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Schwarz auf Rot

Schwarz auf Rot

Titel: Schwarz auf Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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Alter Liang war viel zu begeistert von seinem eigenen Durchbruch und tat diese Möglichkeit leichthin ab: »Es gab allenfalls eine Lücke von zwei bis drei Min u ten. Der Mörder müßte also irgendwo im Haus auf diese Gelegenheit gewartet haben. Aber wo konnte er sich vo r borgen halten, ohne entdeckt zu werden?«
    Darauf hatte Hauptwachtmeister Yu keine Antwort. Noch nicht.

15

    Zum wiederholten Mal sagte sich Oberinspektor Chen, daß dies Hauptwachtmeister Yus Fall war.
    Würde die neue Kaderpolitik nicht so viel Wert auf den Ausbildungsgrad eines Anwärters legen, hätte man Yu, der schon viel länger im Polizeidienst war, und nicht Chen die Leitung der Sonderkommission übertragen. Chen wollte nicht den Eindruck erwecken, als ginge nichts ohne ihn im Präsidium, und schon gar nicht wollte er sich von Parteisekretär Lis Anrufen unter Druck setzen lassen.
    Doch jetzt, wo die Übersetzung für die New World stetige Fortschritte machte – nicht zuletzt dank der Le k türe von Einführung in das Marketing, die Weiße Wolke ihm besorgt hatte –, wanderten seine Gedanken immer öfter zum Fall Yin zurück. Das lag zum einen daran, daß er nun sicher sein konnte, den Übersetzungsauftrag rechtzeitig abschließen zu können. Aber die Ermittlung s arbeit war ihm, wie er nicht ohne Selbstironie feststellte, offenbar inzwischen zum Lebenselixier geworden; nur bei der Aufklärung eines Verbrechens war er ganz er selbst.
    Prompt fiel ihm auch eine Entschuldigung ein, um sich am Tatort über den Fortschritt der Ermittlungen zu i n formieren. Er könnte in die Schatzgartengasse gehen und sich, sozusagen als Feldstudie im Rahmen seiner Übe r setzung, die dortige shikumen -Architektur ansehen.
    Als er Yu diesen Vorschlag unterbreitete, stimmte di e ser bereitwillig zu, obgleich der Vorwand leicht zu durchschauen war. Schließlich mußte Chen ja nicht au s gerechnet dieses shikumen -Haus besichtigen. Das war auch Yu klar, doch in einer guten Partnerschaft wie der ihren waren auch fadenscheinige Ausreden akzeptabel.
    Während dieses Gesprächs erörterte Yu mit seinem Chef auch die Möglichkeit, daß der Mörder sich im Haus hätte verborgen halten können, bis Peng ihren Platz ve r lassen hatte, um sich dann unbemerkt davonzumachen.
    »Ich werde das berücksichtigen, wenn ich mich dort umsehe«, sagte Chen.
    Seine »Feldstudien« waren ein Vorwand, der das G e sicht seines Assistenten wahren sollte. Aber noch wicht i ger war es, den Alten Liang zu beschwichtigen, der nach Cais Inhaftierung darauf bestand, den Fall abzuschließen, obwohl der Grillenkämpfer weiterhin alles ableugnete. Als Yu ihn darauf hingewiesen hatte, daß weder Zeugen noch Beweise existierten, hatte Alter Liang dies persö n lich genommen. Ohne Yu davon in Kenntnis zu setzen, hatte er Cais Zimmer in der Schatzgartengasse wie auch die Unterkunft in der Nagel-Siedlung in Yangpu durc h sucht, aber nichts gefunden. Chens Besuch zum jetzigen Zeitpunkt könnte leicht als Zurückweisung der Theorie des Alten Liang interpretiert werden. Um dem alten Mann unnötigen Gesichtsverlust zu ersparen, ließ Chen ihm telefonisch eine Nachricht zukommen, in der er ve r sicherte, sich lediglich umsehen und ein paar Photos m a chen zu wollen, die er für eine Übersetzungsarbeit brauchte.
    Als Chen am shikumen -Haus ankam, stand dort pflichtschuldig der Alte Liang, um ihn zu begrüßen. »Willkommen in unserem Quartier, Genosse Oberinspe k tor Chen. Ihre Instruktionen stellen einen wertvollen Be i trag zu unseren Ermittlungen dar.«
    »Sagen Sie das nicht, Genosse Alter Liang. Ich habe Urlaub, wie ich ja schon am Telefon sagte«, entgegnete Chen. »Ich möchte mich hier im Zusammenhang mit e i nem anderen Projekt umsehen.«
    »Hauptwachtmeister Yu spricht gerade mit Yins A n gehörigen, obwohl ich darauf hinweisen möchte, daß wir beim derzeitigen Stand der Ermittlungen besser …«
    »Sie haben hervorragende Arbeit geleistet. Haup t wachtmeister Yu hat mir viel von Ihnen erzählt. Aber ich bin nicht hier, um die Ermittlungsergebnisse zu diskuti e ren. Ich weiß, w ie beschäftigt Sie sind. Sie brauchen mich nicht zu begleiten.«
    »Aber ich bin sozusagen Hausherr hier, Oberinspektor Chen. Ich stehe Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Bitte lassen Sie es mich wissen, falls Sie etwas benöt i gen.«
    »Ich beschäftige mich zur Zeit mit alten Baustilen. Hauptwachtmeister Yu sagte mir, dies hier sei eine typ i sche Alt-Shanghaier Gasse und eine typische shikumen -Anlage. Das

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