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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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wir sofort los. Wir treffen uns auf dem Arsenalplatz.«
    Der Regen hatte zum Glück nachgelassen. Er hatte seinen Schirm in der Hektik des Aufbruchs im Amt vergessen, eilte nun mit großen Schritten zum Parkplatz. Als er den Dienstwagen erreicht hatte, spürte er allerdings doch Feuchtigkeit den Nacken hinabkriechen. Seine Kollegen hatten bereits Platz genommen. Er riss die Tür auf, schüttelte sich, ließ sich neben Wintterlin auf den hinteren Sitz fallen.
    »Dann holen wir uns den Kerl«, brummte Felsentretter. Seine bullige Gestalt passte nur mit Mühe hinters Steuerrad. »Mal sehen, was er zu sagen hat.« Er startete das Fahrzeug, verließ den Parkplatz.
    »Du weißt, wo das Autohaus liegt?«, fragte Braig, noch außer Atem vom schnellen Laufen.
    »Wir haben es auf dem Stadtplan gefunden«, erklärte Wintterlin. Sie bogen auf die Wilhelmstraße ein, fuhren dann Richtung Eglosheim. »Frau Besler meinte, Pflüger habe eine feste Anstellung bei dieser Firma. Also ist wohl anzunehmen, dass sich nichts daran geändert hat«, setzte die Kollegin hinzu.
    »Wie alt ist der Mann?«
    »Anfangs dreißig, glaubte sie. Genau wusste sie es nicht, weil ihr Verhältnis zu ihrer Schwester nicht besonders gut sei.«
    »Aber sie hat ihn trotzdem sofort erkannt?«
    Wintterlin drehte sich zur Seite, nickte mit dem Kopf. »Sie sah ihn fast jedes Wochenende. Wenn sie sich bei ihren Eltern in Marbach trafen.«
    »Mich wundert nur, dass ihn sonst niemand erkannte«, sagte Braig. »Immerhin arbeitet er in Ludwigsburg. Aber außer der Buchhändlerin und dieser Frau Besler kann sich niemand an ihn erinnern. Oder habt ihr andere Erfahrungen gemacht?« Er sah, wie Neundorf und Felsentretter die Köpfe schüttelten.
    »Das braucht dich nicht zu wundern«, erwiderte Wintterlin, »er stammt nicht von hier. Frau Besler meinte, Pflüger sei erst vor etwas mehr als einem Jahr zugezogen. Irgendwo aus dem Norden.« Sie schwieg, starrte nach draußen.
    Felsentretter hatte den Wagen abgebremst und am Fahrbahnrand zum Halten gebracht. »Dort vorne ist es«, sagte er.
    Sie stiegen aus, folgten der Straße, erreichten das weitläufige Gelände des Autohauses. Gebrauchtwagen verschiedener Marken parkten auf dem Hof, Preisschilder hinter den Scheibenwischern. Menschen waren nirgends zu sehen, das triste Novemberwetter wirkte offensichtlich abschreckend auf Interessenten.
    »Ich schlage vor, wir trennen uns«, sagte Neundorf. »Zwei warten hier draußen, für den Notfall.« Sie sah die Zustimmung der Kollegen, steuerte mit Braig auf die Glasfront des Hauptgebäudes zu. Im Inneren brannte Licht, mehrere Fahrzeuge thronten auf runden Podesten, von verschiedenfarbigen Strahlern in Szene gesetzt.
    Braig öffnete die Tür, sah zwei Männer in einem kleinen Büro hinter Computermonitoren sitzen. Als sie die Ausstellungshalle betraten, federte der Ältere von seinem Platz, eilte mit weit ausgebreiteten Armen auf sie zu.
    »Einen wunderschönen Tag, meine Dame, mein Herr, wir freuen uns, Sie bei uns begrüßen zu dürfen.« Er hatte modisch kurze Haare, kahl rasierte Schläfen, ein schmales, kantiges Gesicht, trug einen hellgrauen Anzug, dazu ein weißes Hemd und eine blaugelb gepunktete Krawatte, streckte ihnen seine rechte Hand zum Gruß entgegen. »Mein Name ist Mösle, ich heiße Sie herzlich willkommen.«
    Braig machte ebenso wie seine Kollegin keine Anstalten, auf die Geste des Mannes einzugehen, warf ihm einen skeptischen Blick zu. Er fühlte sich angewidert, hatte Mühe, seine Abneigung zu überspielen. »Wir würden uns gerne von Ihrem Kollegen beraten lassen, Herrn Pflüger«, sagte er.
    Der Mann stutzte, starrte verwundert zuerst Braig, dann Neundorf an, nahm zögernd seine ausgestreckte Hand zurück. Ihm war deutlich anzusehen, dass er nicht mit solch einer Reaktion gerechnet hatte. »Herr Pflüger«, wiederholte er mit leicht beleidigtem Unterton in der Stimme, »bitte, wenn Sie es so wollen.« Er deutete eine leichte Verbeugung an, lief zurück ins Büro, redete mit seinem Kollegen. Eine Wolke herben Rasierwassers hing in der Luft.
    Braig beobachtete die Szene, erkannte Pflüger sofort. Der Mann, der jetzt auf sie zukam, sah dem von Daniel Schiek erstellten Bild verblüffend ähnlich. Die Buchhändlerin, Frau Haiges, hatte sich sein Aussehen außergewöhnlich gut eingeprägt. Pflüger schien Mitte dreißig, trug wie sein Kollege eine modische Kurzhaarfrisur, dazu einen hellgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine unscheinbare, beigefarbene Krawatte.

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