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Schwarz auf Rot

Schwarz auf Rot

Titel: Schwarz auf Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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a schen hatte. Der Schmutzstreifen auf ihrer Stirn war ve r schwunden. »Wie kommst du voran?«
    »Langsam«, erwiderte er, »wie bisher.«
    »Hat Oberinspektor Chen immer noch Urlaub?«
    »Ja, er arbeitet an seiner Übersetzung.«
    »Das muß ja ein wichtiges Projekt sein, daß es ihn von einem solchen Fall abhält.«
    »Offenbar, ein lukrativer Auftrag von Herrn Gu, einer von diesen Senkrechtstartern von der New World Group.«
    »Lange Ärmel machen sich gut beim Tanzen. Und O berinspektor Chens Beziehungen reichen weit. In seiner Position kann e r wichtige Kontakte schließen, deshalb wenden sich solche Leute an ihn.«
    »Da ist was dran«, entgegnete Yu kleinlaut. »Aber er ist ein fähiger Mann.«
    »Versteh mich nicht falsch. Ich sage ja nichts gegen deinen Chef. Immerhin tut er was für sein Geld, anstatt bloß die Hand aufzuhalten.«
    »Du hättest dich heute nachmittag lieber ausruhen so l len, Peiqin, statt diese Kohlebriketts zu machen.«
    »Bewegung an frischer Luft tut gut. Kürzlich hat an der Huaihai Lu ein Fitneßcenter aufgemacht. Es ist mir eine Rätsel, wieso die Leute Geld bezahlen, um dort hi n zugehen?«
    »Die Wohlhabenden finden immer wieder neue M e thoden, ihr Geld loszuwerden.«
    »Na ja, wir mögen nicht gerade reich sein«, sagte Pe i qin, »aber ganz am unteren Ende der Leiter stehen wir auch nicht.«
    Ein Klischee, mit dem man sich trösten konnte, dachte Yu. Aber es war ein kalter Trost, so wie die Bohnensu p pe außerhalb der Saison. Dennoch stimmte es. Als Pol i zist brauchte er keine Angst um seinen Job zu haben, und Peiqin arbeitete in einem der nach wie vor gutgehenden staatlichen Restaurants. Solange sie sich nicht mit diesen Senkrechtstartern verglichen, hatten sie keinen Grund zur Klage.
    Während er ihr Bohnensuppe in eine Schale schöpfte, mußte er unwillkürlich an die Krabbenfrau denken.
    »Schau mal, deine Hand ist ganz schmutzig«, sagte sie. »Ich hab dir doch gesagt, du sollst den Kohlenstaub nicht anfassen.«
    »Habe ich ja auch nicht«, sagte er und entdeckte zu seiner Überraschung Spuren von Staub an seinen Händen und der Eßschale.
    Komisch. Wie war der Kohlenstaub an seine Hände gekommen? Er hatte Peiqin doch gar nicht geholfen. Vielleicht haftete er an dem Suppentopf, aus dem er sich bedient hatte.
    »Das kann es nicht sein. Ich habe die Suppe in den Topf geschüttet, bevor ich mit den Briketts angefangen habe. Und dann war ich im Hof, bis du kamst.«
    »Mach dir nicht weiter Gedanken darüber«, sagte er und wechselte das Thema. »Ist dir beim Lesen noch e t was aufgefallen?«
    »Ein paar interessante Punkte, ja. Aber ich sehe nicht, wie sie mit dem Fal l in Verbindung stehen könnten. O - berinspektor Chen übrigens auch nicht. Ich habe ihn he u te nachmittag angerufen«, sagte sie. »Ach, jetzt weiß ich. Der Alte Jäger kam nach Hause und hatte in beiden Hä n den Gemüsetüten. Deshalb habe ich ihm mit meinen na s sen Händen die Tür aufgemacht. So kam der Ko h lenstaub an den Topf und an deine Hände. Tut mir leid.«
    »Du mußt dich doch nicht entschuldigen, Peiqin. Aber laß das in Zukunft mit den Kohlebriketts. Geng wird schon eine Lösung finden.«
    »Es erinnert mich an damals, als wir in Yunnan Br i ketts gemacht haben. Weißt du noch?«
    Natürlich wußte er das noch. Wie konnte er jene Jahre in Yunnan vergessen? Dort hatten sie die Briketts mit den Händen geformt, Maos dringendem Aufruf zur Kriegsvorbereitung folgend. Die Briketts wurden nie verheizt und lösten sich schließlich auf.
    »Hättest du dich ohne den Kohlenstaub an meinen Händen daran erinnert, daß der Alte Jäger zurückkam und du ihm die Tür aufgemacht hast?«
    »Wahrscheinlich nicht. Ihm die Tür zu öffnen war wie ein Reflex, eine Sache von Sekunden. Warum fragst du?«
    »Ach nichts.«
    Aber da war etwas, überlegte Yu. Die Aussage der Krabbenfrau, daß sie sich am Morgen des 7. Februar vor der Hintertür des shikumen -Gebäudes aufgehalten habe, erschien verläßlich. Aber genausogut konnte sie sich, so wie Peiqin, für einige Sekunden entfernt haben, ohne es selbst bemerkt zu haben oder s ich später daran zu eri n nern. Falls dem so wäre, hätte der Mörder ungesehen durch den Hinterausgang verschwinden können.
    War es möglich, daß der Mörder genau diesen M o ment gewählt hatte, um zu entkommen?
    Vieles mochte von Zufällen abhängen – ein Anruf zu ungewöhnlicher Stunde, ein Klopfen an der Tür, ein u n erwarteter Blick –, aber war das nicht ein wenig zu weit

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