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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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starke Hand, der Vater. Der Kerl, der eine Zeit lang bei ihnen lebte, hielt es nicht lange aus.«
    »Eiding?«, fragte Braig.
    »Ich kann mich nicht mehr an den Namen erinnern. Mag sein, dass er so hieß. Hauptsache, die zahlten 200 Mark zusätzlich, so lange er hier war. Deshalb weiß ich es genau, dass er es nicht lange aushielt. Vier, fünf Monate, ein halbes Jahr vielleicht. Der junge Verbrecher ekelte ihn raus. Das Geschrei zwischen den beiden ging manchmal stundenlang. Abend für Abend. Bis ich hochkam und mit einer Anzeige drohte.«
    Kühnle packte die nächste Kiste, schleifte sie in die Garage. Die Anwesenheit der beiden Beamten hielt ihn nicht davon ab, seine Arbeit zu erledigen. »Jedenfalls, am 14. Mai war der Terror endlich vorbei. Wer weiß, was passiert wäre, hätte der Kerl noch länger bei uns gewohnt. Irgendwann hätten sie mich eingelocht. Lebenslänglich.«
    »Sie?«, fragte Braig verblüfft.
    »Wissen Sie etwa nicht, was das Schwein uns angetan hat?« brüllte Kühnle aus der Garage. Er stellte die Kiste mit solchem Schwung auf der anderen ab, dass das Holz an der Seite splitterte. Mehrere Scheite flogen wieder durch die Luft, landeten vor Braigs und Söhnles Füßen.
    Der Kommissar blieb ruhig, antwortete nicht. Kühnle baute sich, die Hände in die Seite gestemmt, vor ihm auf. Seine Augen waren nur noch schmale Schlitze.
    »Ich hatte mir schon das Messer besorgt«, zischte er, »ich zeige es Ihnen gern, damit Sie sehen, von was ich rede.«
    Kühnle stapfte wieder in die Garage, kramte in der Schublade eines alten Schrankes. Nach kurzer Suche hatte er einen schmalen Gegenstand gefunden, brachte ihn ans Licht.
    Braig sah, dass die Klinge mindestens 20 Zentimeter lang, dazu scharf wie ein Rasiermesser war. Ein teuflisch gefährliches Gerät.
    »Für das Schwein gedacht, nur für ihn«, erklärte der Mann.
    Braig streckte schützend seine Hände vor seinen Leib. »Gab es einen konkreten Anlass?«, fragte er.
    Das Gesicht Kühnles hatte sich vor Hass und Wut verzerrt. Er fuchtelte mit dem Messer in der Luft herum.
    Braig und Söhnle traten unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Er wollte meine Enkelin verge...«, zischte Kühnle. Sein Kopf drohte zu zerspringen, die Haut war tiefrot angelaufen, als leide er unter lebensbedrohendem Bluthochdruck.
    Braig wagte kaum, weitere Fragen zu stellen. »Hier?« Er zeigte vorsichtig auf das Haus.
    »Verstehen Sie jetzt?« stöhnte Kühnle. Seine Stimme klang gepresst, wie die einer alten, heiseren Frau.
    Braig nickte.
    »Verge...« Kühnle rang um Luft. Er sprach jetzt so leise, dass Braig die nächsten Worte nicht verstand, weil ein Auto auf der Straße vorbeifuhr, »... gerade noch erwischt. Lena war 15, ein Kind. Ich habe den Kerl halb tot geschlagen, verstehen sie, halb tot. Hätte meine Frau ihn nicht ins Krankenhaus gebracht, wer weiß. Und dann wollten sie mich anzeigen, wegen schwerer Körperverletzung und Gewalt gegen Minderjährige und so. Das Schwein war schließlich erst 17.« Er atmete schwer, hatte Mühe, sich zu beruhigen.
    Braig spürte, dass es keinen Sinn hatte, Kühnle länger mit Fragen zu quälen. Bei ihm nach Stecher zu fahnden, war vollkommen überflüssig. In seinem Haus gab es garantiert keine Zuflucht für den flüchtigen Verbrecher. Überall, nur nicht hier.
    Kühnle schüttelte den Kopf, wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Manchmal wache ich auf, mitten in der Nacht. Lena schreit, ich höre es deutlich. Sie schreit um Hilfe, droben in seiner Wohnung. Ich schrecke aus dem Schlaf und höre ihre Stimme. Völlig verzweifelt: »Hilfe!« Ich versuche, aus dem Bett zu springen, um ihr zu helfen, nichts tut sich. Meine Arme, meine Beine, alles ist gelähmt. Nur Lena schreit. Sie schreit und schreit und ich kann nichts tun. Und dann sehe ich die Fratze des Verbrechers vor mir und er lacht mir höhnisch ins Gesicht, während sie immer noch schreit und ich bin völlig ohnmächtig und versuche, mich aus meiner Erstarrung zu lösen. Aber nichts tut sich. Nur ihr Schreien. Hilfe! Wissen Sie, wie ich mich fühle, nach einer dieser Nächte?« Er rang um Luft, atmete in kurzen Stößen. »Dazuliegen, ihr Schreien zu hören und nicht helfen zu können? Alle Glieder sind vor Angst gelähmt, das Herz jagt. Weiß Gott, es hat nicht viel gefehlt.«
    Braig wollte ihm Ruhe lassen, dachte daran, sich zu verabschieden.
    Kühnle begann ohne Aufforderung weiterzuerzählen.
    »Elf tote Katzen haben wir gezählt, hier in unserem Garten.
    Alle ohne Kopf,

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