Schwarz
ausgeglichener und ehrlicher Mann hat sicher eine Beförderung verdient.«
Ukkola setzte sich aufs Sofa und strahlte übers ganze Gesicht. »Ich bin nur gekommen, um dir mitzuteilen, dass ich euren Schachzug mit der Erpressung nicht vergessen habe. Früher oder später wird mir irgendeine wirkungsvolle Methode einfallen, wie ich mich rächen kann. Du würdest dir vieles ersparen, wenn du wieder in Pitäjänmäki einziehst.«
Kati Soisalo schloss die Augen. Ging dieser Alptraum denn nie zu Ende, wollte Ukkola sie sein ganzes Leben lang verfolgen? »Setzdich für Ermittlungen in Vilmas Fall ein, dann verspreche ich, mir die Sache zu überlegen. Deine Möglichkeiten sind ja nun viel besser, schließlich bist du jetzt ein richtig großer Chef.«
Ukkola wurde ernst. »Du bist nie über Vilmas Tod hinweggekommen.«
»Vilma ist nicht tot, sie ist vermisst. Und eines Tages werde ich sie finden.« Kati Soisalo wirkte traurig, aber zugleich auch zuversichtlich.
»Die Leiche wurde nie gefunden, aber die Statistiken sprechen für sich. Ein Kind, das vor anderthalb Jahren verschwunden ist, findet man nicht mehr. Glaub mir. Du musst die Tatsache akzeptieren, dass Vilma endgültig nicht mehr da ist.«
Genau das würde Kati Soisalo niemals tun. Es sah so aus, als sollte sie sich für den Rest ihres Lebens nach Vilma sehnen und vor Jukka Ukkola fürchten.
***
Leo Kara konnte sich nicht erinnern, jemals in East Hill, im Südwestlondoner Stadtteil Wandsworth, gewesen zu sein. Die Bewohner der Gegend gehörten zur gutsituierten Mittelklasse. Auch hier fanden sich am Straßenrand geparkte Jaguars und prächtige viktorianische Häuser, die freilich nicht annähernd so teuer und schön waren wie in Chelsea. Und nun wohnten hier auch Helen Taylor und sein Patenkind Oliver. Kara hatte das Gefühl, als käme er hierher, um sich endgültig von Ewan zu verabschieden.
Die Klingel bimmelte eine fröhliche Melodie, die Kara nicht kannte. Helen öffnete die Tür und fiel ihm um den Hals.
»Schön, dich zu sehen. Es ist schon ewig her«, sagte Helen und schaute Kara wie etwas an, was man vor langer Zeit verloren hat. Sie sah erschöpft, aber froh aus. Das ließ auch Karas Laune besser werden. Vielleicht würde der Besuch gar nicht so bedrückend, wie er es befürchtet hatte.
»Die Möbelpacker haben die Sachen schon letzte Woche gebracht, aber ich habe es noch nicht geschafft, alles auszupacken, wie du sicher verstehen wirst«, erklärte Helen und tätschelte ihren gewölbten Bauch.
»Der Termin war doch im Juli, nicht?«, fragte Kara. Der Gedanke, dass Ewan in seinen Kindern weiterleben würde, tat gut.
»Der elfte, und ich komme mir schon jetzt vor wie ein Zeppelin.«
Sie betraten die Diele, an deren Wänden volle Kartons standen, und danach das Wohnzimmer, wo ein Feuer im Kamin flackerte. Jetzt war Oliver an der Reihe, er rannte zu Kara hin und ließ sich hochheben und umarmen.
»Sag es mir jetzt gleich. Was ist mit Vater passiert?«, drängte der fünfjährige Junge, dessen Oberlippe ein Kakaoschnurrbart zierte.
»Oliver, lass Leo sich erst mal hinsetzen und verschnaufen, wir haben doch keine Eile«, beruhigte Helen ihn.
Kara hatte sich auf dieses Treffen sorgfältig vorbereitet. Er wollte eine lückenlose Geschichte erzählen, eine, die alle Fadenenden miteinander verknüpfte und keine Fragen offenließ. Eine Geschichte, nach der Helen und Oliver in Ruhe weiterleben konnten, ohne von den Schatten der Vergangenheit bedrängt zu werden. Anders als er.
***
Im Park von Kennington, einen reichlichen Kilometer vom Hauptquartier des SIS entfernt, regnete es so, dass Betha Gilmartin den Schirm aufgespannt hatte. Der Nieselregen würde ihre Haare kräuseln wie ein Kreppeisen. Leo Kara störte der Regen nicht, im Gegenteil. Nachdem er vor zwei Tagen am Rande des Flüchtlingslagers von El Obeid stundenlang in der glühenden Hitze geschmort hatte, wusste er das frische Wetter in London zu schätzen. Sie hatten sich auf einer Parkbank über eine Stunde unterhalten.
»Was will der SIS jetzt tun? Und die internationale Gemeinschaft, die UN?«, fragte Kara.
»Der Erpressungsplan ging allein auf Osmans Kappe. Hofman hat bei ihrem Treffen am Samstag auf dem Markt von Al-Mourada sogar versucht, ihn von den Anschlägen und der Erpressung abzubringen. Die Raketen wurden aus Teilen hergestellt, die Sibirtek und ähnliche Tarnorganisationen bei ihren Zulieferern weltweit in Auftrag gegeben hatten. Hofman hat das Ganze koordiniert. Er hat
Weitere Kostenlose Bücher