Schutzkleidung is nich!: Unter Bauarbeitern (German Edition)
mich zu ihm rüber.
«Du ju spiek Inglisch?», lacht er mir entgegen.
«Was ist los?»
«Die Morgans wollen, dass du dazukommst. Du könntest bei der Verständigung helfen, weil du Englisch sprichst, ne!»
Herr Loos ist unterdessen auch eingetroffen. Offensichtlich wollen die Morgans die Türen und Fenster ihrer neuen Wohnung begutachten – und stehen nun vor einem verschlossenen Eingang ohne Türgriff. Als ich dazukomme, herrscht Ratlosigkeit.
«Ah, very nice, Mister …?»
«Grünke.»
«Mr. Grünke, maybe you could help us with this conversation.»
«Wat sacht der?», fragt mich Loos.
«Ich soll bei diesem Gespräch helfen.»
«Pass auf. Es wurden Fenstertüren bestellt. Die sind auch auf den Bauplänen des Architekten eingezeichnet. Und die haben meine Jungs auch eingebaut.»
«Ja? Und was ist jetzt das Problem?»
«Es gibt Türen und Fenstertüren. Fenstertüren kann man nur von innen öffnen. Mir war nich klar, dass dat hier ’ne Eingangstür werden soll. Tja, und jetzt ham wa den Salat! Von außen kommt man nich in die Wohnung.»
Ich muss mir das Lachen verkneifen und übersetze. Als ich fertig bin, guckt Mr. Morgan ziemlich grimmig zu Loos rüber. «Whatever. This is ridiculous. And not my problem!»
«Er sagt, das ist lächerlich und ist nicht sein Problem.»
Die Stimmung ist aufgeladen. Mrs. Morgan läuft zornig im Hintergrund auf und ab, während ihr Mann jetzt Peter ins Visier nimmt. Wie ich erst später erfahre, ist dies nicht der erste Fehler seitens der Bauleitung, der den gesamten Zeitplan verzögert. Die Morgans und andere Mieter wollen bald mit dem Innenausbau beginnen – was natürlich erst geht, wenn Fenster und Türen eingebaut sind und man die Apartments abschließen kann. Logisch.
Moritz ist inzwischen durch die Fensteröffnung gestiegen und hat die Tür von innen geöffnet. So müssen die Fensterbauer wohl auch aus der Wohnung rausgekommen sein, nachdem sie die falsche Tür installiert hatten.
«You better solve it as soon as possible. I won’t tolerate any further delay. From now on you will be dealing with my lawyer. It was nice meeting you, Mr. Grünke. Good bye.»
Ohne sich von den anderen zu verabschieden, drehen die Morgans sich um und gehen zügig zu ihrem Auto.
Ich wende mich zu Peter und sage etwas leiser, so dass Loos und seine Leute nicht alles mitbekommen: «Er will, dass das Problem so schnell wie möglich gelöst wird. Er toleriert keine weitere Verzögerung mehr, und ab jetzt kümmert sich sein Anwalt um die Sache.»
«Scheiße», brummt Peter vor sich hin. Und dann, als wir zusammen die Treppen hochgehen: «Du sprichst aber wirklich gut Englisch, wo hastn dat gelernt?»
«Ich habe in London gelebt, hab ich dir doch erzählt.»
«Ja? Kann sein. Ich hab noch weitere Käufer aus dem Ausland, mit denen dat ’n bisschen schwierig ist mit Verständigung und so. Vielleicht kannste mir da helfen. Auch so mit E-Mail?»
«Klar, gerne.»
Und so wurde ich an diesem Tag der inoffizielle Dolmetscher von Bauleiter Peter Zwifka.
Kapitel 6 Peters rechte Hand
Scheinwerfer an!
Das denke ich jedes Mal, wenn ich Jimmy vor der Bäckerei erblicke. Seine grau melierten Haare sind fein säuberlich nach hinten gekämmt, seine Kleidung ist makellos. Die Sonnenbrille steckt oben im Hemd. Die schneeweißen Lederschuhe haben niemals auch nur einen Fleck. Er zieht kräftig an seiner Zigarette, überblickt von seiner dreistufigen Empore aus gebieterisch den Vorplatz und schnipst die Kippe dann lässig weg. All das lässt ihn wie einen Schauspieler wirken, der gerade seine Szene spielt.
Scheinwerfer aus!
Jimmy ist der Vorarbeiter der Tiefbau-Truppe. Er steht meist eine halbe Stunde vor allen anderen in beschriebener Manier vor der Baustelle und zelebriert sich selbst. Bevor er pünktlich um sieben beginnt, seine Leute herumzukommandieren, muss er natürlich erst sein Hollywood-Outfit gegen Arbeitskleidung tauschen. Dafür nutzt er «seinen» Bauwagen, den er im Winter auf gefühlte 35 Grad hochheizt. Auch jetzt im Frühling läuft die Elektroheizung noch.
Peter wirkt heute Morgen gestresst.
«Ich muss jetzt ma wech. Geh du zu Beton-Jimmy und den Arabern und pass auf, dat die keine Scheiße machen. Jimmy weiß Bescheid. Bin vor Mittach wieder da. Gummistiefel stehen neben der Hütte.»
«Okay. Und was mach ich da?»
«Aufpassen, dat die die Wände nich vollsauen mit Beton. Die Fassade muss sauber bleiben, dat is wichtig. Wenn wat schiefläuft, rufst du mich
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