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Schwarz auf Rot

Schwarz auf Rot

Titel: Schwarz auf Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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jemanden, der bei G e schäftsverhandlungen besonders fordernd auftrat. »Ich ruf dich später wieder an.« Diesmal beendete Yu das G e spräch ziemlich abrupt. Er legte den Hörer nur kurz auf die Gabel und wählte dann sofort die Nummer des Le k tors.
    »Genosse Wei, entschuldigen Sie, daß ich noch einmal störe«, begann er. »Bei unserem vorigen Gespräch haben Sie ein Sprichwort erwähnt. Sie sprachen davon, daß Yin keinen Tropfen Dünger ins Beet eines anderen fallen la s sen wollte. Was genau meinten Sie damit?«
    »Das war der Ausdruck, den Jia benutzte, in Zusa m menhang mit einem Verwandten Yangs, soweit ich mich erinnere.« Wei machte sich keine Mühe, die Ungeduld in seiner Stimme zu verbergen. »Was ist damit?«
    »Haben Sie vielen Dank, Genosse Wei. Das könnte sehr wichtig für die Ermittlungen sein. Ich weiß Ihre K o operation zu schätzen.«
    »Ich kann Ihnen dazu nichts weiter sagen. Am besten sie reden mit Jia. Er wird bald wieder im Haus sein.« Und dann sagte Wei: »Ach, da ist noch etwas. Vor etwa einem Jahr rief jemand an und erkundigte sich nach dem Erscheinungstermin der zweiten Auflage der Gedichta n thologie. Der Anruf wurde zu mir durchgestellt, aber ich konnte keine Auskunft geben. Vielleicht war es ein inte r essierter Lyrikleser, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, daß etwas anderes dahintersteckte.«
    Yu beschloß, persönlich im Verlag vorbeizuschauen.
    Der Shanghaier Literaturverlag lag in der Shaoxing Lu. In den dreißiger Jahren war das Gebäude eine große Privatresidenz gewesen. Jetzt gab es im Parterre ein m o dernes Literaturcafe. Hauptwachtmeister Yu ließ Jia a n rufen und wartete dort auf ihn.
    Jia war ein Mann in den Vierzigern, der mit ausgre i fenden Schritten das Cafe betrat. Als Yu ihm sagte, wo r um es sich handelte, sah Jia ihn überrascht an.
    »Von einer zweite Auflage weiß ich nichts.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte Yu im Hinblick auf das Gespräch mit Wei.
    »Warum fragen Sie danach, Genosse Hauptwachtme i ster Yu?«
    Yus Verwunderung spiegelte sich im Gesicht seines Gegenübers. Offenbar hatte Jia noch nicht von den E r mittlungen erfahren.
    »Egal ob erste oder zweite Auflage. Am besten Sie e r zählen mir alles, was Sie darüber wissen, Genosse Jia.«
    »Da müssen wir einige Jahre zurückgehen«, begann Jia zögerlich. »Yin bat mich um eine Besprechung hier im Verlag. Ich sollte Yangs Großneffen die Bedingungen ihres Vertrags bezüglich der Gedichtsammlung erlä u tern.«
    »Yangs Großneffe?«
    »Ja, ein Junge namens Bao, aus der Provinz Jiangxi.«
    »Moment mal, ein Junge aus Jiangxi?« unterbrach ihn Yu. Das paßte zu der Beschreibung, die er von der Kra b benfrau erhalten hatte. Auch die Zeit stimmte. In Anb e tracht des Altersunterschieds schien es nur logisch, daß Yin ihn als ihren Neffen und nicht als Großneffen vorg e stellt hatte. »Bitte fahren Sie fort, Genosse Jia.«
    »Seine Mutter ist eine ehemalige gebildete Jugendl i che, die einen ansässigen Bauern heiratete und sich in Jiangxi niederließ. Bao war offenbar hergekommen, um seine Ansprüche als legitimer Erbe Yangs geltend zu m a chen. Schließlich war Yin nicht mit Yang verheiratet g e wesen.«
    »Das ist wahr. Und wie verlief das Gespräch?«
    »Nicht sehr erfreulich. Er wollte nicht einsehen, wa r um sie einen so großen Anteil der Einkünfte bekam – in seinen Augen einen viel zu großen Anteil.«
    »Ich verstehe nicht ganz. Können Sie mir das genauer erklären?«
    »Wenn wir das Werk eines verstorbenen Autors h e rausbringen, dann engagieren wir gelegentlich einen e x ternen Herausgeber. Ein solcher Herausgeber sammelt die Publikationen des Autors, gleicht Textvarianten ab, macht gegebene n falls Anmerkungen zum Text und schreibt ein Vor-oder Nachwort. Als Herausgeberin von Yangs Gedichten hat sich Yin eine Menge Arbeit g e macht. Sie hat seine Gedichte in alten Zeitschriften au s gegraben und hat zusätzlich noch Texte in seinen Noti z büchern oder auf Zetteln entdeckt. Es ist keine Übertre i bung, wenn man sagt, daß die Publikation ohne ihren unermüdlichen Einsatz nicht zustande gekommen wäre. Für eine solche Arbeit beza h len wir in der Regel die Hälfte des gängigen Honorars.«
    »Also die Hälfte dessen, was sie dem Autor bezahlen würden?«
    »Ja. Natürlich nur, wenn der Autor nicht mehr lebt und kein anderer Anspruch auf seine Honorare hat. Zur d a maligen Zeit zahlten wir, wenn ich mich recht erinnere, fünfzehn Yuan pro zehn Zeilen, unabhängig von der Au f

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