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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Festgenommene. Eine junge, sportlich wirkende Frau, deren Stirn über dem linken Auge eine dicke Blutkruste zierte und deren Sweatshirt von mehreren Rissen gezeichnet war sowie ein Mann mit dünnem Oberlippenbart, der Braig irgendwoher bekannt vorkam und einen völlig ramponierten, teilweise zerrissenen, teilweise grün und braun verschmierten Anzug trug.
    »Wo ist das Opfer?«, fragte Braig.
    Der Uniformierte deutete in den Park. »Fuffzg Meter oberhalb«, erklärte er in seinem bayrischen Dialekt. »Zwoa Kollegen san dort.«
    »Wer ist es? Sie haben den Namen der Person?«
    Der Mann mit dem ramponierten Anzug mischte sich ins Gespräch. »Matthias Harf, einer unserer Gäste.«
    Braig erkannte den Mann an seiner Stimme, ohne dass ihm sein Name einfiel. Er hatte ihn im Fernsehen schon zwei-, dreimal gesehen. Ein bekannter Journalist, der eine Talkshow moderierte.
    »Harf?«, fragte er, »wo stammt er her?«
    »München«, erklärte der Moderator, »er ist ein führender Fernsehmanager.«
    »Die Spurensicherung ist verständigt?«
    »Alles erledigt«, antwortete der uniformierte Kollege, »i hoff, die kommen bald.«
    Braig kam vorsichtig zu dem Thema, das ihn am meisten interessierte. »Angeblich soll ein blonder Mann geflohen sein. Ist das richtig? Oder sind Sie der einzige Täter?« Er wandte sich an den Mann in Handschellen.
    Der Angesprochene reagierte nicht.
    »Der behauptet, er wars gar net«, spottete der Polizeibeamte und lachte, »dabei ham die ihm die Pistole weggnommen!« Er zog eine Waffe aus seiner Tasche, streckte sie vor. »Märchen will er uns erzählen, der feine Herr.«
    »Ein blonder Mann«, erinnerte Braig, »angeblich soll er ...«
    Dann ging alles so schnell, dass Braig erst reagieren konnte, als es bereits zu spät war. Der Festgenommene schnellte vor, riss seine Hände hoch, packte die Pistole, die der uniformierte Beamte immer noch demonstrativ präsentierte, warf sich Söhnle in den Rücken, der auf der Seite stand.
    »Macht den Weg frei«, brüllte der Mann, »oder ich knalle den Kerl ab.« Er drückte Söhnle die Waffe in den Leib, sah mit fahrigen Blicken um sich. »Los – weg da vorne!«
    Braig, mitten in seinem Satz unterbrochen, brauchte nicht lange zu überlegen. Die Situation war eindeutig. Der bieder und harmlos wirkende Mann mit dem schütteren dunklen Haar und der verbogenen Brille hatte die fahrlässige Dummheit des uniformierten Beamten blitzschnell ausgenutzt und das Heft übernommen. Er wirkte aufgedreht und nervös, hektisch und unberechenbar. Und er hatte eine Waffe und Bernhard Söhnle als Geisel in seiner Hand.
    Braig drückte die Leute zur Seite, versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren. »Ihre Handschellen«, sagte er vorsichtig, »Sie haben keine Chance.«
    Der Mann reagierte hysterisch. »Ruhe!« brüllte er, »macht endlich den Weg frei!« Er hielt immer noch beide Arme hoch, von den Handfesseln gehandicapt, die Pistole auf Söhnles Rücken gerichtet.
    Braig wusste nicht, ob die Waffe entsichert war, musste alles tun, um das Leben des Kollegen zu schützen. Es hatte keinen Sinn, auf Zeit zu spielen, auf die in Handschellen gelegten Arme des Kidnappers zu hoffen, die seine Bewegungsfreiheit drastisch einschränkten.
    Der Mann wurde immer nervöser und hektischer, damit auch immer unberechenbarer und gefährlicher. Sie mussten ihm nachgeben, vorerst zumindest, Söhnles Leben und Gesundheit zuliebe.
    »Okay«, erklärte Braig, »wir machen den Weg frei.«
    Die Leute traten noch weiter ins Dunkel zurück, warteten auf die Reaktion des Mannes.
    »Keiner bewegt sich«, brüllte der, drückte dann Söhnle zur Seite, riss ihn mit sich, lief auf das Tor zu.
    Niemand in der Gruppe gab einen Ton von sich, keine Bewegung, kein unnötiger Laut. Braig hatte keine Chance, seine Waffe zu benutzen. Das Licht reichte nicht aus, den flüchtigen Kidnapper richtig zu erkennen, Schatten von Büschen und Bäumen verschluckten ihn alle paar Meter, dazu sah sich Braig selbst vom hellen Schein einer nahen Laterne geblendet. Söhnles Körper war kaum von dem des Verbrechers zu unterscheiden, zu clever verbarg sich der flüchtende Mann hinter dem Polizeibeamten. Er hatte das Tor erreicht, brüllte den Wärter an, es frei zu geben, verschwand mit Söhnle hinter dem Eisengitter.
    Braig bat die Leute, ruhig zu bleiben, bewegte sich langsam auf das Tor zu. Die Schreie des Kidnappers waren deutlich zu hören.
    Der Mann fuchtelte mit erhobenen Händen mit der Pistole durch die Luft, zielte

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