Schwanengrab
für ein Problem?«, zischte Caro. »Duspielst doch den Schwan und keiner wird dir die Rolle nehmen, klar? Also dreh jetzt nicht durch!«
»Aber die Neue ...«, flüsterte Geli.
»Die Neue!«, fiel ihr Caro wütend ins Wort. »Mach dir wegen der mal keine Sorgen.«
»Wie meinst du das?«, fragte Geli. Sie klang ängstlich.
»Genau so, wie ich es gesagt habe!«, fauchte Caro.
Ich hörte Schritte, die auf mich zukamen.
Hastig drückte ich mich gegen die Wand und suchte Deckung neben dem Besenschrank, dann eilte jemand an mir vorbei. Geli! Caros Schritte entfernten sich in die entgegengesetzte Richtung. Auf keinen Fall wollte ich den beiden über den Weg laufen, also zählte ich langsam bis zehn und rannte dann so leise wie möglich zurück.
Wollte Caro mich loswerden? Aber warum? Nur weil ich Veronika so ähnlich sah? Warum sollte sie mich deshalb nicht auf der Schule haben wollen? Ich grübelte und lief weiter. Hastig bog ich in den nächsten Flur ...
RUMS !
Zum zweiten Mal an diesem Tag lag ich auf dem Boden inmitten meiner um mich herum verstreuten Sachen.
»Oh, Entschuldigung!«, hörte ich, dann hielt mir jemand eine Hand hin. Ich ergriff sie dankbar. »Hast du dir wehgetan?«, fragte mich eine dunkle Jungenstimme. Christoph, der Streber, stand vor mir. Diesmal trug er einen tiefblauen Pullunder zu einem hellblauen T-Shirt. Hatte er sich diese hässlichen Dinger im Zwölferpack gekauft? Er rückte seine Brille zurecht und grinste mich an.
Mir gelang ein Lächeln.
»Irgendwie liegst entweder immer du oder irgendwelches Zeug von dir auf dem Boden, wenn ich dich treffe«, lachte er und hob bereits meine Stifte auf.
»Ja! Ist hier wohl mein Schicksal! Ich bin schon ganz schön spät dran. Muss ins Lehrerzimmer.«
»Ja, ich auch!« Wir liefen gemeinsam weiter. Irgendwo kicherte ein Mädchen, als wir vorbeigingen. Es machte mir nichts aus und auch er schien kein Problem damit zu haben. Wir waren eben beide die Außenseiter der Schule. Als er mir die Tür zum Lehrerzimmer aufhielt und ich an ihm vorbeischlüpfte, roch ich sein Deo. Wie Ferien mit einem Schuss Zitrone. Meine Stimmung besserte sich schlagartig.
»Ah, da seid ihr ja!«, rief Herr Simon und kam freudig auf uns zu. »Dann kennt ihr euch wohl schon?«
Ich nickte zaghaft.
»Wir sind uns sozusagen schon über den Weg gelaufen«, antwortete Christoph und grinste mich schief an.
»Also gut! Das ist ja prima. Dann bist du also damit einverstanden, dass Chris dir Nachhilfe gibt?«
Jetzt verstand ich. Das also war der Schüler, der mir in Mathe unter die Arme greifen sollte. Ja, klar! Er war mir sympathisch und meine Lücken in diesem Fach waren regelrechte Krater. Natürlich wollte ich, keine Frage.
»Heute Nachmittag könnten wir loslegen«, schlug Christoph vor. Seine Augen waren wirklich der Hammer! Dieses Blau erinnerte mich an die Bay bei strahlendemSonnenschein. Ich strahlte genauso zurück und wir verabredeten uns für fünf Uhr.
Nachdem wir uns verabschiedet hatten, ging ich ins Sekretariat. Frau Fuhrmann saß an ihrem Tisch. Sie war so klein, dass sie eigentlich ein Kindermodell gebraucht hätte.
»Ja bitte!«, rief sie, obwohl ich das Zimmer schon längst betreten hatte.
»Hallo!« Zaghaft schloss ich die Tür hinter mir.
»Ja?« Sie blickte noch immer nicht auf.
»Ich komme wegen Veronika, Veronika Henkstel.«
Kapitel 14
Frau Fuhrmanns Stift hielt mitten im Satz inne, dann hob sie ihren Kopf im Zeitlupentempo und starrte mich über den Rand ihrer Lesebrille an. Einen Moment war es absolut still.
»Ich ... ähm ...«, stotterte ich verlegen. Was sollte ich nun sagen? »Ich wollte etwas über Veronika wissen!«
Frau Fuhrmanns Kopf neigte sich ein wenig zur Seite. Ansonsten veränderte sich nichts an ihrem Gesichtsausdruck. Sie saß einfach stumm vor mir.
»Können Sie mir bitte sagen, in welche Klasse Veronika ging, bevor sie ... ähm ... ich meine ... im letzten Schuljahr?«
Sie legte ihren Stift zur Seite und deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Als ich mich setzte, faltete sie ihre Hände, und für einen unangenehmen Moment befürchtete ich, sie würde nun laut zu beten beginnen.
Warum tat sie mir nicht einfach den Gefallen und fing an zu erzählen? Aber nein, sie blickte mich weiter abwartend an.
»Ich werde immer mit ihr verwechselt«, erklärte ich daher und es klang wie eine Entschuldigung. Frau Fuhrmann nickte nur.
»Und ich wollte einfach ein bisschen mehr über sie wissen. Also eigentlich geht es mich ja
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