Schwaben-Messe
übernachtet oft bei mir. Vor allem in den letzten Jahren, seit er wieder frei ist von dieser überkandidelten Frau.«
»Mona Peters?«
»Die hatte sogar ihren eigenen Namen behalten, weil ihr mein Sohn nicht gut genug war. Nur sein Geld hat sie interessiert, sonst nichts. Da war er gut genug, ihre teuren Reisen bezahlen und die extravagante Kleidung der Dame. Und sie großartig ausführen zum Essen und in Ausstellungen und all den Kram.«
»Warum haben die beiden sich getrennt? Hatten sie viel Streit miteinander?« Neundorf wollte auf die Zeit zu sprechen kommen, in der Jahn zu seinen Männertouren unterwegs war, seine Mutter vorsichtig abtasten, was sie davon wusste.
»Er hat endlich begriffen, wie sehr ihn die Frau ausnutzte, dass er für sie nur gut genug war, sein Geld abzuliefern. Er hat lange gebraucht, das zu verstehen, aber schließlich ist auch bei ihm der Groschen gefallen. Obwohl ihn alle vor der Frau gewarnt hatten.«
»Dann waren Sie froh, als die Sache vorbei war.«
»Und ob! Endlich hatte der Junge wieder seine Freiheit. Niemand konnte ihm mehr vorschreiben, was mit seinem Geld gemacht wird. Und er fand wieder Zeit für sich und seine Bundeswehrübungen.«
»Bundeswehr?«
»Er machte es gern. Alle paar Jahre, manchmal seltener, manchmal öfter. Er diente lange als junger Mann, zwölf Jahre. Um nicht alles zu verlernen, zog er dann immer mal wieder auf Übungen. Völlig ungefährlich. Aber das ist seit ein paar Jahren jetzt auch wieder vorbei.«
»Haben Sie auch Fotos von seinen Übungen?« Neundorf wollte es kaum glauben, als die Frau eifrig mit dem Kopf nickte.
»Ein ganzes Album voll«, erklärte Hildegard Jahn. Sie lief zum Sofa, suchte den Band, räumte die anderen Alben vom Tisch, um Platz zu schaffen. Gemeinsam betrachteten sie die Bilder. Wolfgang Jahn im Grundwehrdienst in Rennerod im Westerwald, später dann in Ulm. Fotos in Uniform, mit Freunden, beim Trinken, unterwegs. Er war kein Kind von Traurigkeit gewesen, hatte die Monate beim Bund seinem immer wiederkehrenden, strahlenden Gesichtsausdruck zufolge meist genossen. Ein ganzes Album voll Szenen des jungen, wohl kaum 20-jährigen Mannes beim Militär.
»Haben Sie auch Bilder von den anderen Manövern, ich meine später, so jetzt von den letzten Jahren?«, fragte Neundorf, als sie auf der letzten Seite angelangt waren.
Hildegard Jahns Gesicht wirkte enttäuscht und zerknirscht. »Leider nicht viele. Er hat fast nie einen Fotoapparat dabei, obwohl ich ihn immer darum gebeten habe, es ja nicht zu vergessen.« Sie kramte in einem dicken Kuvert, suchte einen Stapel rechteckiger Fotos heraus. »Hier, das sind die einzigen Bilder, die ich habe.«
Neundorf betrachtete sie voller Interesse.
»Das war im Schwarzwald, glaube ich, irgendwann 1975 etwa. Und das hier auf der Alb, wenn ich mich richtig erinnere. Ganz sicher bin ich mir nicht.«
Jahn war noch sehr jung, kaum älter als auf den Fotos seiner Grundwehrdienstzeit. Neundorf konnte ihre Enttäuschung nicht zurückhalten. »Sonst haben Sie keine Fotos? Ich meine, von späteren Manövern?«
Hildegard Jahn schüttelte den Kopf. »Er hatte keinen Foto mehr dabei, ich sagte es Ihnen schon. Sie haben es dann auch verboten, wegen Spionage und so. Na gut, kann man verstehen, nicht wahr, aber überhaupt keine Erinnerung …« Frau Jahn stand auf, ordnete die Bilder, schob sie ins Kuvert zurück. »Ach so, da fällt mir ein, das Foto in seinem Zimmer, das ist relativ neu. Vielleicht fünf, sechs Jahre alt. Von seinem letzten Manöver. Er will es an seinem Bett stehen haben, weil es die allerletzte Erinnerung an seine Militärzeit ist. Ein schönes Bild!«
Neundorf konnte sich kaum zurückhalten. »Darf ich das Foto und sein Zimmer mal sehen?«
Hildegard Jahn freute sich über ihr Interesse. »Aber gern, junge Frau.« Sie legte das Kuvert aufs Sofa zu den Alben, öffnete die Tür. »Kommen Sie.«
Neundorf ließ sich nicht zweimal bitten. Sie folgte der Frau quer über die Diele zu einer verschlossenen Tür.
»Warten Sie, ich muss erst den Schlüssel holen.«
Neundorf schaute Hildegard Jahn verwundert nach. Die Tür war verschlossen, obwohl außer Frau Jahn niemand in der Wohnung lebte?
Sie hörte ihre Gastgeberin in der Küche in einer Schublade kramen, wartete, bis sie zurückkam.
»Es ist Wolfgangs eigenes Zimmer«, erklärte die Frau, »er zahlt mir extra die Miete, damit ich die große Wohnung behalten kann.« Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, hatte Mühe, die Tür zu
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