Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
Vom Netzwerk:
weint. Man könnte uns als veraltet ausrangieren, jetzt nur beispielsweise.
    Ach so. Das sollten wir doch zu verhindern wissen.
    Meine ich auch. Du gehst?
     
    Auf was genau, fragte mein Lektor, ist das eigentlich ein Seitehieb.
    Auf die Dichter, sagte ich.
    Verstehe, sagte er. Und du willst das hier so stehen lassen.
    Klar, sagte ich.
    Du bist eher nicht so für Lyrik, wie?
    Ich?, sagte ich, ich schon, und wie. Mathias auch. Aber Frederik nicht. Ich dachte, das dient der besseren Anonymisierung.
    Guter Plan, sagte Olaf, sehr sehr guter Plan.
     
    Du gehst, fragte Sydow?
    David Stanjic war aufgestanden, wir gehen. Er schaute auf die Uhr über der Tür, Abendessen. Heute gibt es Pilzcrèmesuppe.
    Er wartete in der Diele, schon gespornt in Gummistiefel und Ölzeug, bis Sydow sich den Schal umgewickelt hatte.
    Ich würde Gummistiefel anziehen, sagte er, als er Anstalten machte, in seine Turnschuhe zu steigen, es schüttet.
    Sieht das nicht blöd aus?
    Stanjic schaute an sich herunter, das Ölzeug, die Gummistiefel, natürlich sieht das blöd aus, sagte er.
    Natürlich sah es blöd aus.
    Aber findest du wirklich, fragte er, du willst diese furchtbare Periode wiederholen, in der man als Jugendlicher lieber nasse Füße kriegt, als blöd auszusehen?
    Sydow zog die Turnschuhe wieder aus, nein, will ich nicht. Es war eine grässliche Zeit. Jugendlich sein ist sehr anstrengend, immer diese nassen Füße, nie einen Schirm mitnehmen, keine Jacke anziehen im Winter, sich nicht eincremen, wenn die Sonne scheint, Mann sein und jugendlich ist kein Zuckerschlecken. Wir können wirklich froh sein, dass sich das eine davon mit der Zeit von selbst erübrigt.
    Eben. Aber nicht traurig sein, wir haben ja noch die Jugend.
    Lass die Witze. Meine Identität als Mann ist gerade schwer angegriffen. Kein Job, keine Frau und jetzt schwinge ich auch noch das Tamburin für Musik der Erde. Ich sehe mich schon als abgehalfterter Bänkelsänger enden, dem man, wenn die richtigen Männer ins Feiern kommen, die Tschinellen über den Schädel zieht.
    Du hast zu viele Asterix gelesen.
    Stimmt. Seit dem Abend gestern bei Simon habe ich immer Troubadix vor Augen, wenn ich in den Spiegel schaue.
    Ach was, jetzt mit Jeans und vorhin im T-Shirt, oder wie heißt das, Muskelshirt?
    Das ist ein Unterhemd, du Trottel.
    Genau, im Unterhemd und den Jeans siehst du haargenau aus wie Grautvornix. Sogar die Frisur, genau wie bei Grautvornix, dieser schmissige Schrägscheitel, du bist der Beatnix unter den Galliern, du siehst aus, als hättest du den Beat im Blut.
    Ja danke, Grautvornix kommt auf der Peinlichkeitsskala direkt nach Troubadix, wenn du so weitermachst, ist mein Selbstbewusstsein völlig im Eimer. Der Beatnix unter den Galliern, Mann, ich singe so Sachen wie, die Mama ist auf den Markt gegangen.
    Ja, aber in dem Lied bringt sie dir ein Mädchen mit, aus Polen.
    Ich will aber nicht, dass meine Mama mir ein Mädchen aussucht, da lacht doch die ganze Analytikerzunft.
    Ich denke, du bist psychophob.
    So auch wieder nicht.
    Na, das ist doch schon ein Fortschritt. Wenn du willst, geb ich dir die Nummer von meinem Therapeuten.
    Lass die müden Scherze, du hast gar keinen Therapeuten.
    Wenn ich einen hätte, meine ich.
    Bin ich froh, gibts den Konjunktiv.
    Ich auch, Frederik, ich auch. Wollen wir?
    Ja. Auch ein Schirm?
    Warum nicht. Was ein richtiger Mann ist, kann sich alles erlauben, es ist der Sieg über die Jugend.
    Sie gingen ins Treppenhaus hinaus und Sydow zog die Tür hinter sich zu. Meinst du, fragte Stanjic, als sie die vier Treppen hinunterstiegen, Simon kommt heute auch mal wieder zum Essen?
    Nein, glaube ich nicht, Katharina sagt, er hat so viel zu tun.
    Wie findest du sie eigentlich.
    Katharina? Frederik von Sydow hielt die Haustür auf, spannte seinen Schirm auf und ließ Stanjic voraus nach draußen gehen, klasse finde ich sie, sie ist mein Schicksal, ich spürs.
    Stanjic schwieg. Er stapfte durch die Pfützen, das war kindisch, sicher, aber seit er nicht mehr so jung war, konnte er sich das wieder erlauben. Er schwieg, er war mit seinem Schneid am Ende. Wer zuletzt kommt, kommt auch an, machte er sich aber immer wieder Mut. Wer zuletzt kommt, murmelte er wacker, kommt auch an.

79. Man will die Mark zurück

    Weißt du, sagte mein Lektor beim nächsten Treffen, wir betraten zusammen das Liebling , was mir aufgefallen ist? Er hielt die Tür auf und kam hinter mir herein, Axel Huhn, er machte eine bedeutungsschwere Pause, Axel Huhn und dieser

Weitere Kostenlose Bücher