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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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spät.«
    »Sind das nicht zu viele Zufälle auf einmal? Zufällig im gleichen Moment wollen zwei Leute, die nichts voneinander wissen, demselben Typ an den Kragen ...«
    Das Läuten des Telefons unterbrach Braigs Überlegungen. Neundorf griff nach dem Hörer, riss die Augen weit auf. Braig wusste sofort, um was es ging.
    »Wo?«, schrie Neundorf aufgeregt, viel zu laut, in den Hörer. »Kirchheim unter Teck.« Sie griff nach einem Papier, notierte sich die Antwort. »Richtung Notzingen.«
    Braig las ihre Notizen.
    »Wie viele Leute sind in dem Auto?«, fragte sie.
    Braig sah ihre erhobene Hand, die zwei Finger, die sie ihm wie ein Siegeszeichen entgegenstreckte.
    »Ein Hubschrauber ist angefordert?« Neundorf nickte zufrieden mit dem Kopf. »Gut, Sie halten uns auf dem Laufenden? Danke.« Sie legte den Hörer auf, klopfte Braig fest auf den Rücken.
    »Sie haben den roten Astra entdeckt. Zwei Männer sind zu erkennen. Ich hoffe, dass es Bernhard gut geht.«
    »Ist ein Polizeifahrzeug in seiner Nähe?«
    »Zwei Zivilfahnder verfolgen sie. Alle Kollegen in der Umgebung sind verständigt. Der Hubschrauber ist ebenfalls unterwegs. Wir müssen jetzt aufs Ganze gehen. Der Kerl darf nicht weiter machen, wir können es Bernhard nicht zumuten. Fährst du mit?« Sie schnallte ihre Waffe um, trank ihre Tasse leer.
    Braig bejahte, ging in sein Büro, holte seine Pistole. Als sie ins Freie kamen, regnete es in Strömen. Der Himmel war rabenschwarz, die Scheibenwischer hatten Mühe, freie Sicht zu vermitteln. Braig presste sein Handy ans Ohr, versorgte Neundorf mit den neusten Informationen.
    »Reichenbach an der Fils. Richtung Plochingen?« Er ließ die Leitung stehen, starrte nach draußen. Die Schleusen des Himmels schienen bis zum äußersten Anschlag offen. »Die haben dieselben Probleme wie wir«, sagte er, »es gießt in Strömen. Hoffentlich verlieren sie den Astra nicht aus den Augen.«
    Neundorf bog auf die Bundesstraße ab, folgte dem kanalisierten Neckar. Die Fahrbahn hatte sich in einen einzigen großen See verwandelt, Fontänen jagten auf beiden Seiten der Autos in die Höhe.
    »Was sagt der Wetterbericht?« brummte Braig. »Hast du gehört, ob das lange so gehen soll?«
    Neundorf schüttelte den Kopf, starrte mit verbissener Miene nach vorne. »Wir müssen den Kerl kriegen, gleich ob es regnet oder nicht.«
    Sie passierten die Industrieflächen von Unter- und Obertürkheim, erreichten das Gebiet von Esslingen. Braig hatte das Handy am Ohr.
    »Wendlingen«, sagte er, »der weiß anscheinend überhaupt nicht mehr, was er will. Die Kollegen wundern sich. Der fährt total im Kreis.«
    »Sie sind direkt hinter ihm?«
    »Zwei Fahrzeuge«, erklärte Braig, »ein Streifenwagen ist dabei, hält sich aber noch etwas zurück.«
    »Wo ist der Hubschrauber?«
    »Im Anflug. Es regnet aber zu stark. Er muss zu weit nach unten, sein Einsatz ist vorerst nicht möglich.«
    Zwanzig Minuten später hatten sie Nürtingen erreicht. Der rote Astra bog gerade von Neuffen Richtung Metzingen ab.
    »Metzingen?«, fragte Neundorf. »Mein Gott, der fährt wohl nur noch planlos umher, oder? Das war doch ein riesiger Umweg. Dann nehmen wir die Bundesstraße.«
    »Oder er sucht dort in der Nähe nach einem Unterschlupf. Der Kerl muss doch vollkommen erschöpft sein.«
    »Erschöpft und übermüdet. Der kam die ganze Nacht nicht zum Schlaf. Das ist verdammt gefährlich. In der Situation ist der unberechenbar.«
    Sie waren noch zehn Kilometer vor Metzingen, als der neue Funkspruch kam.
    »Der biegt ab«, sagte Braig, »Richtung Dettingen.«
    »Mist. Dann müssen wir schnell hier runter.«
    Der Himmel lag nach wie vor hinter dicken Wolken, der Regen strömte unablässig. Vom Albtrauf, dem mehr als 300 Meter hoch steil aufragenden Kamm der Schwäbischen Alb unmittelbar vor ihnen, war nichts zu sehen.
    Neundorf bog von der Bundesstraße ab, nahm die Straße Richtung Dettingen. Sie kannte die Gegend, hatte das in der Nähe gelegene Bad Urach an freien Tagen schon mehrfach besucht. Sie erinnerte Wanderungen zum Wasserfall, die Aussicht von der Burgruine Hohenurach, Spaziergänge im fachwerkbestückten Erholungsort, der früher einmal der Sitz der Herrscher Württembergs gewesen war. Ein Stück heile Welt, jedenfalls für Ausflügler und Touristen, die sich nur für Momente ihres Lebens hierher begaben.
    »Wie bitte?« brüllte Braig, unmittelbar neben ihr. Erschrocken warf sie ihm einen Blick zu. Er wand sich aufgeregt in seinem Sitz hin und her,

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