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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Umstände hin?«
    »Darauf, dass der Verstorbene durch Selbstmord zu Tode kam.«
    Ein allgemeines Raunen erhob sich, das mehr Enttäuschung als Erstaunen verriet. Furbelow wurde aufgerufen. Hartnäckig hielt er an seiner früheren Version der Geschichte fest.
    »Sie sind sich also ganz sicher, dass nach zehn nach elf niemand die Garderobe betreten oder verlassen hat?«
    Furbelow war sich ganz sicher. Der Coroner befragte ihn noch länger – weniger, vermutete Fen, um seine Aussage zu erschüttern, als vielmehr, um sie in das Gedächtnis der Jury einzuprägen. Dann durfte Furbelow den Zeugenstand verlassen.
    Der nächste Zeuge war Stapleton.
    »Sie besuchten den Verstorbenen, um eine private Angelegenheit mit ihm zu besprechen?«
    »Ja. Es ging um eine Oper, die ich geschrieben habe, und zu der ich seine Meinung hören wollte.«
    »Er selbst schlug Uhrzeit und Treffpunkt vor?«
    »So war es.«
    »Haben Sie sich über die späte Stunde nicht gewundert?«
    »Damals schon. Aber inzwischen habe ich erfahren, dass er die Abende für gewöhnlich in einer Bar verbrachte und dann ins Opernhaus zurückkehrte, um dort weiterzutrinken. Das, nehme ich an, würde den Umstand erklären.«
    »Als Sie seine Garderobe betraten, war er allein?«
    »Ja.«
    »Um wie viel Uhr war das?«
    »Kurz vor elf. Zu dieser Uhrzeit waren wir verabredet.«
    »Wie lange blieben Sie bei ihm?«
    »Nicht länger als zehn Minuten. Es stellte sich fast augenblicklich heraus, dass er sich die Oper nicht einmal angesehen hatte. Außerdem war er ziemlich benebelt. Er schwadronierte über Opern im Allgemeinen, aber ich erkannte, dass es keinen Sinn hatte, länger zu bleiben. Also blieb ich nicht.«
    »Machte er auf Sie einen lebensmüden Eindruck?«
    Stapleton zögerte. »Ich wüsste nicht sicher zu sagen, was ein lebensmüder Eindruck ist … Ganz bestimmt war er deprimiert, und ein- oder zweimal verfiel er in Selbstmitleid. Aber ich kann nicht sagen, dass ich den Verdacht gehabt hätte, er könnte Selbstmord begehen.«
    »In dem Raum ist Ihnen nichts Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Nein.«
    »Zum Beispiel ein Stück Strick?«
    »Nein. Aber ich nehme an, dass er einen Strick überall hätte versteckt haben können.«
    »Ist Ihnen aufgefallen, dass in die Decke ein Haken eingelassen war?«
    »Darauf habe ich überhaupt nicht geachtet.«
    »Danke, Mr. Stapleton. Das wäre alles.«
    Zu Fens Überraschung wurde Stapletons Platz von Charles Shorthouse eingenommen, der sich als letzter Zeuge des Coroners entpuppte.
    »Mr. Shorthouse, halten Sie es, nach dem, was Sie über ihn wissen, für möglich, dass Ihr Bruder Selbstmord beging?«
    »Nun ja …« Der Meister überlegte angestrengt. »Selbstverständlich war er verrückt. Außerdem scheint Oxford auf manche Menschen eine eigentümliche Wirkung zu haben. Zum Beispiel hat mich erst gestern ein Mann aufgesucht, der behauptete, der englische Repräsentant der Metropolitan Opera zu sein … Ich habe ihn jedoch«, fügte der Meister hinzu, »vom ersten Augenblick an durchschaut.«
    »Und aus welchem Grund nehmen Sie an, dass Ihr Bruder verrückt war?«
    »Nun, zum einen war er ein Nymphomane. Nymphomane«, erklärte der Meister, »einer, der von einer Manie nach Nymphen besessen ist.« Nach dieser exegetischen Meisterleistung machte er ganz naiv eine Pause.
    »Sie meinen, dass er vom anderen Geschlecht besessen war?«
    »Genau.« Der Meister schien über eine so schnelle Auffassungsgabe erfreut. »Er verfolgte Frauen. Und diese Aktivität ist, glaube ich, ein Zeichen von Geisteskrankheit.«
    Leichte Belustigung machte sich breit. Der Coroner warf seinem Zeugen einen argwöhnischen Blick zu.
    »Glauben Sie, dass diese … äh … Vorliebe in der Regel zum Selbstmord führt?«
    »Das ist kaum vorstellbar«, räumte der Meister nach einer kurzen Denkpause ein. »Dennoch war er gestört. Unsere ganze Familie ist mehr oder weniger gestört.«
    »Aber können Sie uns denn nicht ein Beispiel nennen, um zu verdeutlichen, inwiefern Ihr Bruder gestört war?«
    »Er weigerte sich, die Inszenierung meiner Orestiade zu finanzieren.«
    Das verwirrte den Coroner. »Ich dachte immer, dass Aischylos …«, begann er, und fügte dann, sich zusammenreißend, hinzu: »Also gut, Mr. Shorthouse. Das wäre für den Moment alles.« Nun wandte er sich an die Jury.
    »Mitglieder der Jury, Sie hörten die Bew …«
    Es war ihm jedoch nicht erlaubt, den Satz zu beenden. Der Sprecher der Jury war aufgesprungen und verlangte lautstark nach

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