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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ist Teil ihrer Behinderung. Marianne nahm ihn zwar ab und zu mit auf ihre Touren, übernachtete sogar unterwegs mit ihm, aber das war kein Ersatz für seine Anstellung bei der Firma. Sie litt mit ihm und wurde mehrfach bei der neuen Geschäftsführung vorstellig, ihren Sohn wieder einzustellen, vor allem, als sie hörte, dass das Unternehmen immer glänzende Gewinne eingefahren hatte und weiter einfuhr. Sie fand kein Gehör. Die Beschäftigung Behinderter passe nicht zum neuen Konzept, wurde ihr unverblümt mitgeteilt. Ein Betriebsratsmitglied eröffnete ihr, dass dieses neue Konzept nur noch einen Zielpunkt habe: noch höhere Gewinne zu erreichen.«
    Braig trommelte nervös mit der Hand auf dem Tisch, starrte Sabine Körner an. »Was ist Frau Kindler am Montag passiert?«, fragte er.
    »Sie war unterwegs zu einem Lokal in Fellbach, erzählte sie mir, kam in der Nähe der Schwabenlandhalle vorbei. Da sah sie ihn, umringt von einem Pulk anderer Herren.«
    »Wen? Den Manager, der ihren Sohn entlassen hatte?«
    Sabine Körner nickte. »Sie war wie von Sinnen. Sie sah den Mann dort stehen und heftig diskutieren. Alles feine Herren in Anzug und Krawatte. Wie sie zu dem Lokal kam, wusste sie nicht mehr. Sie erzählte mir nur, dass sie dort wie in Trance ihre Nudeln verkaufte und dann wieder zu ihrem Auto ging. Sie hätte ein weiteres Lokal in Fellbach besuchen sollen, sagte sie, aber plötzlich merkte sie, dass sie zurück fuhr, Richtung Schwabenlandhalle. Ohne nachzudenken. Und da stand er immer noch, jetzt allerdings nur noch in Begleitung eines Mannes und ein paar Meter entfernt.«
    Braig ahnte, was jetzt kam, sie brauchte es nicht zu erzählen. Er seufzte laut auf, stieß die Luft von sich. »Am Montagabend in Fellbach?«
    Sie nickte. »Ich habe ihn überfahren, sagte sie.« Sabine Körner erhob sich von ihrem Stuhl, schaute auf ihn herunter. Er sah die Tränen, die sich aus ihren Augen lösten. »Was auch immer sie getan hat, sie ist meine Freundin und so bleibt sie auch in meiner Erinnerung, verstehen Sie?«

10. Kapitel
    Wie lange er an dem Tisch sitzen geblieben war, grübelnd, mit aufgewühlten, verwirrten Gedanken – Braig wusste es später nicht mehr zu sagen. Er hatte die Frau mit tränenverschleiertem Blick in der Küche verschwinden sehen, war nicht dazu in der Lage, zu entscheiden, was jetzt zu tun war. Das Pochen hinter seinen Schläfen hatte blitzartig eingesetzt, hatte ihm jede Chance geraubt, den Fortschritt seiner Ermittlungen nüchtern zu analysieren. Müde und erschöpft war er auf seinem Stuhl sitzen geblieben, hatte von dem Wasser getrunken, war dann aufgestanden und vor die Tür des Lokals getreten, das Handy und sein Notizbuch in der Hand.
    Er gab Neundorfs Nummer ein, musste eine Weile warten, bis sie endlich abnahm. »Ich bin’s«, meldete er sich, »wie weit bist du?«
    »Einen Augenblick.« Er schien Neundorf in einem impassenden Moment überrascht zu haben, hörte, wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde, Schritte, dann das Quietschen einer Tür.
    »Tut mir Leid«, sagte sie, »ich kann noch nicht kommen. Das zieht sich in die Länge.«
    »Weshalb?«
    »Der Mann hat ein Alibi. Bis jetzt jedenfalls. Ziemlich überzeugend. Und ich weiß nicht, was dafür sprechen soll, dass das getürkt ist.«
    »Du glaubst ihm?«
    »Er hat zwei Zeugen für den Montagabend. Zwei Freunde. Sie bestätigen unabhängig voneinander, dass sie zusammen saßen. In Sulzbach an der Murr, gute dreißig Kilometer von Fellbach entfernt.«
    »Was ist mit dem Lack seines Wagens?«
    »Die Techniker prüfen noch. Ich warte auf ihre Analyse.«
    »Ich glaube, die können sich ihre Arbeit sparen.«
    Neundorf blieb einen Moment ruhig. »Was meinst du?«, fragte sie dann.
    »Wann wurde dieser Miethoff überfahren?«
    »Am Montagabend.«
    »Zu welcher Zeit?«
    »Kurz vor neunzehn Uhr.«
    »Wo war das genau?«
    »In Fellbach. Bei der Schwabenlandhalle. Keine hundert Meter von ihr entfernt.«
    Es passte alles, überlegte er. Um 18.30 Uhr war Marianne Kindler im Zum alten Wetzstein erschienen, durcheinander, in heller Aufregung. Ich habe den Kerl gesehen, der meinen … auf dem Gewissen hat, hatte sie dem Wirt erklärt. Sie war so verwirrt, dass sie die falschen Nudeln lieferte. Um neunzehn Uhr hätte sie das Gleisdreieck beliefern sollen, stattdessen war sie zurückgefahren zur Schwabenlandhalle. Ich habe ihn überfahren, hatte sie kurz darauf Frau Körner am Telefon erzählt.
    »Weshalb fragst du? Warum willst du das so genau

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