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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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souverän.
    »Vierter Stock, da
sitzt zumindest der Löhle.« Der Aufzug war ausgeschaltet, sie keuchten die
Treppen hinauf, Jos Knie gab permanente Meldungen ab, dass es von solch rüder
Behandlung wenig hielt. Im dritten Stock war schon Geschrei zu hören. Laute
Männerstimmen. Im vierten Stock – noch lauter. Martls Stimme, eine andere
mischte sich dazwischen.
    Sie stießen die Tür
auf. Martl hielt einen älteren Herren am Kragen gepackt, Jochen Löhle kauerte
am Boden und rieb sich verdutzt den Nacken. Gerhard riss seine Dienstpistole
raus: »Lass ihn augenblicklich los, Martl!«
    Es war, als würden
Minuten vergehen, bis Martl die Hände sinken ließ. Der ältere Herr sackte auf
einen Sessel. In dem Moment hechtete auch Volker Reiber mit zwei weiteren
Beamten ins Zimmer.
    »Was für ein
Aufmarsch«, knurrte Martl.
    Reiber ließ
Handschnellen zuschnappen und hieß Gerhard, die Pistole weg zu stecken. »Danke,
Herr Weinzirl, gute Arbeit.«
    Einer der Beamten
hielt Martl in Schach, Gerhard hatte inzwischen Jochen Löhle eine Hand gereicht
und ihn vom Boden gepflückt. Sie alle standen nun da wie auf einer langweiligen
Stehparty, bei der kein rechtes Gespräch in Gang kommt.
    »Was war hier los?«
Volker Reibers Stimme durchschnitt die Stille.
    Der Ältere, der sich
als Dr. Homanner, Prokurist von SAF ,
zu erkennen gab – aha, das war der Tiramisu-Chef – erhob sich.
    Er sagte mit einer
echten Macherstimme: »Herr Löhle und ich hatten uns gerade einige Blaupausen
für eine neue Imagebroschüre angesehen, als Martin Neuner hier hereinstürmte,
Herrn Löhle am Kragen packte und vom Stuhl riss. Er schrie: ›Ihr habt Hans
Joachim Rümmele umgebracht! Habt ihr mir so wenig vertraut, dass ich den
Vertrag unterzeichne? Natürlich hätte ich unterzeichnet!‹ Er wiederholte das
mehrmals, immer lauter. Er tobte, raste, dass wir uns nicht mit einem Mord
hätten einmischen sollen. Er hätte das schon auf seine Art geregelt.«
    Löhle nickte. »Ich
habe versucht, ihn zu beruhigen, sagte immer wieder, dass wir doch niemanden
ermorden würden. Aber er war wie ein rasendes Tier in einem zu engen Käfig. Er
brüllte, uns ginge es doch auch bloß ums Geld, er sei doch wieder nur eine
Ware. Und dann hat er mich zu Boden geschleudert und Herrn Homanner gepackt.«
    Volker Reiber sah
vom einen zum anderen und machte sein bedeutungsschweres »Ts«. Er bat die
Herren – und explizit die Dame –, ihm aufs Polizeirevier zu folgen. Die beiden
Beamten zerrten Martl weg. Jo sah kurz in seine Augen. Sie standen weit offen,
es lag nichts darin als Angst.

23.
    In drei
Vernehmungszimmern nahmen Beamte Protokolle auf.
    Volker Reiber saß
mit Jo in der Cafeteria. »Wie war Ihr Eindruck von Herrn Löhle, als Sie an
jenem denkwürdigen Tag bei ihm ins Büro hereinpl … äh, vorsprachen?«
    Jo kräuselte die
Stirn. »Er sah wirklich so aus, als hätte er von dem Rennen keine Ahnung
gehabt. Er schien echt überrascht zu sein. Aber wenn ich mir das heute so
überlege, könnte er ein sehr guter Lügner sein, und Gerhard hat er auch nur
angerufen, um von sich selbst abzulenken.« Jo war schon wieder Feuer und Flamme
für ihre Theorie.
    Und Wunder über
Wunder, Reiber lächelte schon wieder. »Sie können es nicht lassen, das
Detektivspielen?«
    Er bat sie, noch zu
warten, stellte ihr eigenhändig einen Kaffee hin, keinen Mate-Tee, und weg war
er.
    Volker trat ins
Vernehmungszimmer, in dem Jochen Löhle saß. Insgeheim teilte er Jos Ansicht,
dass der smarte Löhle Dreck am Stecken hatte. Vor allem war er der Einzige gewesen,
der außer dem wunderheilenden Bauer Karl von Jos Erkenntnissen gewusst hatte.
Er ließ sich detailliert Löhles Sonntag schildern, den Tag des Mordes. Löhle
war zu der Mordzeit angeblich in Ulm in einem Jazz-Keller gewesen. Er hatte
noch eine Tankquittung von der Autobahnraststätte »Allgäuer Tor«, aber die
konnte ihm auch jemand besorgt haben. Von Gunzesried wäre er in fünfundzwanzig
Minuten an der Tankstelle gewesen, die alibigünstig auf dem Weg nach Ulm lag.
    »Wie heißt der Laden
in Ulm?« Volker hatte eine angewiderte Stimme eingeschaltet.
    »Er hat keinen
Namen, Insider nennen ihn deshalb auch ›Namenlos‹. Das ist Teil des Kults, den
mein Freund um den Laden aufgebaut hat. Die Leute mögen so was. Vorher waren
wir beim Essen, irgendein Italiener in der Nähe des Münsterplatzes.« Jochen
Löhle sprach zögerlich.
    Volker schnalzte: »Sie sehen aber schon ein, dass das alles etwas dubios daherkommt, oder?

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