder im Bunker.
Barbara robbte auf dem Bauch zu mir zurück. Keine Sekunde zu früh. Denn wieder öffnete sich die Tür und der Spinnenmann verließ zum zweiten Mal den Bunker. Er trug jetzt Gummistiefel. Knallend schloss er die Tür hinter sich und marschierte in unsere Richtung. Barbara und ich warfen uns in die Büsche. Nur wenige Meter neben uns verschwand der Schurke wieder im Wald. Wir hörten seine schweren Schritte und sein Keuchen.
Wir blieben noch eine ganze Weile liegen, um sicherzugehen, dass der Spinnenmann nicht auf einmal kehrtmachte, weil er noch irgendwas im Bunker vergessen hatte. Eine Falle, einen Killerhund oder seinen Schokoriegel. Dann rappelten wir uns auf. Ich versuchte, den Dreck von meinen Klamotten zu wischen. Es misslang gründlich.
„Was meinst du?“, fragte mich Barbara. „Sollen wir mal in den Bunker schauen?“
Wahnsinnigerweise stimmte ich ihr zu. Wir mussten dem Geheimnis des Spinnenmanns auf den Grund gehen. Und deshalb blieb uns auch nichts anderes übrig, als sein gruseliges Versteck zu untersuchen. Ich sah keine andere Möglichkeit.
Vor der schweren Stahltür blieben wir stehen. Die Türklinke sah aus, als wäre sie für einen Riesen gemacht. Ich legte meine Hände um den Griff, drückte ihn nach unten und zog wie blöde an der Tür, ohne dass die sich auch nur einen Spaltbreit öffnete. Eines war klar: Der Spinnenmann musste übermenschliche Kräfte besitzen.
„Hilf mir mal!“, keuchte ich, und auch Barbara packte den Griff mit beiden Händen. Zu zweit rissen wir an der Tür, bis sie endlich quietschend nachgab und sich öffnete. Ich wagte als Erster einen Blick ins Innere der Superschurken-Behausung.
Direkt neben dem Eingang stand eine große Metallkiste. Netze lagen darin, und zwar genau solche, wie wir sie schon im Wald gesehen hatten. Und unter den Netzen lagen zwei Ferngläser, eine Videokamera und ein paar Stative.
Nachdem Barbara die Tür hinter uns zugezogen hatte, war es mit einem Schlag totenstill. Die Geräusche des Waldes waren verstummt. Wasser tropfte von der Decke und fiel platschend auf den Betonboden. Ich konnte mein Herz pochen hören. Es war feucht und kalt hier drin und so finster wie in einem Grab. Nur eine kleine Kerze, die neben einem provisorischen Bett auf
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