Schutzlos: Thriller (German Edition)
so eine gehabt hatte.
Ich erklärte ihnen, was sie über Essen, Getränke und Fernseher wissen mussten. Wie ein Hotelpage. Ich brachte die Kesslers zu ihrem Zimmer auf der Rückseite dieses Stockwerks und Maree zu ihrem daneben. Die junge Frau schien beeindruckt zu sein. »Sie machen sich, Mr. Tour Guide«, sagte sie und bot mir einen Dollar Trinkgeld an; ein Witz wohl. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, deshalb ignorierte ich die sonderbare Geste. Sie schmollte einmal mehr. Sie war gut im Schmollen.
Ahmad, Garcia und ich würden in Schichten schlafen, sodass zwei von uns immer wach und im Dienst waren. Das Schlafzimmer der Schäfer war ein kleiner Raum im Erdgeschoss, zwischen der Eingangstür und den Schlafzimmern der Mandanten.
Ich war mit dem Gelände und dem Grundriss des Hauses vollkommen vertraut, und Ahmad, der noch nie hier gewesen war, hatte die Pläne studiert. Ich hatte ihn mehrmals getestet – zuletzt vor einem Monat – und wusste, dass er sich zurechtfinden würde. Ich ließ ihn Garcia informieren und erklärte dem FBI-Agenten das Kommunikationssystem und den Waffenschrank. Ich teilte ihm die Kombination für das Schloss mit. Der Schrank enthielt nicht viel: ein paar Heckler-&-Koch-Gewehre, M4 Bushmaster, auf Vollautomatik geschaltet, Seitenwaffen und Blendgranaten, wie wir sie bei der Fliegenfalle gegen Loving eingesetzt hatten.
Da meine Mandanten nun sicher in ihrer Festung verstaut waren, ging ich in das Arbeitszimmer, setzte mich an den antiken
Eichenschreibtisch und fuhr meinen Laptop hoch. Ich schloss ihn und mein Handy an die Steckdose an. Im Personenschutzgeschäft gab es viele wichtige Regeln, pflegte Abe zu sagen, und weit oben auf der Liste stand: »Verpassen Sie nie eine Gelegenheit, Akkus aufzuladen und aufs Klo zu gehen.«
Ersteres hatte ich getan, zu Letzterem ging ich nun in das vordere Schlafzimmer. Ich wusch mir die Hände so heiß, wie ich es gerade noch aushielt, und sah mir die Kratzer und blauen Flecken von der Verfolgung Lovings bei der Fliegenfalle an. Nichts Ernsthaftes, nur mein Rücken tat höllisch weh von der wilden Flucht im Yukon beim Hillside Inn.
Ich ging durch das Haus, überprüfte die Sensoren und vergewisserte mich, dass alle Software und die Kommunikationssysteme funktionierten. Ich kam mir vor wie ein Ingenieur.
Personenschutz ist ein Beruf, bei dem man technisch auf dem neuesten Stand sein muss; es geht nicht anders, da die bösen Jungs sich mit dem ganzen Spielzeug auskennen … und scheinbar über unbegrenzte Mittel verfügen, um es zu kaufen. Wie man sich allerdings denken kann bei jemandem, dem Brettspiele lieber sind als Computerspiele, bin ich nicht als Technikfreak zur Welt gekommen. Dennoch habe ich dafür gesorgt, dass wir die neusten Spielereien alle haben: Sprengstoffdetektoren, so klein wie Computermäuse, denen sie ähneln, Kohlefaserdetektoren für nicht metallische Feuerwaffen, akustische Sensoren, die uns auf das Ladegeräusch einer Automatikwaffe oder das Klicken eines Revolverhahns aufmerksam machen können, Mikrofone, die Gespräche aus Vibrationen auf der anderen Seite einer Wand rekonstruieren können, Störsender oder Geräte, die ein GPS-Signal verfälschen und ein Auto, das einen verfolgt, schnurstracks in den Straßengraben schicken.
In meiner Brust- oder Hüfttasche hatte ich immer eine als Kugelschreiber getarnte Videokamera stecken. Sie war mit Software verknüpft, die mich darauf aufmerksam machte, wenn die
Körpersprache einer sich nähernden Person mit dem Muster eines bevorstehenden Angriffs übereinstimmte. Ich benutze sie außerdem, um beim Transport von Mandanten Menschenmengen aufzunehmen und festzustellen, ob Gesichter von Passanten an einem Ort an einem weiteren auftauchen.
Ein zweiter »Kugelschreiber« ist in Wirklichkeit ein drahtloser Detektor für Wanzen.
Es gab sogar das, was wir »Mail Box« nennen, ein Quadrat von etwa dreißig Zentimetern Seitenlänge, das sich explosionsartig entfaltet, wenn es das Geräusch einer detonierenden Sprengvorrichtung hört, und ein Netz aus Kevlar und Metall – wie das Kettenhemd eines Ritters – nach oben schießt, um so viel Schrapnell- und Explosionswucht wie möglich abzufangen.
Manchmal funktionierten diese Dinger und manchmal nicht. Aber man tut, was man kann, um sich einen Vorteil gegenüber seinem Gegner zu verschaffen, wie Abe Fallow immer sagte. Dieser Vorteil konnte mikroskopisch klein sein, aber das genügte häufig schon.
Ich kehrte zu meinem
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