Schwarz
Rüstungskonzerne involviert.
Sie nahm den Ordner »Sibirtek« heraus und trat unter die Kellerlampe, um die Unterlagen zu lesen. Ihre Aufregung steigerte sich noch, als sie sah, was sich unter dem ersten Zwischenblatt befand. Oh Gott! Das war der Vertragsordner von Sibirtek, was machte der in Jukka Ukkolas Safe? Verträge zwischen Sibirtek und finnischen Großunternehmen über Produktentwicklung, Joint Ventures, den Know-how-Austausch, gemeinsame Produktionsstätten … Namen und Titel verschwammen vor ihren Augen, das war Gold wert, diese Dokumente würden das ganze Spektrum der Aktivitäten von Sibirtek aufdecken und in den Chefetagen der finnischen Wirtschaft mehr Köpfe zum Rollen bringen als die letzte Krise. Sie legte den Ordner auf den Boden, suchte den Vertrag von Fennica, holte ihr Handy aus der Tasche und schoss ein Foto. Das Bild war zu dunkel geworden, man konnte den Vertragstext nicht richtig lesen. Sie musste ins Obergeschoss, ans Tageslicht.
Kati Soisalo lief mit großen Schritten die Treppe hinauf, legte den Ordner mit den Verträgen auf den Couchtisch und machte sich an die Arbeit. Sie beschloss, alle Seiten jedes einzelnen Vertrags zu fotografieren.
Plötzlich hörte sie das Geräusch eines Automotors, sie stürzte ans Fenster, sah auf der Mottitie Ukkolas Volvo und geriet in Panik. Waszum Teufel machte der denn schon wieder hier! Und was sollte sie tun, sie musste sofort eine Entscheidung treffen, auf der Stelle. Bewahrte Ukkola seine Waffe noch am selben Ort wie früher auf?
Sie schob die Hand in den Kamin hinein und betastete die Ziegel, vor zwei Jahren hatte Ukkola seine Reservewaffe hier versteckt, eine 9-Millimeter-Pistole SIG Sauer P226. Aus dem Kamin konnte man die Waffe schnell hervorholen, wenn jemand ins Haus eindrang. Sie spürte das Metall, ergriff die Pistole, klemmte sich den Ordner unter den Arm, rannte die Treppe hinunter in den Keller, hängte den Ordner in den Tresor und hörte, wie Ukkola an der Kellertür zog. Sie schloss den Tresor und erstarrte in panischem Entsetzen, als die Kellertür quietschte. Sie zwang sich dazu, ein paar Schritte zu machen, öffnete die Brettertür neben dem Kartoffelkeller, betrat rasch einen mit Pappkartons und Möbeln gefüllten Vorratsraum und hielt den Atem an. Die Schritte kamen näher.
Ukkola schnaufte knapp zwei Meter von ihr entfernt, er war so nahe, dass sie sein Rasierwasser roch. Kati Soisalo umklammerte die geladene Pistole mit der Hand. Es wäre so einfach: hervortreten, entsichern, auf den Kopf des Mannes zielen und den Abzug durchdrücken – mehr brauchte sie nicht zu tun. Der größte Teil ihrer Probleme würde sich in Luft auflösen, die ständige Qual hätte ein Ende. Das erste Mal in ihrem Leben hatte sie tatsächlich Lust zu töten.
Sie hörte, wie die Tresortür knarrte. Dann raschelte Papier … Plötzlich fuhr ihr ein Schreck in die Glieder – ihr Handy war noch an. Hastig holte sie es aus der Tasche und schaltete es aus.
»Scheiß Alarmanlage«, schimpfte Ukkola und knallte die Tresortür zu.
Kati Soisalo spähte zwischen Tür und Zarge hindurch, und um ein Haar wäre ihr ein Aufschrei entfahren, als Ukkola auf sie zu trat. Er wühlte im Werkzeugregal, fand eine Plastiktüte und kehrte in den Kartoffelkeller zurück. Wenig später kam er wieder heraus, den Inhalt des Safes trug er in dem Beutel. Es polterte auf der Treppe, als Ukkola hinaufstieg, dann schlug die Tür zu, und der Motor des Volvo heulte auf.
Die Anspannung entlud sich so heftig, dass ihr die Knie weich wurden und sie sich auf den Fußboden setzen musste. Jetzt war ihrklar, dass sich im Tresor eine Alarmanlage befand. Gott sei Dank hatte sie es noch geschafft, den Sibirtek-Ordner zurückzuhängen. Nun würde Ukkola wahrscheinlich nie von dem Einbruch erfahren. Allerdings hatte sie nur einige wenige Verträge fotografieren können, und eine zweite Chance bekam sie nicht, weil dieser verdammte Ukkola die Ordner mitgenommen hatte. Blieb nur zu hoffen, dass das fotografierte Material ausreichte.
Kati Soisalo wartete noch eine Viertelstunde in dem kühlen, stockfinsteren Keller, legte dann die Waffe in das Versteck zurück und lief über den hinteren Hof und das Nachbargrundstück zur Korsutie. Hoffentlich war Ukkola seine übliche Strecke gefahren, andernfalls könnte er ihren Smart bemerkt haben.
Die Tür von Jonny Karlssons Wohnung in der Punavuorenkatu öffnete sich erst, als Kati Soisalo schon wieder gehen wollte. Sie hatte mindestens zwei Minuten
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