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Schwaben-Wut

Schwaben-Wut

Titel: Schwaben-Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Bock sucht sich sein Opfer. Wie auf dem Video.«
    Braig notierte das Kennzeichen des Daimler, gab es an die in Bahnhofsnähe postierten Kollegen weiter. »Ich denke, in wenigen Minuten ist es soweit. Der Kerl wird bald bei euch auftauchen.«
    Dann ging alles blitzschnell. Die Tür des Fahrzeugs wurde geöffnet, ein stämmiger großer Mann trat aus dem Haus, sah sich kurz um, drückte dann eine Frau in den Wagen, knallte die Tür zu. Der Daimler scherte auf die Straße, fuhr hinter dem Pulk, der das Gebäude gerade passiert hatte, weiter.
    »Das Fahrzeug kommt jetzt bei euch vorbei«, verständigte Braig die Kollegen, »er fährt am Ende von etwa fünfzehn anderen Wagen. Sobald ihr vier-, fünfhundert Meter weg seid, Zugriff.«
    Er hörte die zustimmende Antwort der Beamten, wartete auf ihre Informationen.
    »Wir sind hinter ihm, Berliner Straße. Er biegt ab, die Schelztor stadtauswärts, wir folgen. So, jetzt kurz vor der Schlachthausstraße greifen wir zu.« Wenige Sekunden Funkstille, dann ein neuer Bescheid. »Wir haben ihn. Es ging problemlos, keine Gegenwehr.« Kurzer Tumult im Hintergrund, aufgeregte Stimmen, die laute Bemerkung des Kollegen. »Sieh an, der Herr Bürgermeister.«
    »Bürgermeister?«, fragte Braig.
    Neundorf zeigte auf die Straße. »Es geht weiter.«
    Wieder stoppte ein dunkles Fahrzeug vor dem Haus, eine geräumige Limousine, die Tür wurde geöffnet. Braig erkannte den Wagen auf den ersten Blick. »Oh, ein alter Bekannter. Das Video. Klar?«
    Neundorf begriff sofort, gab ihm recht. Es war die Limousine, die auch auf dem Video zu sehen war. Ein Fahrzeug mit Stuttgarter Kennzeichen.
    »Der Herr scheint größeren Bedarf zu haben. Jedes Wochenende frischen ...« Sie verstummte, nahm überrascht wahr, dass das Auto weiterfuhr, ohne eine der Frauen mitgenommen zu haben. »Hast du die Nummer?«
    Braig nickte. »Wahrscheinlich war er mit dem Angebot nicht zufrieden.«
    »Mist! Den Kerl hätte ich mir gern persönlich zur Brust genommen. Jetzt haben wir keine Beweise gegen ihn in der Hand.«
    »Den Film.«
    »Kannst du beweisen, dass er in dem Karren sitzt?«
    Braig schwieg, verfolgte den Zug, der auf der nahen Bahnstrecke an ihnen vorbeischoss.
    »Wir haben den Kerl festgenommen«, meldete sich der Kollege über Funk. »Wissen Sie, wen wir da vor uns haben?«
    Neundorf wurde ungeduldig. »Packen Sie schon aus, Mann!«
    »Es handelt sich um den Bürgermeister von ...«
    Eine Autotür knallte ins Schloss, eine Männerstimme schrie vor Wut laut auf. Die Verbindung war für Sekunden unterbrochen. Mit nervöser Stimme meldete sich der Beamte zurück. »Kurze Auseinandersetzung«, erklärte er, »wir mussten einschreiten.«
    Günther Knödler wandte sich mit lächelnder Miene an Neundorf. »Da tummeln sich viele aus dem Öffentlichen Leben bekannte Herren«, meinte er, »wenn Sie sich länger mit der Materie befassen, kommen Sie oft aus dem Staunen nicht mehr heraus. Manchmal frage ich mich, ob da nicht weiterreichende Zusammenhänge existieren.«
    Neundorf verstand nicht, worauf er hinauswollte. »Welcher Art?«
    »Dass Leute, die ihre Gesichter gerne in Kameras halten, überraschend häufig sexuelle Gymnastiken bevorzugen, die ich – vorsichtig formuliert – für äußerst ungewöhnlich erachte.«
    »Ist der Wahn, ständig im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen zu müssen, nicht auch eine Art sexueller Befriedigung?«
    Knödler lachte leise. »Sigmund Freud würde Ihnen sicher zustimmen. Auf jeden Fall ist es eine völlig unschwäbische Angewohnheit.«
    Der Beamte am anderen Ende der Verbindung meldete sich wieder, erklärte irgendetwas von einer festgenommenen Person.
    »Was ist mit der Frau?«, fragte Neundorf.
    »Frau? Sie sind gut. Die ist keine 18, ich fürchte, nicht mal 17. Hockt im Auto, heult, klappert vor Angst mit den Zähnen, bringt kein Wort raus. Ich glaube, die spricht sowieso kein Deutsch.«
    Neundorf spürte die Wut in sich, hatte Mühe, sich zurückzuhalten. »Bringt das Schwein bitte aufs Revier, wie vereinbart. Und das Mädchen zu der Kollegin. Sie soll sich um sie kümmern, bis wir Zeit haben.«
    Sie beendete das Gespräch, weil sie einen mit einem Anzug bekleideten Mann auf dem Gehweg entlang der viel befahrenen Straße auf das Haus zugehen sah. Ein Autopulk schoss an ihm vorbei, hüllte ihn in eine Wolke von Staub und Abgasen. Der Mann blieb stehen, klopfte sich den Schmutz von der Jacke, zog ein Handy vor, wählte. Nach einem kurzen Wortwechsel lief er weiter. Gerade noch

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