Schwaben-Wahn
wartet. Und dann will ich noch zu Meurer und Schilling.«
»Meurer und Schilling?« Braig runzelte die Stirn. »Die Namen sagen mir im Moment nichts.«
»Beide sollen wie Zimmermann und Wangbiehler Karl Herzog bedroht haben. Stefanie Herzog erwähnte sie gestern bei unserem Besuch.«
»Tut mir Leid. Ich hatte sie vergessen.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, nach dem, was dir gestern passiert ist.«
»Du hast ihre Adressen?«
Neundorf nickte. »Beide wissen Bescheid, dass wir sie heute aufsuchen. Ich habe mich telefonisch mit jedem der Männer unterhalten.«
»Dann teilen wir uns die Sache. Du hast die Anschrift parat?«
»Auf meinem Schreibtisch. Kleinen Moment.« Sie verließ sein Büro, kehrte mit einem Blatt Papier zurück.
Er überflog die handschriftliche Notiz, hatte keine Mühe, sie zu entziffern.
Robert Meurer, Unterm Regenturm 5, Plochingen
.
»Er wohnt im Hundertwasserhaus. Du kennst es?«
Braig nickte, hatte den auffallenden Bau im Ortskern Plochingens schon oft vom Zug aus bewundert.
»Meurer ist heute zu Hause. Er erwartet unseren Besuch noch im Verlauf des Vormittags«, ergänzte seine Kollegin.
»Ich werde mich um ihn kümmern. Hast du überprüft, ob etwas über ihn vorliegt?«
»Fünf Monate auf Bewährung. Wegen Fahrerflucht.« Sie deutete auf den unteren Rand des Blattes. »Hier habe ich es notiert.«
Er las den Text, sah, dass das Delikt mehr als fünf Jahre zurücklag. »Sonst nichts?«
Neundorf schüttelte den Kopf. »Ist es nicht genug? Ich will nicht wissen, wessen Gesundheit oder gar Leben der Kerl ruiniert hat.« Sie lief zur Tür, verabschiedete sich. »Wir hören voneinander?«
»Sobald ich mein neues Handy habe.« Braig griff zum Telefon, wählte die Nummer Michael Felsentretters, hatte dessen kräftige Stimme fast augenblicklich am Ohr.
»Was ist los?«
»Braig hier.«
»Du lebst noch?«
Er nahm den Hörer vom Ohr, achtete auf gebührenden Abstand. Der volltönende Bass des Kollegen ließ sein Trommelfell vibrieren. Er schilderte kurz, was am Abend zuvor passiert war, ließ sich bestätigen, dass Felsentretter in Göppingen ermittelte.
»Drogenmilieu«, donnerte der Kollege, »Koch glaubt allen Ernstes, bei dem Pack seien Informationen über die Erpresser zu holen.«
Braig schilderte sein Anliegen, erhielt die Zusicherung des Kollegen, sich um die beiden angeblichen Zeugen Johannes Wangbiehlers zu kümmern.
»Sven Demski und Nils Markert, Geislingerstraße«, bestätigte Felsentretter, »ich werde die Herren auf Herz und Nieren überprüfen.«
Braig bedankte sich für seine Bereitschaft, legte den Hörer auf. Er spürte die Schmerzen an seiner Wunde, lief zum Kaffeeautomaten, füllte Pulver und Wasser ein, setzte die Maschine in Gang. Als die ersten Wassertropfen in den Filter rannen, läutete das Telefon.
Er atmete tief durch, versuchte, sich nicht schon wieder von Stress und Hektik treiben zu lassen. Die Stimme am anderen Ende war ihm unbekannt.
»Ich weiß nicht, ob ich bei Ihnen jetzt richtig bin«, sagte ein Mann etwas zögernd, »man hat mich weitergeleitet und ...«
»Um was geht es?«
»Karl Herzog. Der Name sagt Ihnen etwas?«
»Karl Herzog?« Braig war sofort hellwach. Er drückte die Aufnahmetaste, ließ das Gespräch aufzeichnen. »Wissen Sie etwas über ihn?«
»Dann bin ich bei Ihnen an der richtigen Stelle?«
»Allerdings«, erklärte der Kommissar, »mein Name ist Braig. – Landeskriminalamt.«
»Dann erzähle ich Ihnen alles noch einmal. Es ist sehr umständlich. Ich wusste nicht, an wen ich mich wenden kann. Ihre Kollegen hatten ebenfalls keine Ahnung. Und als ich vorhin voller Entsetzen von Karls Tod in der Zeitung las ...«
»Sie haben heute Morgen erst von seinem Tod erfahren?«
»Was glauben Sie denn? Woher soll ich sonst davon gehört haben? Wir hatten seit längerem keine näheren Kontakte mehr. Leider. Seit er sich dauernd im Ausland aufhält ...«
»Was wissen Sie über Karl Herzog?« Braig versuchte, das Gespräch auf den Punkt zu bringen. »Erzählen Sie bitte!«
»Wir wollten uns treffen. Am Sonntagabend. Karl und ich sind befreundet. Seit langem.« Der Mann sprach in kurzen, abgehackten Sätzen.
»Sie besuchten ein Mozart-Konzert?«
»Oh, Sie kennen unsere gemeinsame Passion?«
»Nur andeutungsweise«, antwortete Braig, »darf ich Ihren Namen wissen?«
»Roller«, sagte der Mann, »Tobias Roller. Das mit dem Konzert stimmt so aber nicht.«
»Sondern?« Der Kommissar nahm ein Blatt, notierte sich den Namen
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