Schutzlos: Thriller (German Edition)
übel riechenden Kanal dahinter gesäumt wurde, und links von Gras und Haufen von Maschinen. Am Ende, unter dem Schutz des traurigen Blätterdachs, baute ich ein »Big Ear« auf – eine Parabolschüssel von dreißig Zentimetern Durchmesser, die ein extrem empfindliches Mikrofon war, und setzte ein Headset auf. Ich richtete das Mikrofon in Richtung Lagerhaus aus, auf einen Bereich unterhalb des Fensters, das absichtlich offen gelassen wurde.
Ich konzentrierte mich auf den Bereich hinter dem Lagerhaus und bemerkte in der Mitte unseres Grundstücks zwei aufgebockte zivile Fahrzeuge, einen Chevy und einen Dodge, rostig und voller Graffiti, von denen ich einige selbst vor Jahren mit aufgesprüht hatte.
Allein arbeitend, fühlte ich mich jetzt sehr allein und blickte mich erneut um, während es mir vor Aufregung und gespannter Erwartung die Haare im Nacken aufstellte.
Angst hatte ich natürlich auch.
Wie Abe Fallow mir gesagt hatte, und wie ich es meinen Zöglingen sage, muss man in diesem Geschäft Angst haben. Wenn man sich nicht fürchtet, taugt man nicht dafür.
Zehn Minuten vergingen, sehr lange zehn Minuten.
»Team eins an Kommandoposten«, knatterte es durch unsere Ohrstöpsel. »Sehe Bewegung im Norden.«
»Kommandoposten an eins. Weiter.«
»Unbekannte Person, die sich langsam bewegt. Dunkle Kleidung,
wahrscheinlich männlich. Jetzt außer Sicht. Er ist in Quadrant achtzehn.«
»Bewaffnet?«
»Nicht erkennbar.«
Ich beugte mich vor, um in die Richtung zu spähen, wo das Subjekt gesehen worden war – es war, von mir betrachtet, die gegenüberliegende Seite des Grundstücks. Nachdem ich eine Weile auf hellgelbes und grünes Unkraut gestarrt hatte, nahm ich ebenfalls eine Bewegung wahr. Das Subjekt schlich von einer Sackgasse zum Lagerhaus.
»Ich habe ihn«, sagte die weibliche Agentin. »Keine Waffe. Scheint sich nicht um Loving zu handeln.«
»Wahrscheinlich der Partner«, gab ich durch, »aber er ist nicht allein. Loving wird ebenfalls hier sein.«
Die anderen meldeten sich und berichteten, was sie aus ihrer jeweiligen Position sahen – oder größtenteils nicht sahen. Die Gestalt, die sich zögernd dem Lagerhaus näherte, war stehen geblieben.
Dann ein Flüstern. »Team zwei. Er hat den Dodge bemerkt. Er interessiert sich für ihn.«
Ich hielt mich still. Ich würde die Einzelheiten bekommen, sobald sie bestätigt waren. Es war ineffizient, seine Zeit damit zu verschwenden, dass man Profis nach weiteren Informationen fragte. Es war, als würde man zu ihnen sagen: »Aber seid vorsichtig, wenn es zum Zugriff kommt.« Ich wischte mir die Hände an der Hose ab.
»Hier ist Team eins. Er bewegt sich wieder. Langsam.«
»Team zwei, verstanden. Er interessiert sich wirklich sehr für den Dodge.« Einer der Agenten fragte: »Ist da Ausrüstung von uns drin?«
»Nein«, sagte Freddy. »Er ist sauber. Lasst ihn ruhig herumstöbern. Team vier, sehen Sie sonst noch etwas? Irgendeine Spur von Loving?«
»Negativ.«
»Drei?«
»Negativ.«
Dann: »Hier ist Team zwei. Der Partner kommt näher … die Hände in der Tasche … sieht sich um … hat etwas in der Hand. Ein Handy.«
Ich zog mein Fernglas heraus und überflog das Gebiet, konnte ihn aber nicht entdecken.
Ich versuchte, meinen Atem zu beruhigen, der schnell und flach ging, indem ich an eines meiner Mantras dachte. Schere, Stein, Papier. Schere, Stein, Papier.
Und genau in diesem Moment hörte ich es knacken.
Direkt hinter mir.
Ich erstarrte und wandte langsam den Kopf.
Seine schallgedämpfte Pistole ruhig auf mich gerichtet, warf Henry Loving einen kurzen Blick zu Boden und kräuselte in milder Enttäuschung den Mund, weil er den Zweig übersehen hatte, auf den er soeben getreten war.
12
Loving bemerkte ein Stück von der Körperpanzerung, die unter meiner Jacke hervorlugte. Er richtete seine Waffe höher und zielte auf meinen freiliegenden Hals.
Dann bewegte sich seine blasse linke Hand langsam, um mir Anweisungen zu geben.
Ich stand auf. Ich musste den Ohrstöpsel für das Funkgerät aus dem einen Ohr nehmen und den für das Lauschgerät aus dem anderen. Und meine Waffe mit Daumen und Zeigefinger aus dem Holster ziehen.
Ich folgte allen seinen Aufforderungen und musterte ihn gleichzeitig ruhig.
Es war jetzt klar, wie dieses Spiel lief. Loving hatte erraten, dass es sich um eine Falle handelte, und beschlossen, mich persönlich anzugreifen. Eine rationale Entscheidung. Die erklärte, warum er dem Partner befohlen hatte, sich
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