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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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plötzlich wieder die Hintergrundgeräusche. Nur waren es jetzt keine scheppernden Teller, Tassen und Töpfe, sondern schreiende Papageien. So sehr er sich auch wunderte, es waren wirklich schreiende Papageien, unzählige schreiende Papageien.
    »Wir haben einen Sohn«, sagte die Frau.
    »Rindvieh«, keifte ein Papagei immer wieder, »Rindvieh.«
    »Er wird nächste Woche zwei Jahre alt.«
    »Rindvieh, Rindvieh, Rindvieh.«
    Braig hatte Mühe, seine Gesprächspartnerin am Telefon zu verstehen.
    »Ja, was denn?«, rief er ungeduldig.
    »Nach dem Eisprung ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass es ein Junge wird.«
    »Wie bitte?«
    Kahn hatte sich zur Seite gedreht, damit Braig sein Gesicht nicht sehen konnte. Sein ganzer Körper vibrierte vor unterdrücktem Lachen.
    »Vor dem Eisprung dagegen, dass es ein Mädle wird.«
    »Hornochs«, schrie ein Papagei, »Hornochs.«
    »Wir wollen diesmal lieber ein Mädle. Um acht sind wir losgegangen, es war noch hell. Wir wollten schließlich eine weiche Stelle im Wald finden«, erklärte Frau Kahn weiter.
    »Lahmarsch«, keifte ein Papagei, »Lahmarsch.«
    Genauso kam sich Braig vor, als er endlich begriff, was ihm da erzählt wurde.

25. Kapitel
    Maria Gübler war noch ausgeflippter angezogen als am Tag zuvor. Ihr T-Shirt war mit vielen kleinen bunten Luftballons verziert, jeder in einer anderen grellen Farbe, die meisten aufgeblasen, andere eher in kondomähnlichem Zustand. Ihre Schlabberhosen waren heute nicht grün, dafür rot, aber in einem ebenso grellen, aggressiven Farbton wie die, die Braig zuletzt an ihr gesehen hatte und mindestens ebenso weit ausladend. Ihre langen grauen Haare lagen wie eine breite Mütze auf dem Kopf, der Schnurrbartansatz fiel heute noch intensiver aus. Alberta Einstein live, dachte Braig, als er ihr Grinsen sah.
    »Aha, unsere Schnüffler«, rief sie Braig und Stöhr von ihrer sonnigen Bank aus entgegen, »Sie haben die Fährte in der Nase?«
    »Und Sie meditieren über Gott und die Welt?«, konterte Braig.
    »Besser als Unschuldige zu Verbrechern abzustempeln«, erwiderte sie mit einem Blick auf Kahn, der die Polizeibeamten begleitete.
    »Wer sagt denn ...«
    »Warum sonst schleifen Sie eine ehrliche Haut hier in die Pampa?«
    Walter Kahn hatte ihnen die besagte Stelle gezeigt: am Rand des Waldes, von allen Seiten durch dichtes Unterholz geschützt.
    »Lieber Herr Kommissar«, hatte er erklärt, »wir lieben es romantisch. Warum nicht wieder mal im Wald, wie früher auch?«
    Steffen Braig war rot angelaufen vor Verlegenheit.
    »Vor über zwei Jahren kam es hier zu unserem Sohn. Jetzt wollen wir eine Tochter. Warum nicht?«
    Die leichte Senke im laubbedeckten Boden hatte deutlich gezeigt, dass er nicht log.
    »Aber wieso waren Sie dann gegen elf«, Braig hatte mehr gestottert als gesprochen, »wieso gegen elf in dem Garten dort unten, Sie wissen schon, mit den angeblichen Wunderpflanzen?«
    Jetzt war es an Kahn gewesen, Verlegenheit zu zeigen. »Mein Gott, wir sind nicht mehr die Allerjüngsten.«
    Stöhr hatte geschluckt und gewürgt, sein ganzer Körper gebebt. Ein Stück Schokolade war ihm von den Lippen gerutscht und auf den Boden gefallen. Entgeistert hatte er die beiden angestarrt.
    »Es war ein Jux«, hatte Kahn gemeint, »wir hatten uns schon etwas ausgetobt, aber wir dachten, etwas mehr könne niemandem schaden, und die Nacht war warm und lang. Da kam Sigrid die Idee mit dem Potenzkraut. Es ist natürlich Spinnerei von dem dicken May, dass das Zeug wirken soll ... Wir rannten zu dem Garten, ich pflückte und ...« Er hatte gestockt, verlegen auf den Boden gestarrt.
    »... Sie düngten«, hatte Braig grinsend ergänzt.
    »Okay, reiner Jux. Wir kicherten wie zwei Teenies. Wenn wir dem dicken May schon was von seinem Wunderkraut klauen, schenken wir seinen Pflanzen neue Kraft, damit sie besser wachsen ...«
    Kahn und seine Frau waren bereit, ihre Aussagen zu beeiden.
    »Machen Sie sich nicht lächerlich, Herr Kommissar, so war es. Bis heute Morgen um drei. Warum bin ich wohl so müde?«
    »Ihre Frau arbeitet trotzdem.«
    »Es ließ sich nicht anders bewerkstelligen. Hoffentlich verwechselt sie nicht die Bänder.«
    »Wie bitte?«
    »Sie arbeitet im Tonstudio. Beim Südwestrundfunk.«
    Das Geschirrgeklapper, die Papageien. Langsam hatte Braig die Zusammenhänge gesehen.
    »Glauben Sie mir jetzt endlich?«
    Nach diesem aufschlussreichen Gespräch war Braig ins Grübeln gekommen. Das Alibi, das Kahn ihnen lieferte, war keines von der

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