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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Millionenpublikum nur noch vertiefen. Mittlerweile beglückwünschte Carrington sich sogar dafür, daß der Pförtner darauf bestanden hatte, live im Studio zu erscheinen. Sein zerfurchtes Gesicht mit der von Äderchen durchzogenen Nase und den buschigen Augenbrauen würde sich von der Künstlichkeit des Studios abheben und seinem Auftritt eine Direktheit verleihen, die den in Cambridge aufgenommen Interviews abging. Vor allem würden Skullions unartikulierte Antworten die Herzen seiner Zuschauer aufrütteln. Um sich seine bedauernswerte Geschichte anzuhören, würden sich im ganzen Land Männer und Frauen in dem Bewußtsein, daß sie Zeugen eines authentischen menschlichen Dramas wurden, in ihren Fernsehsesseln vorbeugen. Nach den radikalen Platitüden Sir Godbers und dem reaktionären Ungestüm des Dekans würde Skullions offenkundige Ehrlichkeit die einfachen Tugenden unterstreichen, an die sie und Cornelius Carrington so fest glaubten. Und abschließend käme dann das Meisterstück. Von der zu Schloß Coft führenden Schotterauffahrt aus würde General Sir Cathcart D’Eath Skullion ein Zuhause anbieten, gefolgt von einem Kameraschwenk zu einem Bungalow, in dem der Oberpförtner seine Tage in Frieden beschließen konnte. Auf diese Szene war Carrington stolz. Schloß Coft war die überhöhte, aufs Land versetzte provinzielle Vorstadt, der General selbst die Verkörperung eines modernen englischen Gentleman. Um dieses Resultat zu erzielen, waren zahlreiche Schnitte erforderlich gewesen, doch Carringtons Raffinesse hatte sich gegen Sir Cathcarts wüste Beschimpfungen durchgesetzt. Carrington mußte zugeben, daß der Sealyhamterrier sein Teil dazu beigetragen hatte, eine Spur Menschlichkeit in Sir Cathcarts Aussagen zu bringen. Carrington hatte den Hund auf dem Rasen spielen sehen und den General gefragt, ob er Hunde mochte.
    »Konnte sie schon immer gut leiden«, hatte Sir Cathcart geantwortet. »Treuer Freund, gehorsam, begleitet einen überallhin. Laß ich nichts drauf kommen.«
    »Würden Sie einen streunenden Hund bei sich aufnehmen?«
    »Sicher«, sagte Sir Cathcart. »Gern. Könnte ihn nicht verhungern lassen. Habe hier jede Menge Platz. Könnte hier ein- und ausgehen. Bekäme ordentliche Behausung.« Da es sich in der endgültigen Version anhörte, als beziehe sich Sir Cathcarts Gastfreundschaft auf Skullion, sah Carrington allen Grund, auf seine geniale Leistung stolz zu sein. Dabei hatte er nichts weiter getan als »Würden Sie einen streunenden Hund bei sich aufnehmen?« durch »Wenn Skullion ein neues Zuhause brauchte, würde Sie ihm eines anbieten?« zu ersetzen. Kaum anzunehmen, daß der General diese Einladung zurücknehmen würde. Die Auswirkungen eines solchen Schrittes auf sein Image als öffentlicher Wohltäter wären unabsehbar.
    Auf ihrer Fahrt nach London unterwies Carrington Skullion in seiner neuen Aufgabe. »Vergessen Sie nicht, direkt in die Kamera zu sehen. Geben Sie einfache Antworten auf meine Fragen.« Skullion nickte stumm.
    »Ich frage: ›Wann wurden Sie Pförtner?‹ und Sie sagen: ›1928‹. Sie brauchen das nicht weiter auszuführen. Haben Sie verstanden?«
    »Ja«, sagte Skullion.
    »Dann frage ich: ›Sie sind seit 1945 der Oberpförtner von Porterhouse?‹ und Sie sagen: ›Ja‹.«
    »Ja«, sagte Skullion.
    »Dann fahre ich mit der Frage fort: ›Sie sind also seit fünfundvierzig Jahren College-Bediensteter?‹ und Sie sagen: ›Ja‹.« Ist das klar?«
    »Ja«, sagte Skullion.
    »Dann frage ich: ›Und jetzt hat man Sie rausgeschmissen?‹ und Sie sagen: ›Ja‹. Darauf frage ich: ›Haben Sie eine Ahnung, warum Sie rausgeschmissen wurden?‹ Was antworten Sie darauf?«
    »Nein«, sagte Skullion. Carrington war’s zufrieden. Der General hätte genausogut Skullion meinen können, als er sagte, Hunde seien gehorsam. Carringtons Anspannung löste sich. Alles würde gutgehen.
    Sie fuhren quer durch London ins Studio, wo ein Assistent Skullion in den Aufenthaltsraum im Keller führte, während Carrington in einem Fahrstuhl verschwand. Skullion sah sich mißtrauisch um. Hier sah es aus wie in einem ziemlich großen Luftschutzraum. »Setzen Sie sich doch, Mr. Skullion«, sagte der junge Mann. Skullion setzte sich auf das Plastiksofa und nahm den Bowlerhut ab, während der junge Mann etwas aufschloß, das wie ein Einbauschrank aussah, dem er eine große Kiste entnahm.
    Skullion schaute die Kiste finster an. »Was ist das?« fragte er. »Eine Art tragbare Bar. Es empfiehlt sich,

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