Schurken machen Krawall
einer umgedrehten Kiste stand, tauchte den Raum in ein schummriges Licht. Kein Fenster weit und breit. Vor dem Bett erkannte ich auch zwei Käfige, so groß, dass man darin spielend Kinder einsperren konnte. Mir lief es eiskalt den Rücken runter.
„Mann, ist das unheimlich“, flüsterte Barbara neben mir.
Ich nickte nur und wagte mich ein Stück weiter rein. Meine Schritte hallten durch den Raum.
Es roch modrig. In etwa so, wie es in Omas Kleiderschrank riecht oder Zombies riechen. Eines stand jedenfalls fest: So etwas Gruseliges hatte ich noch nie gesehen, dabei habe ich mal meine Tante Hella bei der Fußpflege überrascht! Mit ihrem dicken Huf auf dem Couchtisch!
Am hinteren Ende des Bunkers stand ein Schreibtisch. Und auf dem lagen sorgfältig gestapelt Dutzende von Büchern und Schreibheften. Machte der Spinnenmann im Bunker Hausaufgaben? Oder plante er die Weltherrschaft? Ich nahm mir sofort eines der Hefte vor und blätterte darin herum. Jede Menge Zahlen standen darin. Teilweise in Tabellen, teilweise hatte er sie einfach nur wild durcheinander aufgeschrieben. Wahllos auf der Seite verteilt, wie eilige Notizen. Hier und da hatte der Spinnenmann aber auch Tiere gezeichnet. Insekten und vor allem Vögel. Die Zeichnungen waren nicht schlecht.
Barbara durchstöberte ein Regal, das neben dem Schreibtisch stand. Der irre Superschurke lagerte darin etliche total verstaubte Einmachgläser. Barbara nahm eines davon heraus und pustete die Staubschicht weg. Dann schrie sie entsetzt auf. Ich fuhr herum. Klirrend zerschellte das Glas auf dem Boden.
„Was ist? Was ist?“, kreischte ich.
„Spinne“, krächzte Barbara und zeigte auf den Boden. Ihr Blick blieb stur auf die Scherben gerichtet.
Tatsächlich. Da lag eine Spinne. Groß wie meine Hand. Ihre acht haarigen Beine vor dem Bauch gefaltet. Sie rührte sich nicht. Sie war tot.
„Ich hasse Spinnen“, ächzte Barbara und wich immer weiter zurück, bis sie mit dem Rücken ans Regal stieß. Das begann sofort zu wackeln. Die Gläser klirrten, fingen an zu zittern und zu rutschen. Barbara stand immer noch da wie angewurzelt. Ich rannte an ihr vorbei und warf mich vor das Regal, um es abzustützen. Doch es war zu spät. Zumindest für einige Gläser. Die rutschten an meinen ausgebreiteten Armen vorbei und zersprangen auf dem Boden. Ich stemmte mich mit meinem ganzen Gewicht gegen das Regal, bis es endlich aufhörte zu wackeln.
„Oh Mann! Bei Spinnen dreh ich durch. Entschuldigung“, sagte Barbara und schüttelte sich angewidert.
„Wenn die sich die Beine rasieren würden, wären sie nur halb so schrecklich“, sagte ich.
Ich konnte Spinnen auch nicht sonderlich gut leiden, aber ekelte mich nicht vor ihnen. Sind ja schon sehr nützliche Tiere, die Spinnen. Siehe Spiderman. Wenn der nicht von einer Spinne gebissen worden wäre, wäre die Welt schon ein paarmal untergegangen.
Aber warum der Spinnenmann tote Spinnen in Einmachgläsern aufbewahrte, leuchtete mir auch nicht ein. Wollte er gefährliche Monsterspinnen züchten, die so groß waren wie der Eiffelturm, ein Wolkenkratzer oder meine Tante Hella? Um die Weltherrschaft zu erlangen? Oder wollte er sich gar von einem durchgeknallten Wissenschaftler in eine Spinne verwandeln lassen? Halb Mensch, halb Spinne und riesengroß? Ich fand das sehr wahrscheinlich.
„Lass uns abhauen“, schlug ich vor. Keine Sekunde länger wollte ich in diesem Horrorkabinett verbringen. Und noch viel weniger wollte ich hier drinnen vom Spinnenmann überrascht werden. Vor allem, nachdem wir seine Einrichtung demoliert hatten.
„Moment noch“, sagte Barbara, schob vorsichtig die Glasscherben unter das Regal und schubste mit der Schuhspitze die Spinnen hinterher. Dann rannten wir, wie von der Tarantel gestochen, aus dem Bunker, kreuz und quer durch den Wald, zurück zum Baumhaus.
Ein Guter in Grün
Kurz bevor wir den Waldrand erreicht hatten, hielt mich etwas fest. Eine Hand, groß wie die von Tante Hella, hatte mich an der Schulter gepackt. Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte. Blitzschnell drehte ich mich auf den Rücken. Wie ein Käfer lag ich da und sah ein Gewehr, das einem in Grün gekleideten, kugelrunden Mann mit mächtigem Schnauzbart über der Schulter hing. Er sah ein bisschen aus wie eine grüne Weihnachtskugel mit Bart.
Ich blinzelte. Die Sonne knallte mir ins Gesicht. Der Kopf des Mannes war im Schatten.
„Was macht ihr hier?“, fragte der Mann in Grün.
„Wir … ich … spielen“, stammelte
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