Schwaben-Zorn
vorstellen werde. Wo kann ich Sie erreichen?«
Sein Gesprächspartner seufzte laut, gab mehrere leise vor sich hin genuschelte Verwünschungen und Flüche von sich. »Ich arbeite in der Wilhelma. Im Pflanzenschauhaus«, erklärte er, ergänzte dann nach kurzem Zögern: »Aber bitte ohne Blaulicht. Von Ihrer Ankunft muss nicht die ganze Stadt erfahren.«
Braig nahm die Worte seines Gesprächspartners kaum mehr wahr. Er starrte nur auf den Monitor, überflog wieder und wieder Markus Böhmers Strafregister. Der Mann war vor nicht einmal zwei Jahren über eine Frau hergefallen und hatte sie schwer misshandelt. – Nur einen Steinwurf von Waiblingen entfernt.
14. Kapitel
Gab es noch Zweifel, dass er auf der richtigen Spur war?
Der Drucker hatte das Papier mit Böhmers Strafregister gerade ausgespuckt, als das Telefon läutete. Braig beugte sich zur Seite, griff nach dem Hörer. Katrin Neundorf war in der Leitung.
»Wie kommst du voran?«, fragte sie.
Er zog das Papier aus dem Drucker, erklärte seiner Kollegin den Stand der Ermittlungen.
Neundorf pfiff Beifall heischend durch die Zähne. »Ein bigotter Fundamentalist und ein wegen Misshandlung einer Frau vorbestrafter Sterngucker. Ein interessantes Paar. Und du glaubst, einer von den beiden war es.«
»So weit bin ich noch nicht. Bei Bangler bin ich mir überhaupt nicht sicher, was ich von ihm halten soll, und von Böhmer weiß ich noch zu wenig. Ich muss mir den Typ jetzt erst einmal genau anschauen.«
»Weshalb wurde er verurteilt? Ich meine, was genau liegt vor?«
Er nahm das Papier, las ihr die entsprechenden Passagen vor. »›Markus Böhmer belästigte auf einer nächtlichen Sommerparty mehrere Frauen in stark alkoholisiertem Zustand. Er wurde in eindeutig sexueller Weise zudringlich und deshalb vom Veranstalter zum sofortigen Verlassen des Festgeländes aufgefordert. Böhmer kam diesem Ansinnen erst nach mehrmaliger Ermahnung und Androhung einer Anzeige nach. Im Anschluss an den Verweis hielt er sich im angrenzenden Gelände verborgen und lauerte einer jungen Frau auf, die zu ihrem Fahrzeug ging. Sie wollte gerade die Tür öffnen, als Böhmer von hinten über sie herfiel und sie auf den Boden warf. Weil sie sich wehrte, schlug er auf die Frau ein und verletzte sie schwer. Vor allem im Halsbereich und im Gesicht trug sie deutliche Blessuren davon. Nur durch einen zufällig das Gelände verlassenden Festbesucher konnte Böhmer überwältigt werden. Zum Zeitpunkt der Tat war der Angeklagte 19 Jahre alt. Er wurde vom Jugendgericht zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Vorfall ereignete sich im August 2001 in Fellbach.«‹
»Dann ist dieser Bangler vorerst aus der Schusslinie«, kommentierte Neundorf.
»So schnell würde ich das nicht sagen. Der Mann hat für die unmittelbare Tatzeit kein überwältigendes Alibi.«
Neundorf blieb einen Moment ruhig, überraschte ihn dann mit einem Vorschlag. »Wenn du willst, sehe ich mir den Mann heute noch persönlich an.«
»Du traust es dir zu?«, fragte Braig. »Ich meine, wegen deiner Gesundheit?«
»Mir geht es besser. Das ist kein Problem. Gib mir bitte seine Nummer und die Adresse.«
Er suchte nach dem Blatt mit Banglers Daten, gab sie ihr durch.
»Ich melde mich«, sagte Neundorf, »sobald ich mit ihm gesprochen habe.«
Braig bedankte sich für ihre Hilfe, verabschiedete sich. Er lief zum Waschbecken, spülte die Tasse sauber, hielt seine Hände in den Strahl, trank von dem klaren Wasser. Die Kopfschmerzen hatten sich gelegt, nur das immer bohrendere Hungergefühl in seinem Leib machte ihm zu schaffen.
Er schaute auf seine Uhr, es war kurz nach eins. Kein Wunder, dass sein Magen revoltierte. Hatte er die Zeit, ein Mittagessen in der Kantine einzuschieben?
Braig sah das ausgedruckte Personenregister Markus Böhmers auf dem Schreibtisch liegen, entschied sich dafür, den Mann sofort aufzusuchen. Um seinen Hunger fürs Erste zu stillen, konnte er immer noch unterwegs bei einem Bäcker vorbeischauen.
Markus Böhmer war ein hoch aufgeschossener, junger Mann Anfang zwanzig. Auf den ersten Blick wirkte er nicht besonders Vertrauen erweckend: Seine glatten, strähnigen Haare gehörten sowohl gewaschen als auch geschnitten, sein Kinn von den ungleichmäßig sprießenden Stoppeln befreit, die von Schmutz und Schlieren überzogene Arbeitshose ebenso wie die Jacke gegen saubere Exemplare ausgetauscht. Böhmer kniete in der nassen Erde des vorderen Pflanzenschauhauses unter einem üppigen
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