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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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acht Streifenwagen suchten Dettingen weiter nach dem flüchtigen Kidnapper ab, verbreiteten über Lautsprecher Hinweise auf und Warnungen vor dem unberechenbaren Täter. Keine Straße, kein Platz, kein Weg, der ohne Überprüfung blieb.
    Als die dunklen Wolken samt ihren intensiven Niederschlägen kurz vor drei endgültig Richtung Osten abzogen und die ersten Sonnenstrahlen die von Wasserflächen übersäte Landschaft in ein völlig neues Bild tauchten, war nicht ein einziger brauchbarer Hinweis auf den Mann eingegangen. Er schien spurlos vom Erdboden verschwunden.
    »Wir müssen alle Häuser und alle Wohnungen abklappern. Wahrscheinlich hat er genau wie in Bietigheim eine Familie bedroht und sich gewaltsam Einlass verschafft«, meinte Neundorf. »Und neue Geiseln sind schon in seiner Gewalt.«
    Braig schüttelte den Kopf. »Wenn das zutrifft, ist es zu spät. Dann ist er mit deren Fahrzeug längst verschwunden.«
    »Obwohl wir alles überwachen ließen?«
    »Im Schutz des Regens war das kein großes Risiko. Die Insassen der Fahrzeuge waren doch überhaupt nicht zu erkennen. Die Kollegen konzentrierten sich auf den roten Astra mit zwei Männern als Fahrgästen, mehr konnten sie gar nicht bewerkstelligen. Und Merz ist längst mit einem anderen Auto über alle Berge.«
    Neundorf nickte resignierend mit dem Kopf. »So sehr ich mich dagegen sträube, ich fürchte, du hast Recht.«
    »Hauptsache, er hat Bernhard nicht mehr in seiner Gewalt. Das ist das Wichtigste, mehr können wir im Moment ...«
    Braig wurde vom lauten Hupen eines Zuges unterbrochen. Der Gedanke kam ihm im gleichen Moment, als er den kleinen Triebwagen sah. Die Bahn fuhr in weniger als zweihundert Metern Entfernung an ihnen vorbei. Braig starrte ihr mit großen Augen nach.
    »Wo fährt der hin?«
    Neundorf begriff sofort.
    »Nach Metzingen und Reutlingen«, antwortete ein uniformierter Kollege, »und in der Gegenrichtung nach Urach.«
    »Ist ein Bahnhof in der Nähe?«
    Der Beamte nickte, zeigte in die Richtung, in die der Zug verschwand. »Dreihundert Meter entfernt vielleicht. Dettingen-Freibad.«
    »Fahren die Züge oft?«
    »Jede Stunde einer, in jede Richtung. Immer zur gleichen Zeit.«
    »Das wäre es doch«, meinte Braig, sah Neundorf fragend an. »Oder?«
    Sie nickte. »Ruf an, lass dir die Lokführer und Schaffner geben. Wie viel Uhr war es, als uns das Auto entkam?«
    »Vor zwei Stunden vielleicht, gegen Eins.«
    »Dann kommen insgesamt vier Züge in Frage«, überlegte Neundorf, ihre Uhr betrachtend, »wenn ich das richtig sehe.« Braig rief bei der Bundesbahn an, ließ sich mit dem zuständigen Beamten verbinden.
    »Die Züge werden von der DB Zug/Bus-Regionalverkehr Alb-Bodensee GmbH betrieben«, erklärte ihm der Mann, »ich gebe Ihnen die Nummer, versuchen Sie es dort.«
    Er notierte sie, hatte sofort Erfolg. »Ich verbinde Sie am besten gleich mit einem unserer Lokführer«, erbot sich der Angestellte der Regionalverkehrsfirma freundlich, »vielleicht erinnert er sich, wenn nicht zu viele Leute eingestiegen sind. Unsere Züge fahren um diese Zeit immer zwischen Reutlingen und Bad Urach hin und her, also nur ein Fahrer. So, ich übergebe.«
    Wenige Minuten später hatten sie die Gewissheit. Der Lokführer erinnerte sich noch gut an einen völlig durchnässten Mann, der um 13.18 Uhr an der Station Dettingen-Freibad zugestiegen war. Da es sich um eine Bedarfshaltestelle handelte, bei der die Züge nur stoppten, wenn Reisende Interesse zeigten, hatte er vergeblich auf eine Reaktion des etwa 50 Meter vom Bahnsteig entfernt im strömenden Regen laufenden Mannes gewartet. Erst als er den Zug wieder beschleunigen wollte, war die über und über von Wasser triefende Gestalt auf die Bahn zugerannt, was ihn zu einem heftigen Bremsmanöver veranlasst hatte – angesichts des überaus vollen Zuges ein riskantes Unterfangen.
    »Das könnte passen«, meinte Braig, »Merz wusste nicht, wohin, nahm den Zug als Ausweg selbst erst in letzter Sekunde wahr.«
    Zum Aussehen des Mannes konnte der Lokführer nichts sagen, die Sicht war aufgrund des intensiven Regens so schlecht gewesen, dass er größte Mühe gehabt hatte, ihn draußen überhaupt zu erkennen.
    »Sie wissen nicht, wo diese Person ausstieg?«
    Braig hegte keine Hoffnung auf eine Antwort, hatte der Lokführer doch von einem überaus voll besetzten Zug gesprochen. Schüler und Einkaufstaschen schleppende Hausfrauen seien zahlreich unterwegs gewesen. Umso mehr wunderte sich der Kommissar über die

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