Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Familie, und winkte aufgeregt. Auch der Pfarrer bedeutete ihm, dass er herkommen solle. Als auch noch Erika zu gestikulieren anfing, setzte er sich schließlich in Bewegung.
»Was ist denn los?«, fragte er, als er bei ihnen angekommen war, und gab sich Mühe, dabei nur Erika anzusehen und die anderen zu ignorieren – vergeblich.
Der Doktor klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter und sagte mit strahlendem Lächeln: »Großartig, mein lieber Kluftinger, mit Ihnen ist doch immer was geboten!« Beifall heischend blickte er in die Runde, erntete jedoch nur Stirnrunzeln für seine seltsame Äußerung. Also setzte er schnell eine Miene auf, die wohl Besorgnis und echte Anteilnahme signalisieren sollte, wobei er seine Lippen spitzte und mit getragener Stimme verkündete: »Spaß beiseite, wenn ich Ihnen helfen kann – jederzeit!« Er sah Kluftinger eindringlich an.
Anscheinend erwartete er ernsthaft eine Antwort auf sein Angebot.
»Nein, vielen Dank, wir sind personell ganz gut besetzt heut. Sollte sich aber jemand den Fuß verstauchen oder in den Finger schneiden, sag ich Bescheid, gell?«
»Ich dachte nur, manchmal ist Input mit ein wenig Außensicht ganz hilfreich. Oft setzt ja eine gewisse Betriebsblindheit bei den Experten ein. Und wir haben doch schon sehr gut zusammengearbeitet, nicht wahr?«
»Ja, ja, schon recht. Aber in diesem Fall ist ein Input mit ein wenig Ahnung wichtiger. Sonst noch was? Ich mein, alles klar sonst?«
Erika fasste ihn am Arm. »So was Furchtbares für dich jetzt! Sei vorsichtig, gell? Habt ihr denn schon eine Spur?«
Kluftinger setzte zu einem resignierten Kopfschütteln an, besann sich aber eines Besseren: Schließlich glotzten ihn der Pfarrer und der Doktor samt Ehefrau mit großen Augen an. »Du, mei, klar, so eine Spur, die muss man ja haben. Ohne Spur kannst du ja gar nicht ermitteln, so gesehen. Alles so weit … in geregelten Bahnen.«
Erika nahm die linke Hand ihres Mannes in ihre und drückte fest zu. »Pass bitte auf dich auf!«, hauchte sie ihm ins Ohr. Sie wusste, dass ihr Mann nun Zuspruch brauchte.
Nicht so Markus. »Kannst ja die nachgemachte Monstranz aus deinem Auto reinstellen, dann können sich die Leut was anschauen! Die können doch eh nicht unterscheiden, was echt und was eine billige Kopie ist!«
»Du hast eine Monstranz im Auto?«, fragte der Pfarrer entgeistert.
»Schon.«
»Eine geweihte Reliquienmonstranz?«
»Nein, das ist nur eine nachgemachte, eine Kopie von der Magnusmonstranz halt.«
Der Pfarrer atmete erleichtert auf, was Kluftinger ein wenig befremdlich fand.
»Ach, mein Lieber, das ist ja interessant. Haben die Diebe denn mit einer Replik gearbeitet?«, gab Langhammer auf einmal den Experten. »Ein subtiler Plan, der aber offenbar durchkreuzt wurde, habe ich recht?«
»Wisst ihr was? Ich muss jetzt leider wieder was schaffen, gell?«
»Nein, warte noch«, bat der Pfarrer, »du weißt, was für einen guten Katholiken angezeigt ist, wenn etwas so Kostbares, so Heiliges verschwunden ist, nicht wahr? Wie gut, dass uns Katholiken unsere Patrone beistehen, um beim Allmächtigen um Beistand für uns zu bitten!«
»Wissen Sie, Herr Pfarrer, ich hab nichts dagegen, wenn Sie zum Antonius beten. Aber ich verlass mich da von Berufs wegen eher auf anderweitige Methoden.«
»Aber auch du glaubst doch an die Wundertätigkeit der Heiligen, nicht wahr? Hast du denn nicht erst neulich eine Kerze angezündet in unserer Pfarrkirche und in das Buch bei der Madonna ein kleines Anliegen eingeschrieben?«
Alle richteten ihre Augen auf den Kommissar. Der wurde rot und kam sich vor wie ein ertappter Sünder. Doch in dieses Gefühl der Peinlichkeit und Bedrängnis mischte sich eine ordentliche Portion Wut über den Pfarrer – offenbar hatte der nichts Besseres zu tun als das Büchlein mit den Gebetsanliegen seiner Gemeinde auszuspionieren! Wenn der Geistliche jetzt auch noch den Inhalt des Anliegens ausplauderte, war er vollends geliefert: Und woher wusste der überhaupt davon, er hatte seinen Eintrag schließlich nicht unterschrieben.
»Ich hab ja nicht gesagt, dass ich nicht dran glaub! Aber mein Job schaut halt anders aus«, sagte er und hoffte inständig, dass das Thema damit vom Tisch wäre. »Also, was wollen Sie jetzt von mir?«
»Ah, herrlich, wie dieser einfache Volksglaube noch so verwurzelt ist in den Herzen der Menschen hier!«, jubilierte der Doktor. »Worum haben Sie denn gebetet, mein Lieber?«
Annegret stieß ihrem Mann den Ellenbogen in die
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