Schutzlos: Thriller (German Edition)
umzubringen, waren christlicher oder jüdischer Abstammung oder Atheisten gewesen.
»Die Mandanten?«
»Denen geht es gut«, versicherte er, mit einem gewissen Unterton, der wohl bedeutete, dass sie ungeduldig, gelangweilt und nervös waren, was er aber nicht sagen wollte, da sie drei, vier Meter von ihm entfernt waren. Ich hörte, dass ein Baseballspiel im Hintergrund lief, und Joanne sagte gerade zu ihrer Schwester: »Ja, sicher. Ich dachte nur … Aber wenn du meinst, so ist es am besten …«
Meine Mutter hatte sich oft so angehört.
»Ich bin in etwa einer Dreiviertelstunde zurück, dann ziehen wir in das sichere Haus um.«
»Okay.«
Nachdem wir aufgelegt hatten, aß ich noch zwei große Bissen von dem Sandwich und dachte an das Päckchen, das ich erhalten
hatte, das Spiel, auf das ich mich so gefreut hatte und das ich mir in der Mittagspause hatte ansehen wollen. Ob es wohl in gutem Zustand war und alle Teile und Karten enthielt, wie es der Verkäufer versprochen hatte? Ich warf einen Blick auf den Safe hinter dem Schreibtisch, ließ es aber, wo es war.
Ich hatte es nicht weggesperrt, weil ich glaubte, es könnte gestohlen werden. Nein, es war schlicht so, dass ich niemanden hier an meinem Privatleben teilnehmen ließ, nicht einmal Leute, mit denen ich eng zusammenarbeitete. Natürlich gab es auch Sicherheitsgründe dafür; in Wahrheit war mir aber einfach wohler, wenn ich für mich blieb. Ich hätte allerdings nicht sagen können, warum.
Ich streckte die Hand nach dem Telefon aus, um DuBois anzurufen und mir erzählen zu lassen, was sie bis jetzt über Ryans Fälle herausgefunden hatte, aber es läutete vorher. Die Nummer meines Chefs.
»Corte.«
»Hier ist Aaron. Könnten Sie einen Moment zu mir kommen?«
Der Tonfall sagt oft mehr als der Inhalt, und ich bemerkte das Unbehagen in Ellis’ ansonsten harmloser Aufforderung. Ich erwartete, Westerfield in seinem Büro vorzufinden, aber als ich eintraf, war es ganz jemand anderes. Ein schlanker Mann mit schütterem Haar, in Anzug und dezent blauem Hemd, keine Krawatte. Er sah mich mit Augen an, die mich nicht ansahen. Als würde er nur sehen, wofür ich stand, und nicht, wer ich tatsächlich war.
Wir gaben uns die Hand. Er stellte sich als Sandy Alberts vor.
Ellis schien ihn bereits zu kennen, andererseits kannte mein Boss so gut wie jeden in Washington D. C. »Sandy ist der Stabschef von Senator Lionel Stevenson«, sagte er zu mir.
Ein gemäßigter Republikaner aus Ohio. Ich glaubte mich zu erinnern, dass er vor Kurzem auf der Titelseite von Newsweek oder so gewesen war.
»Ich bin in Wirklichkeit nicht hier«, sagte Alberts scherzhaft und bezog sich auf die geheime Natur unserer Organisation. Wir hörten das häufig. »Sie haben sicher viel zu tun. Ich sage Ihnen gleich, worum es geht, Sir.«
»Corte.«
»Officer Corte, dann. Der Senator gehört dem Geheimdienstausschuss an.«
Was erklärte, wieso der Mann überhaupt zu uns vorgelassen wurde. Ich hatte mich schon gewundert.
»Der Ausschuss wird nächsten Monat Anhörungen über Probleme der Inlandsüberwachung abhalten, Patriot Act, Genehmigungen nach dem FISA. Er untersucht mögliche Verletzungen der Privatsphäre, und ich recherchiere ein wenig für den Senator.« Er streckte die Hände jovial in die Höhe. »Wir unterstellen nicht, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Wir unterhalten uns nur mit möglichst vielen Leuten im Gesetzesvollzug auf Bundesebene. Sammeln Informationen. Sie sind der oberste Personenschützer in Ihrer Organisation, und wir würden Sie gern befragen, um zu sehen, ob Sie von Beispielen wissen, wo es, sagen wir, zu Nachlässigkeiten bei der Beantragung von richterlichen Genehmigungen für Telefonabhöraktionen oder E-Mail-Durchsuchungen in Behörden gekommen ist, mit denen Sie zu tun hatten: FBI, CIA, DEA, NSA, NRO, örtliche Polizeidienststellen.«
»Ich würde ja gern helfen, aber … na ja, ich bin gerade mitten in einem Job.«
Alberts nickte. »Wir wissen, was Sie hier tun. Der Senator ist ein Freund von Aaron.« Ein Blick in Richtung meines Bosses. »Wir wollen nichts von Ihrer großartigen Arbeit gefährden. Es ist nur so, dass wir ein bisschen unter Zeitdruck stehen.«
»Wieso das?«, fragte Ellis.
»Weil jedes Mal, wenn ein Ausschuss etwas untersucht, die Presse unweigerlich Wind davon bekommt, und wenn sie uns zuvorkommen, verlieren alle.«
Dem konnte ich nicht widersprechen. »Hier gibt es jede Menge anderer Leute, mit denen Sie sprechen könnten«,
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