Schussfahrt
Hat
Ihr Freund denn wenigstens einen Namen?«
»Ja, Blickle,
Gunther, ich gebe Ihnen auch gern die Handynummer.« Löhle diktierte.
Volker tippte. Er
lauschte. »Tja, ›the person …‹ und so weiter. Sie kennen das!«
Jochen Löhle sprang
auf. »Ich will einen Anwalt. Das ist doch eine Sauerei hier.«
Volker schob ihm
lächelnd den Apparat hinüber. Minuten vergingen. Die Kanzlei war nach
Feierabend eben auch geschlossen. Jochen Löhle sank gottergeben wieder auf den
brettharten Stuhl.
Volker beugte sich
über ihn. »Also, lieber Herr Löhle, noch mal von vorn. Sie wussten von dem
Vertrag, Sie wussten, dass Herr Neuner noch eine Vertragsbindung hatte. Sie
wussten aber nicht, dass er auf eine sehr eigentümliche Weise diese Bindung
loswerden wollte? Stimmt das so?«
»Ja, zum Teufel. Die
Vertragsverhandlungen gingen nie über meinen Tisch, sondern direkt über den der
Direktion. Ich wurde immer nur dazugebeten, um theoretisch schon mal über
begleitende Marketingmaßnahmen nachzudenken. Da müssen Sie schon Herrn Doktor
Homanner fragen, der war doch so intim mit dem Neuner – und den Rümmele hat er
auch gekannt. Lion’s Club, Rotary – oder so was!« Löhle stieß das fast trotzig
aus. Inzwischen war es ihm offenbar egal, den Chef anzuschwärzen.
Volker sah ihn
prüfend an, winkte einem Beamten und ging schnurstracks in das benachbarte Büro
zu Dr. Homanner, der lamentierte: »Ich fasse das alles nicht, der gute Martin,
er war mir doch fast wie ein Sohn, und dann so etwas!«
Dr. Homanner rang
die Hände. Volker kam das alles etwas zu theatralisch vor.
Er zog einen Stuhl
heran. »Ihnen war Martin Neuner also gut bekannt?«
»Aber sicher, ich
kenn doch noch seinen Vater – Gott hab ihn selig. Ich habe ja immer beobachtet,
was der Bub so macht.«
»Bub« erschien
Volker nun angesichts Martls Statur etwas sehr niedlich, der ganze Herr Dr.
Homanner gab sich verzweifelt so einen Opa-hat-Verständnis-Touch.
»Herr Doktor
Homanner! Wenn Sie sich so gut kannten, dann wird Ihnen Martin Neuner doch wohl
auch reinen Wein eingeschenkt haben bezüglich des Vertrags mit Herrn Rümmele.
Wussten Sie, welchen Inhalt der Vertrag hatte? Und wussten Sie, wie Martin
Neuner da ausscheiden wollte?«
»Ach, der gute Bub.
Der ist da in was reingeschlittert.« Dr. Homanner mimte immer noch den guten
und besorgten Schoko-Opa.
»Also wussten Sie
es?« Volker wurde immer eisiger.
»Ja, nun, ich war
auch einmal bei Herrn Rümmeles zwanglosen kleinen Soireen eingeladen, und da
wurde mir klar, welche Rolle der gute …«
Bevor er noch mal
»Bub« sagen konnte, unterbrach Volker ihn rüde: »Soireen! Das ist ja eine
interessante Wortwahl!«
»Dem Bub war es
besonders unangenehm, mich da zu treffen« – und dir wohl auch, dachte Volker
grimmig –, »und da habe ich ihn am nächsten Tag ins Büro gebeten. Ihm
vorgeschlagen, für uns zu arbeiten. Das war ich dem Bub doch schuldig, ihn da
rauszuholen. Das war aber auch schon alles!«, jammerte Dr. Homanner.
Martin Neuner saß in
der Zeit mit Gerhard in dessen Büro. Gerhard knautschte die Uli-Stein-Maus,
atmete tief und schwer aus: »Zuerst einmal: Wo warst du denn die ganze Zeit?«
Martl seufzte: »Ich
wollte wirklich zurückkommen, aber je länger ich im Auto saß und nachdachte,
desto mehr wurde mir klar, dass ihr mir meine Geschichte nie glauben würdet.
Ich bin nach Balderschwang, wir haben da eine uralte Jagdhütte, und da hab ich
nachgedacht. Ich war so verzweifelt! Ich hab schließlich den Bauern Karl angerufen,
der mir erzählt hat, dass Jo da gewesen ist. Katja hat mir zigmal auf die
Mailbox gesprochen – ich hatte mehr und mehr das Gefühl, dass mich mein Leben
erdrückt und einschnürt. Ich war wie gelähmt.«
»Und dann?
Irgendwann hast du ja wohl angenommen, einer von der SAF habe Rümmele getötet. Wieso warst du so sicher?«
»Ich wusste von
Homanner, dass die schon einen Batzen Geld investiert hatten. Homanner tat
immer so, als wollte er mich retten. Aber mir war klar, dass er weniger um mein
Seelenleben besorgt war. Seine Sorge galt der SAF -Kohle!
Und allmählich wurde mir auch klar, dass nur die SAF -Leute Rümmele getötet haben konnten. Denn siehst du, ich
hatte die Idee zu einer Wette doch auch von Homanner! Und ich wusste, dass ich
es nicht war. Aber das glaubst du mir ja eh nicht!« Über Martls Augen lag noch
immer Panik.
»Was? Wie bitte? Du
hattest die Idee von Homanner?« Gerhard fuhr hoch.
»Ja, Homanner hat
mir den Tipp gegeben,
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