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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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rot-goldenen Blätter des Herbstes.
    »Ihr Mann glaubte, dass Sie Ihr Engagement übertrieben. Er wollte Sie vor sich selbst schützen.«
    »So kann man es sagen, ja. Ich habe es übertrieben, ja.«
    »Besonders, als Sie den Einbruch in Ihre Apotheke vortäuschten, um an Unmengen von Schmerzmitteln und Ersatzstoffen heranzukommen, die Sie für all die Hilfsbedürftigen benötigten. Alles aus eigener Tasche zu bezahlen, überstieg inzwischen Ihre Möglichkeiten.«
    »Sind Sie gekommen, mir ein Geständnis zu entlocken? Über eine Tat, die vor mehreren Jahren geschah? Ihrer Karriere wegen, wie?«, kam es jetzt bitter, ja ironisch.
    »Nein.« Neundorf setzte ihre Tasse ab, erhob sich von ihrem Platz, stellte sich ans Fenster. Das rot-goldene Blättermeer verzauberte das gesamte Panorama. »Vergessen Sie meinen Beruf. Ich will mich nur vergewissern, dass das Kaliumcyanid und all die anderen gefährlichen Gifte nicht in unbefugte Hände gerieten. Mir reicht es, was mit dem Zeug aus dem Kölner Labor angerichtet wurde.«
    Marion Böhler sah auf, betrachtete ihre Gesprächspartnerin, die sich zu ihr umgedreht hatte. »Das soll ich Ihnen glauben?«
    Neundorf setzte sich wieder. »Ob Sie mir glauben oder nicht, ist mir egal. Ich
wünsche
mir nur, dass es sich vor dreieinhalb Jahren etwa so abgespielt hat, wie ich es mir vorstelle. Da gab es einen Einbruch in eine Apotheke in Bad Cannstatt, eine Woche nachdem große Teile der Bestände frisch aufgefüllt worden waren. Gifte aller Art wurden entwendet, so viel, dass man eine ganze Stadt damit ins Jenseits befördern kann. Ein albtraumhaftes Szenario, nach den Ereignissen, die wir gerade erlebt haben.« Sie schwieg einen Moment, sah zu Marion Böhler hinüber, die aufmerksam zuhörte. »Aber vielleicht«, fuhr Neundorf dann fort, »wurde der Diebstahl nur inszeniert, um große Mengen an Schmerzmitteln und Ersatzstoffen für hilflose Drogensüchtige zu organisieren. Nicht, um diese Materialien an die Ärmsten der Armen weiterzuverkaufen, sondern um sie ihnen zu schenken. Aus reiner Nächstenliebe also.«
    Marion Böhler schwieg, erhob sich, nahm die kleine Teekanne auf, bot ihrem Gast davon an. »Und – was passierte mit den wirklich gefährlichen toxischen Stoffen?«, fragte die Gastgeberin.
    Neundorf reichte ihr die Tasse, ließ sich einschenken, bedankte sich. Der würzige Grapefruit-Duft strich erneut durch den Raum.
    »Vielleicht wurden sie nur deshalb entwendet, um den Verdacht von einem Diebstahl zugunsten Drogensüchtiger erst gar nicht entstehen zu lassen. Verschwinden Gifte wie Blausäure und andere toxische Materialien, interessiert sich kein Staatsanwalt für Schmerzmittel oder Drogenersatzstoffe. Das sind dann nur noch Peanuts. Sollen sie doch davon mitnehmen, so viel sie wollen, Hauptsache, sie lassen die wirklich gefährlichen Gifte da.«
    »Das klingt plausibel«, meinte Marion Böhler. »Meine Frage haben Sie aber noch nicht beantwortet.« Sie schenkte sich selbst Tee nach, setzte sich wieder.
    »Was die wirklich giftigen Materialien betrifft, die sozusagen nebenbei entwendet werden mussten, habe ich verschiedene Vermutungen«, erklärte Neundorf. »Ich hoffe, Sie können mir helfen.«
    Marion Böhler sah zu ihr hinüber, ohne einen Muskel zu verziehen, gab keine Antwort.
    »Hypothese eins: Sie wurden nach dem Vorfall sofort vernichtet. Ich persönlich wüsste zwar nicht, wie das zu bewerkstelligen wäre, ohne dabei ganze Mülldeponien oder Flüsse zu vergiften, aber eine Person vom Fach wie z. B. eine Apothekerin hätte sicher keine allzu großen Probleme, das auf eine möglichst, sagen wir, umweltschonende Weise in die Tat umzusetzen.« Sie schwieg, trank von ihrem Tee.
    »Das glauben Sie nicht wirklich«, sagte ihre Gastgeberin.
    Neundorf ging nicht auf ihren Einwand ein, redete weiter. »Hypothese zwei: Die giftigen Stoffe wurden nur scheinbar entwendet. In Wirklichkeit jedoch stehen sie noch immer in der Apotheke, allerdings an einer Stelle, an der sie niemand vermutet.«
    »Wie das?«, fragte Marion Böhler. »Sie wissen selbst, dass Ihre Kollegen bei einem dermaßen gravierenden Diebstahl den gesamten Laden auf den Kopf stellen. Da bleibt kein Staubkorn auf dem anderen.«
    »Mir geht es wie bei meiner ersten Hypothese«, Neundorf grinste süffisant, »ich persönlich wüsste keine Möglichkeit, ein Versteck zu finden. Aber ein Profi, in dem Fall eine Apothekerin, fände sicher einen Weg, die Polizei zu überlisten, oder?«
    »Ein wahres Genie, von dem Sie

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