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Schwanengrab

Schwanengrab

Titel: Schwanengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schwarz
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an und konzentrierte sich dann wieder auf sein Essen. »Ja, ich weiß!«, antwortete er.
    Er wusste es! Warum unternahm er dann nichts dagegen?
    »Wir könnten sie ja mal wieder besuchen«, überlegte er laut.
    »Was?« Ich schrie fast. War das sein Ernst? »Du willst nach Hause?«
    »Ich will nach Frisco zu Besuch!«, verbesserte er mich.
    »Und wann?«, platzte es aus mir heraus. Ich kam mirvor wie an Weihnachten. Vor mir standen die Päckchen und gleich durfte ich sie öffnen.
    »Vielleicht an Thanksgiving? Aber nur für ein paar Tage. Da sind schließlich keine Ferien in Deutschland«, sagte er beiläufig.
    »Thanksgiving?« Das war bereits Ende November. Nur noch zwei Monate! Die Aussicht, meine Grandma so bald wiedersehen zu können und natürlich meine Freunde, Sarah, Berkeley, die Bay ...
    Mein Freudenschrei brachte beinahe die Gläser zum Klirren. Ich sprang auf und fiel ihm um den Hals. »Danke, Dad! Du bist der Beste!«, jubelte ich, gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange und stürzte in mein Zimmer.
    »Sam? Wo willst du denn hin? Dein Essen ...«, lachte er.
    »Keine Zeit!« Ich startete bereits meinen Laptop. »Muss sofort Sarah eine E-Mail schicken.« Und Granny einen Brief, dachte ich weiter.
    Ich stand auf dem Friedhof. Es war kalt, sehr kalt. Ich hatte keine Jacke. Seltsam, dass ich nur ein bodenlanges, weißes Nachthemd trug. Der Mond schimmerte auf den hellen, hohen Steinen, die wie düstere Wächter über den Grabhügeln standen. Warum erschrak ich nicht, als der steinerne Engel seinen Kopf zu mir drehte und mit seiner kalten Hand in eine Richtung deutete? Dort hinten war ein frisches Grab. Ich konnte es daran erkennen, dass üppige Kränze und Gestecke darumdrapiert waren. Doch die zahlreichen Blüten betrachtete ich gar nicht. Ich hatte nur Augen für die frische rote Rose, die auf dem weißen Grabstein lag. Alleine nachts auf dem Friedhofzu sein, jagte mir eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken. Doch statt zum Ausgang zu eilen, lief ich weiter. Ich musste dorthin ... zu dem Grab. Der Duft frischer Blumen und feuchter Erde stieg mir in die Nase, je näher ich kam.
    Als ich es endlich erreichte, bemerkte ich, dass es offen war. Niemand hatte das dunkle, tiefe Loch mit Erde aufgefüllt. Es überraschte mich nicht. Goldene Buchstaben schimmerten auf dem weißen Marmor, doch ich wollte sie nicht lesen, wollte deren grausige Bedeutung nicht wissen. Ich kannte sie bereits. Am Rand des Grabes fühlte ich die kühle, feuchte Erde zwischen meinen Zehen. Ich wollte nicht hineinsehen, aber ich musste es. Entsetzt schrie ich auf, als ich das bleiche Gesicht sah, die zierliche Gestalt in dem langen weißen Kleid. Dann blickte ich auf den toten Körper der Frau, die danebenlag. Ebenfalls mit einem weißen Gewand bekleidet. Beide lächelten, die Augen geschlossen, als würden sie schlafen.
    Schweißgebadet wachte ich auf. Meine Nachttischlampe brannte. Kurz und stoßweise ging meine Atmung – ich lebte! Ein Traum ... nur ein Traum! Der Kugelschreiber war mir aus der Hand gerutscht, genauso wie der Brief, den ich an meine Grandma geschrieben hatte. Ich musste wohl darüber eingeschlafen sein. Verwirrt starrte ich auf die Uhr. Es war halb zwei. Ich schüttelte den Kopf, um die Bilder des Traumes zu verscheuchen. Aber ich konnte an nichts anderes denken als an das, was ich gesehen hatte. An die zwei Toten in dem offenen Grab. An mich und meine Mutter, wie wir leblos nebeneinander darin gelegen hatten.

Kapitel 13
    Ich schlug auf meinen Wecker, um das nervtötende Geräusch abzustellen. Über meinen seltsamen Traum schüttelte ich nur noch verwundert den Kopf. Jetzt, bei Tageslicht, konnten mir meine unheilvollen Fantasien keine Angst mehr einjagen, zumindest redete ich mir das ein.
    Ich eilte ins Bad. Mein Vater war schon früh aufgestanden. Viel Arbeit! Dad , stand auf dem kleinen Notizzettel, der an der Badezimmertür hing.
    Ich drehte den Hahn auf. Die warme Dusche spülte die Schatten der Nacht einfach weg. Zurück blieb ein Hochgefühl. Auch das war wie ein Traum – aber ein schöner! Die Vorstellung, bereits an Thanksgiving wieder in Berkeley zu sitzen, beflügelte mich. Ich summte vor mich hin und machte mich schnell fertig, dann verließ ich bestens gelaunt das Haus. Auch das Wetter schien sich von meiner guten Laune anstecken zu lassen und die Sonne bahnte sich allmählich einen Weg durch die graue Wolkendecke. An der Schule stellte ich mein Fahrrad sicherheitshalber wieder hinter den

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