Schutzlos: Thriller (German Edition)
geschnittenes Haar und war um die fünfzig, kräftig gebaut, aber nicht übergewichtig. Er trug Jeans und einen Pullover, und er hatte sich nicht rasiert, seit er am Freitag zur Arbeit aufgestanden war.
Er sah mich ohne jedes Interesse an und DuBois mit kaum verhohlener Verachtung, sobald er ihren Namen erfahren hatte.
»Es gibt nichts zu bereden, Agent Corte. Der Scheckfälschungsfall wurde zurückgezogen. Ich verstehe wirklich nicht, wieso sich eine Bundesbehörde hier einschaltet.«
»Deshalb bin ich nicht hier, Sir. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir für zwei Minuten hereinkommen? Es ist wichtig.«
»Ich verstehe nicht …«
»Es dauert nicht lange.« Ich schaute grimmig.
Er zuckte mit den Achseln und ließ uns ins Haus. Er führte uns ins Arbeitszimmer, dessen Wände mit Fotos, Diplomen,
Auszeichnungsschreiben und Andenken an seine schulischen und sportlichen Leistungen vor dreißig Jahren bedeckt waren.
»Wie ich ihr schon erklärt habe«, sagte Graham frostig, »arbeite ich in einem sehr sensiblen Bereich. Es ist unglücklich, dass das Geld gestohlen wurde. Aber alles in allem, im Interesse der nationalen Sicherheit, habe ich beschlossen, keinen Kriminalfall daraus zu machen.« Er lächelte verklemmt und unaufrichtig. »Wozu die Polizei von D. C. belasten? Sie haben wichtigere Dinge zu tun, als sich um einen unvorsichtigen Computerfritzen zu kümmern, der sein Scheckbuch am falschen Ort liegen hatte.«
Wir setzten uns an einen runden Kaffeetisch mit einer Glasplatte und einer Vertiefung in der Mitte. Darin befanden sich Fotos von Grahams sportlichen Erfolgen – College-Fußball und Tennis. An den Wänden hingen einige Familienfotos: Urlaub, Schulaufführungen, Feiertage. Ich sah ein paar von seinem Sohn, vermutlich demselben, dessen zukünftige Ausbildung zum Entgleisen gebracht worden war. Ich bemerkte auch Fotos der Töchter, ebenfalls auf dem College. Sie waren Zwillinge. Viele Bilder zeigten Graham neben Kollegen und ein, zwei Politikern.
Von der Familie war nichts zu hören oder zu sehen, obwohl zwei fast leere Kaffeetassen auf dem Esstisch neben der Washington Post standen, und aus dem Radio kam leises, nicht zu verstehendes Murmeln. Von oben hörte ich ein Knarren, eine Tür ging zu. Er hatte Frauen und Kinder in die Berge geschickt, als die Räuber kamen.
»Es tut mir leid wegen Detective Keller.«
»Kessler.«
»Der diesen ganzen Ärger hat. Er machte einen ganz netten Eindruck, als er mich befragt hat. Ich weiß« – ein weiterer finsterer Nicht-Blick in Richtung DuBois –, »ein Killer oder so jemand war wegen irgendetwas neugierig auf ihn.«
Interessante Art, es auszudrücken.
»Das tut mir leid. Aber meine Situation kann unmöglich etwas damit zu tun haben. Sie glauben, wer mein Scheckbuch gestohlen hat, will ihn töten? Das ergibt keinen Sinn.«
Ich hob die Hand. »Wie gesagt, wir sind nicht deshalb hier. Wir sind hier …« Ich sprach nicht weiter und sah Claire DuBois an.
Sie holte tief Luft. Ihr Blick war gesenkt. »Ich bin hier, um mich zu entschuldigen, Mr. Graham.«
»Zu… wie bitte?«
»Als mein Vorgesetzter«, begann sie und sah mich an, »erfuhr, was ich in unserem Gespräch gesagt und getan hatte …«
»Gespräch«, bemerkte Graham hämisch.
»Belehrte er mich, dass ich unprofessionell gehandelt hatte.«
»Gelinde ausgedrückt.«
Ich beobachtete lediglich; ich sagte nichts, sondern drehte mich um und studierte das Zimmer.
Graham blickte in meine Richtung und schien eine hämische Freude daran zu haben, dass ich meine Assistentin nicht verteidigte. Er sah wieder DuBois an. »Sie müssen wissen, wir haben Profiling-Software«, erklärte sie. »Als ich die Situation vom Computer durchspielen ließ, ergab sich als wahrscheinlichstes Szenario, dass Detective Kessler zum Ziel geworden war, weil er etwas über Ihre Sache mit dem Scheckbetrug entdeckt hatte. Es stellte sich so dar für uns, dass jemand möglicherweise Ihr Scheckbuch gestohlen und die Mittel dazu benutzt hatte, Sie in eine kompromittierende Situation zu bringen. Dann wurden Sie dazu erpresst, entweder geheime Unterlagen zu übergeben oder vielleicht einige Ihrer Vorhaben für das Verteidigungsministerium zu sabotieren. Es war ein plausibles Szenario.«
»Nur dass es nicht so war«, fuhr er sie an.
DuBois nickte und sagte: »Ich bin ziemlich neu in dieser Position. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal woanders als für die Bundesregierung gearbeitet haben.«
»Ich war eine Weile in der
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