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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Ihrer Sorte!« Sein Schreien war angesichts der offenen Tür in der halben Station zu hören gewesen.
    »Dir geht es doch nicht gut«, hatte ihr Kollege wenige Minuten später erklärt. Sie waren an der Tür der Mitarbeiter-Toilette aufeinandergeprallt. Er musterte sie eindringlich. »Was ist los? Hat das mit den seltsamen Anrufen der letzten Wochen zu tun?«
    »Was für Anrufe?«, hatte sie matt gekontert.
    »Du weißt genau, wovon ich spreche. Du warst doch jedes Mal, wenn der Kerl am Apparat war, am Boden zerstört.«
    Sie hatte nur abgewunken, war zum Waschbecken getaumelt, hatte sich kaltes Wasser hinter die Ohren geklatscht.
    Kurz nach 21 Uhr war sie endlich wieder nach Hause gekommen, das Zetern und Schimpfen der Polizeibeamten immer noch im Ohr, die sie genau in dem Moment überrascht hatten, als sie das Geld aus dem Fenster geworfen hatte.
    Laut schreiend hatten sich die beiden Uniformierten auf sie gestürzt. »Sind Sie wahnsinnig, Ihren Müll einfach aus dem Fenster zu schmeißen? Machen Sie das zu Hause genauso?«
    »Müll?« In ihrer Aufregung hatte sie zu keiner ausführlicheren Antwort gefunden. Sie war von der eiskalten Nachtluft benebelt, hatte erst gar nicht verstanden, wovon die beiden sprachen.
    »Ja, glauben Sie, Sie können es auch noch abstreiten? Wollen Sie uns etwa anlügen?«
    »Ich? Sie anlügen?«
    »Schmeißen Sie immer Ihren Müll einfach aus dem Fenster?«, hatte der eine gebrüllt. »Oder wollen Sie mir weismachen, Sie hätten gerade Ihren wertvollen Schmuck aus dem Zug geworfen?«
    Was hätte sie antworten sollen? Etwa die Wahrheit? Damit der Verbrecher draußen einen Grund hatte, seine Drohungen trotz der Geldübergabe in die Tat umzusetzen?
    Die Polizeibeamten hatten darauf bestanden, ihren Ausweis zu überprüfen und ihr eine Anzeige wegen was auch immer, sie hatte ihre Ausführungen ohnehin nicht verstanden, zu verpassen. Sie war zu aufgeregt, dagegen zu protestieren, hatte sich völlig entkräftet und zitternd vor Angst nicht einmal darum bemüht, um Gnade zu betteln, sondern in ihr Schicksal gefügt.
    »Die schriftliche Ausfertigung wird Ihnen auf dem Postweg zugesandt«, hatten sie sie belehrt, sie dann nach einer gefühlten Ewigkeit endlich aus ihrer Obhut entlassen. Hätte es an diesem Abend die Möglichkeit gegeben, in den Boden zu versinken und im Erdinneren zu verschwinden, sie hätte sie ohne jede weitere Überlegung genutzt. Es war wirklich schiefgegangen, was nur hatte schiefgehen können.
    So aber blieb ihr nichts übrig, als in Murrhardt auszusteigen und den Gegenzug nach Hessental zu nehmen, ein Wrack von einem Menschen, eine Existenz am Ende ihrer Kraft. Dass ihr Handy fast ohne Unterbrechung läutete – sie hatte es kaum wahrgenommen, sich auch nicht um die Identifizierung der Anrufer bemüht.
    »Mein Gott, was haben wir uns Sorgen gemacht«, war ihr Mann ihr dann an der Haustür entgegengesprungen, »wo warst du solange? Was ist mit deinem Handy? Du hast es die ganze Zeit gesucht?«
    Sie hatte es wortlos aus der Tasche gezogen und ihm in die Hand gedrückt.
    »Na, Gott sei Dank«, war er ruhig geworden, »dann hat sich dein langes Suchen ja doch noch gelohnt. Und, wo hast du es gefunden?«
    »Murrhardt«, hatte sie aus sich herausgepresst, wohl wissend, dass sie ihren eigenen Ehemann belog, »ein Mann aus Murrhardt.«
    »Ein Mann aus Murrhardt?«
    »Er muss es im Krankenhaus … aus Versehen.«
    »Und dann hat er es zu Hause erst entdeckt?«
    Sie hatte nur genickt, entsetzt über sich selbst, ihren eigenen Mann so zu belügen, hatte zugleich die Erleichterung darüber gespürt, dass er bereit war, sich mit einer solch simplen Antwort abspeisen zu lassen. Vorerst jedenfalls. Solange er noch nicht wusste, dass sie das ganze Geld, Iris’ komplettes Vermächtnis und noch zwei Tausender dazu, im wortwörtlichen Sinn aus dem Fenster hinausgeworfen hatte. Aus dem Fenster eines fahrenden Zuges hinaus in die Nacht. Sie wollte gar nicht daran denken, wie sie ihm den Verlust dieser großen Summe erklären sollte. 8000 Euro, einfach so weg …

11. Kapitel
    September
    Dr. Roland Krancik erregte schon nach wenigen Minuten gemeinsamen Gesprächs dermaßen Braigs Unwillen, dass der Kommissar alle Kraft zusammennehmen musste, sachlich und neutral zu bleiben. Der freie Unternehmensberater hatte ein Büro in der Ulmer Innenstadt und Braig einen Termin um »Punkt 18 Uhr« angeboten, »maximal zwanzig Minuten, keine Sekunde länger. Ich bin selbstständiger Unternehmer und muss mir

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