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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Meinung, Schatzmeister, absolut Ihrer Meinung«, sagte der Rektor und goß die Drinks ein. »Nun denn«, fuhr er fort, als der Schatzmeister in einem Sessel Platz genommen hatte, »kommen wir aufs Geschäftliche.«
    »Aufs Geschäftliche«, wiederholte der Schatzmeister und hob sein Glas im irrigen Glauben, ein Trinkspruch sei ausgebracht worden.
    Der Rektor beäugte ihn neugierig. »Ja. Also«, sagte er, »ich habe Sie heute morgen zu einem Gespräch über die Collegefinanzen hergebeten. Wenn ich den Prälektor richtig verstanden habe, teilen wir beide uns die Verantwortung in diesem Bereich. Oder täusche ich mich?«
    »Völlig richtig, Herr Rektor«, sagte der Schatzmeister.
    »Aber natürlich liegt die Zuständigkeit grundsätzlich bei Ihnen als dem Schatzmeister. Das ist mir ganz recht so«, fuhr der Rektor fort. »Ich habe nämlich keinerlei Interesse, mich in Ihre Befugnisse bei diesen Dingen einzumischen, seien Sie dessen versichert.« Er lächelte dem Schatzmeister freundlich zu. »Ich habe Sie heute morgen hergebeten, um Ihnen zu versichern, daß die gestern abend von mir erwähnten Änderungen ganz allgemeiner Natur sein werden. Ich plane keine Veränderungen in der Collegeverwaltung.«
    »Verstehe«, sagte der Schatzmeister und nickte zustimmend. »Bin ganz Ihrer Meinung.«
    »Wirklich schön, daß Sie das so sehen, Schatzmeister«, sagte der Rektor. »Ich hatte den Eindruck, daß mein kleiner Einfall bei den weniger ... äh ... modernen rangälteren Fellows nicht auf ungeteilte Gegenliebe stieß.«
    »Wir sind ein sehr traditionelles College, Herr Rektor«, sagte der Schatzmeister.
    »Ja, schon, aber ich vermute, daß einige von uns etwas weniger traditionell als andere sind, wie, Schatzmeister?«
    »Das kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, Herr Rektor«, pflichtete der Schatzmeister bei. Wie zwei ältliche Hunde umkreisten sie einander argwöhnisch auf der Suche nach dem Erkennungsgeruch und beschnüffelten jedes Zögern, damit ihnen auch ja keine Spur irgendeiner Komplizenschaft entging. Veränderungen waren unvermeidlich. Allerdings, allerdings. Die alte Ordnung. Stimmt genau. Stimmt genau. Wir, die wir über Autorität verfügen. Durchaus, durchaus. Auf dem Kaminsims tickte die Alabasteruhr weiter. Eine Stunde verstrich mit solchen einleitenden Plänkeleien, und bei einem zweiten, größeren Campari ließ Sir Godber seine Position als Rektor ein wenig in den Hintergrund treten. »Es ist die blanke Tiernatur vieler unserer Studenten, die mir mißfällt«, gestand er dem Schatzmeister.
    »Wir wirken anziehender auf die weniger Sensiblen, das muß ich zugeben.« Der Schatzmeister paffte zufrieden seine Zigarre. »Unsere wissenschaftlichen Leistungen sind kläglich. Wann hatten wir zum letzten Mal ein summa cum laude?«
    »1956«, sagte der Schatzmeister.
    Der Rektor verdrehte die Augen.
    »In Geographie.« Der Schatzmeister konnte nicht umhin, Salz in die Wunde zu reiben.
    »In Geographie. Das hätte man sich denken können.« Sir Godber stand auf und blickte durch die Terrassenfenster auf den verschneiten Garten. »Es wird Zeit, das alles zu ändern. Wir müssen zu dem Wunsch unseres Gründers zurückkehren, uns ›eifrig mit dem Lernen zu beschäftigen‹. Wir müssen Kandidaten mit guten Zeugnissen aufnehmen statt dieser Horde von Analphabeten, um die wir uns offenbar zur Zeit kümmern.«
    »Dem steht so manches Hindernis im Wege«, seufzte der Schatzmeister.
    »Ganz recht. Da wäre zunächst der Obertutor. Er ist für die Zulassung verantwortlich.«
    »Ich dachte eher an unsere, wie soll ich das nennen, Abhängigkeit von den Begabungsspenden«, unterbrach der Schatzmeister.
    »Den Begabungsspenden? Von denen habe ich noch nie gehört.«
    »Das haben die wenigsten, Herr Rektor, abgesehen natürlich von den Eltern unserer Studenten mit nicht besonders herausragenden Leistungen.«
    Sir Godber runzelte die Stirn und starrte den Schatzmeister an. »Wollen Sie damit andeuten, daß wir Kandidaten ohne die nötigen Qualifikationen aufnehmen, wenn ihre Eltern in eine Stiftung einzahlen?«
    »So ist es leider. Offen gesagt könnte das College ohne diese Beträge seine Arbeit kaum fortsetzen«, informierte ihn der Schatzmeister.
    »Aber das ist ja ungeheuerlich. Also, das ist doch gleichbedeutend mit dem Verkauf von akademischen Graden.«
    »Nicht gleichbedeutend, Herr Rektor. Identisch.«
    »Aber was ist mit den Examen, die mit einem Prädikat verbunden sind?«
    Der Schatzmeister schüttelte den Kopf.

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