Schutzlos: Thriller (German Edition)
blickte ich zum Haus, wo der Vater und die Stiefmutter des Mädchens warteten. Ich blickte auf die Wiesen rund um das Haus, die heller und dunkler wurden, je nachdem, ob Wolken das Mondlicht gerade verdeckten. Ich überlegte. Waren die drei Männer in dem SUV die Auftraggeber? Oder waren es ebenfalls nur gedungene Helfer? Oder weitere Partner von Loving?
Ich fragte mich erneut, welche Informationen ein Auftraggeber wohl aus einem sechzehnjährigen Mädchen holen wollte.
Ich sah Pogue an, dann kauerte ich vor McCall nieder.
Ruhig, Corte. Was immer passiert, du musst ruhig bleiben. Wenn du deinem Gegner ins Gesicht schaust, wenn du mit ihm sprichst, muss es sein, als würdet ihr euch über Cornflakes unterhalten. Es darf nie emotionaler werden … Emotion ist tödlich.
Was ist das Ziel?, fragte ich mich.
Wie erreicht man es am effizientesten?
Ich kannte diese Fragen. Ich hatte sie verinnerlicht. Doch aus irgendeinem Grund packte ich McCall jetzt am Kragen, bis er zu würgen begann, und schrie ihn an: »Wohin haben sie das Mädchen gebracht?«
Er schüttelte den Kopf so gut er konnte.
»Was ist die Einrichtung, und wo ist sie?« Ich drehte fester. Ich fühlte Ahmads Augen auf mir. Er hatte mich noch nie so erlebt.
Speichel trat in McCalls Mundwinkel.
»Wo?«, tobte ich.
Seine Augen sahen mich voller Angst an. Doch er schwieg weiter.
Ich ließ ihn los und stand auf. Ich wollte ihn nicht ins Haus zu meinen Mandanten mitnehmen. Ich warf einen Blick in Richtung Panikhaus, einem kleinen Außengebäude, etwa von der Größe einer freistehenden Dreifachgarage. Es sah nicht sehr massiv aus, aber es war massiv. Man konnte sich hineinflüchten und die Tür schließen, und man war bis zur Durchschlagskraft einer raketengetriebenen Granate vor jeder Art Waffe sicher.
»Schafft ihn hinein.«
Ahmad und Pogue zerrten McCall unsanft in das Gebäude.
Ich blieb im taunassen Gras sitzen und blickte in Richtung des Panikbaus. Die schwere Stahltür war offen, und drinnen brannte Licht. Ich sah McCall an einen Küchenstuhl gefesselt sitzen. Sein Gesicht drückte nicht Trotz aus, sondern Angst.
Der Bau war innen hell ausgeleuchtet und in angenehmen Farben gehalten – gelb und pastellblau; der Gedanke dahinter war, dass die Insassen bei einer längeren Belagerung vielleicht weniger zur Aufgabe neigten, wenn das Ambiente fröhlich war. Kleine Dinge, die den Unterschied ausmachen können.
Ich wandte mich ab, ging zum Haupthaus und tippte den Code ein. Ich freute mich nicht darauf, die Nachricht zu überbringen.
Alle meine Mandanten standen um ein Fenster gedrängt und starrten nach draußen. Ich hatte ihnen nichts von meinem Verdacht gegen den Mann gesagt, der sich als Barr ausgab. Aber jetzt erzählte ich ihnen, wie er sich eingeschlichen hatte und dass Zagaew eine Finte gewesen war.
»Großer Gott«, sagte Maree. »Er hätte uns töten können. Er hätte uns im Schlaf die Kehle durchschneiden können.«
»Wer ist der andere, der hochgewachsene Typ?«, fragte Ryan.
Es war Joanne, die ihm antwortete. »Er heißt Jon Pogue. Er
arbeitet für meine Organisation.« Dann sah sie mich an. »Doch wozu war die ganze Finte gut, Corte? Einen Maulwurf hier einzuschleusen hätte doch genügen sollen. Was ist da sonst noch, Corte?«
Ich holte ein wenig tiefer Luft als sonst. »Es ist Amanda, hinter der sie her waren. Und sie haben sie.«
Joanne biss die Zähne zusammen, und Ryan knurrte: »Wo, wo ist sie?«
»Das wissen wir nicht. Aber es besteht kein Zweifel, dass Amanda die Kessler war, auf die sie es abgesehen hatten.«
»Nein, nein«, flüsterte Maree.
»Warum?«, fragte Joanne mit einer Stimme, die so ruhig war wie meine. »Was weiß sie?«
Ich schüttelte den Kopf.
Ryans Gesicht war rot. »Diese Arschlöcher! Mein kleines Mädchen … was …« Dann schien es, als sei er überfordert damit, Worte zu formen.
»Und Bill?«, fragte Joanne.
»Leichtere Verletzungen. Er wird wieder. Sie haben den Gefängniswärter getötet, der sie begleitet hat. Wir glauben, dass sie Amanda an einen Treffpunkt nicht weit entfernt gebracht haben. Loving ist auf dem Weg dorthin. Aber wir wissen nicht, wo. Wir haben versucht, es McCall zu entlocken, aber er hat es gemerkt und sagt nichts mehr.«
»Himmel, was sollen wir jetzt denn tun?«, murmelte Ryan.
»Ich könnte Hilfe gebrauchen«, sagte ich und hielt den Blick auf Joanne gerichtet.
Sie zog eine Augenbraue in die Höhe.
»Ein Teil von McCall will kooperieren«, sagte ich. »Ich
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