Schwach vor Sehnsucht
hatte, war ihr ein Rätsel. Und sie wagte nicht einmal zu vermuten, warum er rote Rosen gewählt hatte. Sie freute sich jedoch sehr über die Blumen, und sie beruhigten einige Wochen lang ihre Mutter. Aber als die Monate vergingen und er sich nicht wieder meldete, verzweifelte ihre Mutter. Joanna verzweifelte auch, glaubte jedoch, es gut zu verbergen.
Offensichtlich nicht gut genug. Sie hatte Dan nicht täuschen können.
“Du würdest es ihm nicht einmal dann sagen, wenn du wüsstest, wo er ist. Du bist ein Mitglied der so gena nnten Oberschicht, Mrs. Radcliffe”, spottete Dan. “Und Worte wie
,Liebe’ und ,Treue’ fallen in deinen exklusiven Kreisen nicht.”
Joanna musste einfach lächeln. “Das ist umgekehrter Snobismus, Mr. Cameron.”
“Vielleicht. Es stimmt trotzdem.”
“Tina und Patrick sind glücklich zusammen und haben keine Angst, es zu zeigen”, verteidigte Joanna “ihre Kreise”. Als sie Dan zum ersten Mal zu einer Party bei Tina und Patrick mitgenommen hatte, war es eine unangenehme und peinliche Erfahrung gewesen, doch Joanna hatte darauf bestanden, ihre alten und neuen Freunde zusammenzubringen.
“Ja”, räumte Dan ein. “Aber die meisten in dieser Clique wissen nicht einmal, was Liebe ist.
Ich verstehe wirklich nicht, wie du diese Leute erträgst.”
Joanna entgegnete: “So schlimm sind sie gar nicht.”
Er verzog das Gesicht, sagte jedoch nichts mehr dazu. “Findet die Party trotzdem morgen Abend statt?”
“Ohne den Ehrengast ist sie Zeitverschwendung.” Joanna seufzte laut.
“Das passiert, wenn man dem Mann nicht mitteilt, dass man eine Party für ihn gibt!”
“Ich dachte wirklich, er würde inzwischen zurück sein.” Joanna hatte Joshua zeigen wollen, dass sie sich über seine Kückkehr freute. “Ich fahre jetzt zum Haus. Vielleicht hat Mrs.
Barnaby etwas von ihm gehört.”
“Ist das ein Wink?”
Joanna lachte. “Wie hast du das nur erraten?”
Dan, der im Schneidersitz auf dem Boden in ihrem Wohnzimmer saß, sammelte seine Skizzen und den Zeichenblock ein und stand auf. Sie arbeiteten oft den ganzen Tag zusammen, abwechselnd in seiner und ihrer Wohnung. “Warum rufst du die Haushälterin nicht einfach an?”
“Sie zu besuchen ist persönlicher. Außerdem ist Joshua vielleicht dort, und dann …”
“Und dann kannst du mit ihm sprechen? Meinst du etwa, er ist schon zurück und will dich nicht sehen?”
Joanna wurde rot. “Ich … ich weiß nicht. Er … Ich …”
“He, tut mir Leid, Jo!” Dan umarmte sie. “Ich wollte mich nicht einmischen. Deine Ehe ist deine Sache. Ich muss sowieso los, sonst wird eine große, langbeinige Lady sehr enttäuscht sein.” Er lächelte anzüglich.
Sein Humor heiterte Joanna auf, und sie befreite sich lachend. “Und das wollen wir ja nicht, stimmt’s?”
“Unter keinen Umständen!” Dan zog seine Bomberjacke an. “Ich bringe die Rote zur Party mit, dann kannst du mir sagen, was du von ihr hältst.”
Joanna begleitete ihn zur Tür. “Die Rote?”
“Sie hat herrliches rotes Haar bis zum …”
“Dan!”
Er lachte leise und küsste Joanna liebevoll auf die Wange. “Sie heißt übrigens Carmella. Und das ist das einzig Italienische an ihr. Glaube ich zumindest.”
“Ob es stimmt oder nicht, wirst du sicher herausfinden”, sagte Joanna lächelnd.
Ihr Lächeln verschwand, sobald Dan gegangen war. Sie hatte nicht erwartet, dass Joshua auf den Tag genau zurückkommen würde, aber er war jetzt zehn Tage tiberfällig. Die Party mit ihren neuen und den gemeinsamen alten Freunden sollte eine Geste sein. Sie wollte Joshua zeigen, dass ihr altes Leben und ihr neues Leben zusammengehörten, dass er und sie zusammengehörten. Da er nicht zurückgekehrt war, hatte die Geste jede Bedeutung verloren.
Zum Glück hatte sie auf den Einladungskarten nicht erwähnt, dass sie die Party für Joshua geben wollte. Die meisten Leute würden also nicht ahnen, dass ausgerechnet der Ehrengast fehlte. Vielleicht hatte Mrs. Barnaby ja an diesem Tag irgendetwas von ihm gehört.
“Nichts, Mrs. Radcliffe”, sagte die Haushälterin seufzend.
Joanna lächelte trotz ihrer Enttäuschung. “Wahrscheinlich wird er in den Staaten noch aufgehalten.”
“Wahrscheinlich.” Die andere Frau sah ziemlich niedergeschlagen aus.
“Ich gehe kurz nach oben. Ich … muss etwas aus meinem Zimmer holen.”
“Bleiben Sie zum Abendessen?”
Die Haushälterin sah sie so hoffnungsvoll an, dass Joanna es nicht fertig brachte,
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