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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ihren selbstverliebten Aufklärer-Posen zu bremsen. Sollten Bayer und Konsorten angesichts der außergewöhnlichen Verbrechen jede Form zivilisierten Benehmens vergessen, konnte Hofmann allein kraft seines Amtes auf die absolute Priorität verweisen, mit denen die Ermittlungen in dieser Angelegenheit von Seiten des LKA geführt wurden.
    Braig schenkte sich einen Kaffee ein, wählte die Nummer Ann-Katrins. Es dauerte nur wenige Sekunden, ehe abgenommen wurde. Ihre Mutter war am Apparat.
    »Du bist im Amt?«, fragte sie.
    »Leider. Wir waren bis jetzt ohne Unterbrechung unterwegs. Um sieben muss ich vor die Presse, unsere bisherigen Ermittlungen bekannt geben. Vorher wartet noch der Oberstaatsanwalt.«
    »Dann bist du die nächsten Tage beschäftigt.«
    Er widersprach nicht, wusste, dass sie die Situation korrekt erfasst hatte. »Es geht um zwei bestialische Morde. Wahrscheinlich derselbe Täter. Morgen werden die Zeitungen voll davon sein.«
    Sie schwieg, ließ ihn die Musik hören, die im Hintergrund lief. Irgendwelche bajuwarischen Volkstümeleien. Ihre Lieblingsweisen. Deutliches Zeichen dafür, dass Ann-Katrin nicht im Raum war. Sie hätte es sich verbeten.
    »Ann-Katrin geht es nicht gut?«, fragte er.
    Er merkte schon an ihrem Zögern, wie es um die Tochter bestellt war.
    »Phantomschmerzen. Ich hätte beinahe den Arzt gerufen.«
    Braig wusste, was sie meinte, erinnerte sich an die Aussage eines der behandelnden Ärzte, dass bei der Schussverletzung irgendwelche bisher nicht lokalisierten Nervenstränge in Mitleidenschaft gezogen worden sein mussten.
    »Sie schläft?«
    »Seit halb drei. Ich gab ihr die Tropfen.«
    Zeitweise hielt sie es ohne die morphinhaltige Arznei nicht aus. Er wusste, dass dies keine Lösung auf lange Sicht sein durfte.
    »Tut mir Leid. Sag ihr bitte, dass ich angerufen habe und gute Besserung wünsche. Ich melde mich später noch mal.«
    Braig legte auf, ärgerte sich im Nachhinein über das durch die beiden Morde völlig anders als geplant verlaufene Wochenende. Vielleicht hätte sich Ann-Katrins Leiden durch zwei Tage gemeinsamer Unternehmungen wenigstens mildern lassen. Und sei es allein infolge von Ablenkung. Er könne nicht ausschließen, dass ein Teil der Schmerzen auf psychisch bedingte Ursachen zurückgehe, hatte der Arzt erklärt, Körper und Seele hätten weit mehr miteinander zu tun, als die moderne Apparatemedizin bisher begriffen habe. Gerade in Ann-Katrins Fall sei das für ihn aus verschiedenen Gründen besonders naheliegend.
    Braig trank von seinem Kaffee, holte sich Papier und einen Kugelschreiber, versuchte, sich auf die Pressekonferenz und seine Äußerungen dort zu konzentrieren. Er notierte die wichtigsten Ermittlungsergebnisse, überlegte, ob und wie weit sie an die Öffentlichkeit gegeben werden durften, entschied sich für eine zurückhaltende Strategie. Die Tatsache der Giftmorde wirkte Aufsehen erregend genug, er musste vermeiden, durch zu freigiebigen Umgang mit Informationen – wie etwa die Bekanntgabe der auffällig ähnlichen Fußabdrücke an beiden Tatorten – noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
    Als er sich einen Großteil seiner Gedanken notiert hatte, fielen ihm unversehens die Augen zu, er schreckte hoch, weil ihm entgangen war, dass er von den Pathologen noch nicht über den genauen Todeszeitpunkt Bernhard Hemmers informiert worden war. Er läutete bei der Pathologie an. Der Arzt vom Dienst überprüfte die Daten, sicherte ihm zu, die Untersuchungsergebnisse sofort per Fax zu übermitteln.
    Braig bedankte sich. Kaltes Wasser! Es half nur noch kaltes Wasser! Er wäre am liebsten hineingestiegen. Dann nahm er ein Glas, ließ es voll laufen. Während er es leer trank, tuckerte schon das versprochene Fax aus dem Apparat.
    Braig trocknete seine Hände, nahm das Papier, las die dicht gedrängten Zeilen. Der untersuchende Arzt ging ausführlich auf den durch ein in flüssiger Form verabreichtes Gift verursachten Tod ein, sah sich jedoch außer Stande, die Flüssigkeit genau zu definieren, in der das Gift gelöst gewesen war. Rückstände in Magen und Nieren deuteten auf eine alkoholhaltige Substanz hin, am ehesten Rotwein.
    Wie in Rotenberg, derselbe Befund. Er überflog den restlichen Text, notierte den vermuteten Todeszeitpunkt: 17 bis 20 Uhr am Samstagabend. Etwa die Zeit, die auch Dr. Schweisser angedeutet hatte. Marion Böhler, falls sie wirklich so kaltblütig war, wie er ihr mit dieser Hypothese unterstellte, kam also durchaus als Täterin in

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