Schwaben-Messe
helfen können, gern.«
»Leider net, es isch so …« Er verstummte und versuchte, neue Worte zu finden.
»Machs kurz, Hermann«, ergänzte die Frau, »und sags deutlich: Mit der Krautere hent mir nix zu schaffe.« Sie funkelte Braig mit großen Augen an, wandte sich zur Seite, griff nach einem alten, leicht zerfledderten Strohbesen und begann, sorgsam den Hof zu kehren.
Steffen Braig verfolgte leicht irritiert ihre Anstrengungen. »Der Tote muss nicht unbedingt mit Frau Krauter in Verbindung stehen«, betonte er.
»Net?« Hermann Steimle trat zur Seite, um seiner Frau freie Bahn zu verschaffen, sah verwundert zu Braig hin. »Aber wo soll der sonst herkomme?«
»Das wollte ich Sie fragen. Sie haben nichts gehört heute Nacht? Ein Auto vielleicht, Stimmen, Schreie, eine Auseinandersetzung? Irgendwelche ungewohnten Geräusche?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Mir hent kei Zeit, nachts rum ze spioniere. Tagsüber schaffet mir so viel, dass mir froh sind, endlich ins Bett liege zu komme und no fallet uns sofort die Auge zu.«
Braig beneidete den Mann ob seines angeblich so gesunden Schlafes, trat drei Schritte zurück, um der Staubwolke auszuweichen, die Frau Steimles Säuberungsaktivitäten entsprang.
»Und jetzt müsset mir schnell aufs Feld«, erklärte sie, »wenn mir Ihne doch nix helfe könnet, isch unser Zeit zu schade.« Sie hatte eine kleine Ansammlung aus Erde, Staub und Graspartikeln zusammengekehrt, lief in den Stall, holte eine Schaufel.
»Heute Nacht fiel Ihnen also nichts auf? Kein verdächtiges Geräusch?«, versuchte Braig es noch einmal.
Die Stelle, an der sie die Leiche gefunden hatten, lag vielleicht fünfhundert Meter vom Bauernhof der Steimles entfernt. Kein Busch, kein Baum dazwischen, nur ebene Ackerfläche. Wenn heute Nacht ein Auto den Toten dort abgeliefert hatte, was nach den Aussagen des Arztes zu vermuten war, mussten die Bewohner des Hofs hier dessen Geräusche deutlich vernommen haben, vorausgesetzt, sie waren wach und verfügten nicht über den tiefen Schlaf, den der Landwirt gerade beschrieben hatte.
»Was sollet mir schon ghört han?« brummte Sofie Steimle. Sie schob den zusammengekehrten Schmutz auf die Schaufel, trug sie an den Rand des Gartens, um sie über einem kleinen Hügel aus pflanzlichen Resten zu entleeren. »Die Krautere hat wieder gefeiert, was sonscht?« setzte sie mit leiser Stimme hinzu.
»Wie gefeiert?«, fragte Braig.
»Ja, wie wohl? Eine Satansmesse natürlich. Die halbe Nacht. Singen, Tanzen, Teufelsbeschwörungen. Stundenlang hent die wieder mit dem Satan paktiert und no hat der ein Menschenopfer verlangt. Das Ergebnis isch die Leiche, die Sie gfunde hent. Verbrannt soll sie sein, net? Vom Teufel persönlich. Koi Wunder bei dene ihre schlimme Spielereie.«
»Was für Spielereien?«
»Weiber«, erklärte Sofie Steimle, auf den Stiel des Besens gestützt, »lauter Weiber. Kaum dass es richtig dunkel isch, so gege zehne, elfe, kurz vor Mitternacht, machet die ein riesiges Feuer, drei, vier Meter hoch, haltet sich an die Händ und tanzet im Kreis drumrum und singet und schreiet. A paar von dene Weiber sitzet danebe, machet Musik, laute, teuflische Musik, um den Satan zu rufe, damit ihre Teufelsbeschwörung auch funktioniert. No tanzet die und tanzet und tanzet immer verrückter und hysterischer und schreiet und schmeißet ihre Kleider von sich und bald nach Mitternacht fallet die über ihr Opfer her.«
»Über ihr Opfer?«
»Na, den Kerl, den die dem Satan opfere müsset. Der Teufel will ja was dafür, dass er ihne seine Kraft schenkt. Normalerweise verbrennet die das Opfer dann, damit ihne niemand was beweise kann. Das war ein Versehen mit der Leiche, irgendwie hat das net richtig geklappt heute Nacht.«
Steffen Braig betrachtete die Frau ungläubig. »Wer erzählt Ihnen diese Geschichten?«
»Erzähle? I hans gsehe«, schrie die Frau mit vor Aufregung geweiteten Augen, »i selber hans gsehe und mein Hermann dazu!«
Braig schüttelte nur den Kopf. »Was haben Sie gesehen? Menschenopfer? Schwarze Messen? Heute Nacht?«
»Mit meine eigene Auge!«, kreischte Sofie Steimle. »Viermal schon hent mir zuguckt, zweimal direkt aus der Nähe und zweimal mit dem Fernglas, das mir uns extra für diese Satansorgie kauft hent, weil uns das zu gefährlich isch mit dem Teufelskult. Mir wollet schließlich net selber noch zum Opfer von dene wilde Weiber werde.« Sie fuchtelte mit ihren Armen vor Braig in der Luft herum, deutete nach oben zum Haus. »Hermann,
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