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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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war ihnen ihre zunehmende Entfremdung bewusst, und während sie nach Erklärungen suchten, die ihnen passend erschienen, verschärfte sich dieses Gefühl noch. Das Fortschreiten ihrer malaise hatte selbstverständlich noch nicht jenen Punkt erreicht, den man als kritisch bezeichnet; sie hätte jederzeit und wann sie es wollten beendet werden können. Leider war keiner bereit, den Anfang zu machen.
    Während des Nachmittags nickte Adam ein, wobei er von Alpträumen geplagt wurde. Als er mit trockenem Mund und einem Gefühl der Übelkeit erwachte, konnte er sich nur an einen davon erinnern. Ihm schien, er war auf einer Landstraße gefahren und habe plötzlich ein großes, graues, recht flaches und zum Teil mittelalterliches Gebäude erblickt. Obwohl er es noch nie zuvor gesehen hatte, wusste er instinktiv, dass es Oldacre Abtei hieß. Er betrat einen der Räume, der nur spärlich möbliert und mit zerrissenen Bannern verhängt war. Er schien sich in einem Museum zu befinden. Es gab dort kein Leben, wenn er auch später herausfinden sollte, dass es hier bewegliche Wesen gab. Er öffnete eine Tür, die auf einen Hof hinausging. Für einen Moment schien alles still, und dann begann das Gebäude, von schwerem Gestampfe zu beben, und eine Reihe von Rittern in Rüstung erschien. Ihm war bewusst, dass in den Rüstungen keine Menschen steckten, weder lebendige noch tote. Auch waren die Dinger keine Roboter. Sie waren reine Ansammlung von Materie, die von einer Kraft, die außerhalb von ihnen lag, zielgerichtet bewegt wurden. Sie sahen ihn nicht, aber irgendetwas zwang ihn dazu, sehr schnell und leise in den Raum mit den Fahnen zu flüchten, die Tür zu schließen und sich für einen Augenblick dagegenzulehnen, um nach Luft zu schnappen. Dann begann er zu rennen.
    Leise und schnell durchquerte er auf der Suche nach einem Ausgang ein Zimmer nach dem anderen in diesem riesigen, verlassenen Gebäude. Außer dem entfernten Getrampel der Ritter war kein Geräusch zu hören. An diesem orientierte er sich, soweit seine Panik und Verwirrung es zuließen, indem er so weit davor weglief, wie es nur ging. Schließlich, es kam ihm vor wie nach einer Ewigkeit, erreichte er eine ungeheuer lange Galerie. Am anderen Ende stand eine reglose Gestalt, und er dachte, es handele sich um eine Wachsfigur oder Statue, bis sie sich bewegte. Da erkannte er plötzlich Elizabeth, deren Kiefer mit einem Stofffetzen umwickelt waren, so wie die Kiefer eines Menschen, der schon lange tot ist. Schnell bewegte sie sich auf ihn zu, und er – nicht aus Liebe, nicht um sie zu begrüßen, sondern aus unbändiger Angst – rannte ihr entgegen. Als sie näher kam, sah er, dass der Stofffetzen nachgegeben hatte und ihr Kiefer lose herunterhing. Unsinnigerweise kam ihm der Gedanke, dass dies eine Person kaum stören würde, die nicht mehr sprechen, essen oder atmen konnte. In der Mitte der Galerie fielen sie sich in die Arme, und er hatte das Gefühl, als müsse sein Herz vor lauter Schrecken zerspringen.
    Zitternd wachte er auf, und es dauerte eine Weile, bis er, völlig benommen, die verschlafene und sachliche Umgebung der Lounge wahrnahm. Neben ihm saß Elizabeth an einem Tisch und schrieb Briefe. Als sich seine aufgebrachten Nerven etwas beruhigt hatten, ging er zu ihr hinüber.
    »Ich hatte eben« – er sprach zögerlich – »einen ganz schrecklichen Traum.«
    »Wirklich, mein Liebster?« Sie klang munter und wenig interessiert. »Das tut mir leid … Aber, um Gottes Willen, erzähl mir nichts davon. Es gibt kaum etwas langweiligeres als die Träume anderer Menschen.«
    Die Wirklichkeit stürzte auf ihn ein. Dies war schlimmer als der Alptraum, den er soeben gehabt hatte. »Elizabeth«, stieß er hervor, »was ist los mit uns?«
    »Mein Liebster, das weiß ich doch nicht. Ich wusste gar nicht, dass mit mir etwas nicht stimmt … Macht es dir etwas aus, wenn ich diesen Brief zu Ende schreibe?«
    »Ja, es macht mir etwas aus. Ich möchte ein ernstes Gespräch mit dir führen.«
    »Muss das in der Öffentlichkeit sein?«, murmelte Elizabeth.
    »Es hört uns niemand zu … Liebling, in unserer Ehe ist ab einem bestimmten Zeitpunkt alles schief gelaufen.«
    »Das hört sich an«, sagte Elizabeth kritisch, »wie der Anfang einer Szene in einem drittklassigen englischen Film.«
    »Bitte hör mir zu. Ich weiß, dass man in solchen Situationen in Klischees redet, aber ich werde mich bemühen, nicht allzu platt zu klingen … Ich möchte wissen, ob ich irgendetwas tun

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