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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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bemerkt, mit den Fremdwörtern?«
    Er nickte. »Ja,
sicher, ich bin nicht blöd. Zudem ist Ihr Gesicht ein offenes Buch. Es spiegelt
Ihre Emotionen sehr genau wider. Was Sie von mir halten, ist unschwer zu
sehen.«
    »Tja, ich weiß. Ich
bin leider eine verdammt schlechte Schauspielerin. Aber das Tempus«, Jo grinste
breit, »das Tempus ist das Präteritum. Es muss heißen: hielt, Herr Reiber,
hielt, vielleicht sind Sie ja gar kein so hoffnungsloser Fall für das Allgäu.«
    »Na denn – dann
finden wir ja vielleicht einen Modus vivendi, Verzeihung, eine Vorgehensweise,
die uns beiden gefällt.«
    »Eigentlich hätten
Sie jetzt konveniert gesagt!«, sagte Jo lachend.
    »Sie sehen, ich
bessere mich«, sagte er.
    Jo wurde wieder
ernst. »Ich bessere mich auch. Diese Alleingänge bringen ja nichts.«
    Als sie vor Jos Haus
hielten, stand Gerhard schon da. Die Katzen waren dabei, das Innenleben von
Gerhards Bus zu inspizieren. Moebi sprang gerade in einem bildschönen Bogen von
der Kopfstütze auf den Kühlschrank im hinteren Teil des Busses. Mümmi klemmte
irgendwie auf dem Lenkrad und ließ das Tierchen, das am Rückspiegel hing,
tanzen und hüpfen. Eine Uli-Stein-Maus!
    »Lass sie, dann sind
sie erst mal beschäftigt«, sagte Jo, und Volker Reiber schenkte ihr so einen
Blick …
    Gerhard meuterte: »Und wenn die da reinkacken!«
    »Also, ich bitte
dich! Dein Bus ist eine Müllhalde, als Katzenklo ist der meinen edlen Tieren
viel zu übelriechend.«
    Gerhard drohte ihr
mit dem Finger. Sie gingen ins Haus, Jo verriegelte die Katzenklappe. Noch so
ein Blick von Volker …
    Gerhard drückte Jo
auf die Couch. »Du legst dich hin.« Er stopfte ihr zwei Kissen unters Knie und
ging zur Kaffeemaschine.
    »Die kann ich auch
bedienen. Espresso oder Cappuccino?«, fragte er in Reibers Richtung und
ergänzte: »Ach so, halt, Sie trinken ja nur Tee.«
    »Ach, so einen
kleinen Espresso würde ich schon trinken, Herr Weinzirl, gern.«
    Gut, dass die beiden
Tiger noch mit der Neu- und Umgestaltung des Busses beschäftigt sind, dachte
Jo, denn normalerweise rochen sie Milchschaum Kilometer gegen den scharfen
Allgäuer Wind.
    Volker und Gerhard
rückten zwei durch Kratz- und Nagespuren leicht mitgenommene Rattansessel in
Knatschorange und Knallgelb neben Jos Couch. Schweigen.
    Schließlich begann
Volker Reiber zu sprechen: »Ich fange jetzt mal an, denn das, was ich weiß,
scheint ja nur ein Bruchstück der Wahrheit zu sein.«
    Er berichtete von
Marcel und davon, dass Patrizia ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie
diverse Skirennen genau am Mordtag recherchieren sollte.
    »Da fiel bei mir auf
einmal der Groschen. Dieser Moritz hatte Rümmele per Skidoo zu einem Rennen
gefahren. Und natürlich gab es einen oder mehrere Kontrahenten. Da Ihre
Abwesenheit«, er nickte Gerhard zu, »mit einer Abwesenheit von Frau
Kennerknecht zusammenfiel, nehme ich mal an, Sie haben gemeinsam recherchiert?
Waren Sie dort, wo der Rennkontrahent war? Wissen Sie, wer es ist?«
    Gerhard nickte und
begann, mit Jos Hilfe die gesamte Geschichte zu erzählen. Er straffte die
Schultern. »Ich habe vollstes Verständnis, wenn man mich suspendieren sollte.«
Er murmelte etwas von Behinderung einer polizeilichen Untersuchung,
Unterschlagung von Beweisen und seiner eindeutig unprofessionellen Einstellung.
    Reiber betrachtete
die Espressotasse. Er stellte sie schließlich auf den Boden. »Geschenkt! Wir
haben also ein schriftliches Protokoll von diesem Herrn Neuner?«
    »Ja, sogar
handschriftlich und in Gegenwart von Zeugen unterzeichnet«, gab Gerhard zurück.
    »Gut. Das heißt, wir
müssen erstens diesen Herrn sofort finden, und das dürfte so schwer nicht sein.
Zweitens würde mich interessieren, wer, warum und wann auf Frau Kennerknecht
geschossen hat.«
    Gerhard begann
erneut zu erzählen: »Nach dem momentanen Kenntnisstand kann es Marcel Maurer
nicht gewesen sein, denn der war bei Ihnen. Wenn wir mal einen Zusammenhang
zwischen den Schüssen auf Rümmele und denen auf Jo annehmen, dann hat Martl
Neuner sehr schlechte Karten.«
    »Trauen Sie ihm zu,
dass er auf Sie schießt?« Reiber sah Jo forschend an.
    Jo schluckte. »Nein,
natürlich nicht. Oder sagen wir besser: Ich möchte das nicht glauben. Ich sagen
Ihnen auch, warum: Ich hatte mal eine Affäre mit ihm, und der Gedanke, dass ein
Ex-Liebhaber auf mich schießt, ist noch etwas prekärer der als Gedanke, dass
irgendwer auf mich schießt.« So, jetzt war es raus. Jo starrte wie hypnotisiert
auf ihr

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