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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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andere, um sich die Strümpfe anzuziehen. »Schließlich willst du ja keinen Schlaganfall bekommen.«
    »Der heißt Porterhouse Blue.«
    »Wer?«
    »Der Schlaganfall«, sagte Sir Godber.
    »Ich dachte immer, das wäre etwas, was man vom Rudern bekommt«, sagte Lady Mary. »Oder vielleicht eine Käsesorte, so eine Art Stilton – blau geädert ...« Sir Godber wandte den Blick von ihren Beinen. »Ist es aber nicht«, beeilte er sich zu sagen, »sondern ein durch Völlerei verursachter Schlaganfall. Eine alte Collegetradition, die ich auszurotten gedenke.«
    »Das wird auch langsam Zeit«, bekräftigte Lady Mary. »Meiner Meinung nach ist es eine unglaubliche Schande, daß heutzutage dieses viele guten Essen vergeudet wird, nur um die Gefräßigkeit irgendwelcher alter Knacker zu befriedigen. Wenn ich an all die ... «
    Sir Godber ging ins Bad, schloß die Tür hinter sich und drehte den Wasserhahn im Handwaschbecken auf. Durch die Tür und das Geräusch des laufenden Wassers hindurch hörte er seine Frau gedämpft über die hungernden Kinder in Indien lamentieren. Er betrachtete sich im Spiegel und seufzte. Genau wie der verflixte Hahnenschrei, dachte er. Fängt den Tag mit Gejammere an. Würde keiner verhungern, in einem Orkan ertrinken oder wegen Typhus tot umfallen, wäre sie nicht glücklich.
    Er rasierte sich, zog sich an und ging zum Frühstück nach unten. Lady Mary las den Guardian mit einer Begeisterung, die auf eine Naturkatastrophe beträchtlichen Ausmaßes schließen ließ. Sir Godber unterließ es zu fragen, um was es sich handelte, und begnügte sich damit, die eine oder andere Rechnung zu lesen.
    »Meine Liebe«, sagte er, als er fertig war, »ich führe heute morgen ein Gespräch mit dem Schatzmeister und habe vor, ihn Mittwoch zum Essen einzuladen.«
    Lady Mary schaute auf. »Mittwoch paßt mir nicht, da habe ich eine Sitzung. Donnerstag wäre besser«, sagte sie. »Soll ich noch jemanden einladen? Er ist doch ein ziemlich gewöhnliches Männchen, nicht wahr?«
    »Er hat seine guten Seiten«, sagte der Rektor. »Mal sehen, ob ihm der Donnerstag paßt.« Er zog sich mit der Times in sein Arbeitszimmer zurück. Es gab Tage, an denen der moralische Rigorismus seiner Frau wie ein Sargtuch über seiner Existenz zu hängen schien. Er fragte sich, worum es bei der Sitzung am Mittwoch gehen mochte. Bestimmt um mißhandelte Kleinkinder. Den Rektor schauderte es.
    Im Büro des Schatzmeisters klingelte das Telefon. »Ah, Herr Rektor. Selbstverständlich. Nein, überhaupt nicht. In fünf Minuten also.« Mit einem Lächeln stiller Zufriedenheit legte er den Hörer auf. Das Feilschen stand kurz bevor, und der Rektor hatte nur ihn eingeladen. Vom Büro des Schatzmeisters konnte man den Garten überblicken: Niemand hatte den Weg unter den Buchen zum Rektorhaus betreten. Während er sein Büro verließ und den Rasen überquerte, ging der Schatzmeister noch einmal die Taktik durch, für die er sich in der Nacht entschieden hatte. Er war versucht gewesen, sich an die Spitze der Fellows und ihrer Opposition gegen jede Veränderung zu setzen. Schließlich war es im Klima der siebziger Jahre von Vorteil, wenn man die Prinzipien eines rigiden Konservativismus einhielt, und falls der Rektor sich zur Ruhe setzte oder vorher starb, könnten die Fellows aus Dankbarkeit durchaus ihn auf diesen Posten wählen. Doch davon war der Schatzmeister eigentlich nicht überzeugt. Ihm fehlte die raubtierhafte Jovialität, auf die Porterhouse bei seinen Rektoren Wert legte. Nehmen wir beispielsweise den alten Lord Wurford, Skullions Prüfstein, oder Canon Darmtract, dessen Vorlieben für Limburger Käse und Rugby auf unheilträchtige Art miteinander verschmolzen waren. Nein, der Schatzmeister konnte sich nicht vorstellen, zu ihnen gezählt zu werden. Da war es schon klüger, in die Fußstapfen seines Rektors zu treten. Er klopfte an die Tür des Rektorhauses und wurde von einem französischen Aupair- Mädchen eingelassen.
    »Ah, Schatzmeister, wie gut, daß Sie gekommen sind«, sagte der Rektor und erhob sich von seinem Stuhl hinter dem großen eichenen Schreibtisch, der vor dem Kamin stand. »Einen kleinen Madeira? Oder möchten Sie lieber etwas Moderneres?« Der Rektor kicherte. »Einen Campari zum Beispiel. Etwas, das die Kälte fernhält.« Leise gluckerten im Hintergrund die Heizkörper. Der Schatzmeister dachte über die Frage nach. »Ich glaube, etwas Moderneres wäre angebracht, Herr Rektor«, sagte er schließlich.
    »Ganz Ihrer

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