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Schwarz

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Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Steuerungssystems gegeben hatte, war mehr als ein Jahr vergangen. Sie rief die von Leo Kara hinterlassene Nummer an, vernahm aber nur eine originelle Ansage auf dem Anrufbeantworter. In welchem Teil der Welt war Kara wohl gerade unterwegs?
    Ein paar Minuten später piepte es in der Kochnische der Kanzlei. Kati Soisalo nahm die am Vortag zubereitete Portion Garnelen-Fenchel-Pasta aus der Mikrowelle und schaltete den CD-Player ein. Sophie Zelmans ruhiger Sprechgesang entspannte sie. Es war einfach zu viel Zeit, die sie in ihrer Kanzlei verbrachte, aber die Arbeit hielt die Gefühle und Gedanken einigermaßen im Zaum. Sie hatte alles Mögliche versucht, um ihren Schmerz zu ertränken: Schnaps, Philosophie, Sport, Religion, Pistolenschießen … Doch der Hass und die Trauer ließen nicht nach. Also hatte sie beschlossen, mit ihnen zu leben und sie zu nutzen. Hass und Trauer trieben sie voran und gaben ihr die Kraft, zu arbeiten und all das durchzustehen.
    Die Anwaltskanzlei bestand seit gut einem Jahr. Kati Soisalo hatte sie eröffnet, kurz nachdem sie Vilma verloren und ihre Stelleals Juristin bei Fennica aufgegeben hatte. Sie übernahm nur Aufträge, bei denen der Mandant ohne eigenes Verschulden in Schwierigkeiten steckte und die buchstabengetreue Anwendung des Gesetzes ein ungerechtes Endergebnis herbeizuführen drohte, sowie Fälle, bei denen ein Individuum ins Räderwerk des Systems geraten war. So hatte sie schon einem Immigranten, einem Asylbewerber, einem auf dem Arbeitsmarkt diskriminierten Homosexuellen, zwei Hackern, dem Präsidenten eines Motorradklubs und auch einer Prostituierten geholfen. Aufträge, die ihren Kriterien entsprachen, waren nicht gerade dicht gesät, aber das machte nichts, ihre finanzielle Lage würde sich auch bei geringen Honorarsummen nicht verschlechtern. Von Fennica hatte sie eine gute Abfindung bekommen und ihre Optionen noch rechtzeitig vor dem Einbruch der Börsenkurse ausgeübt.
    Immer wenn es ihre Zeit erlaubte, widmete sie sich der ehrenamtlichen Arbeit für UNICEF, für die ECPAT, die gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und gegen den Kinderhandel kämpfte, und für den Mannerheim-Kinderschutzbund. Sie überprüfte und sammelte auch Informationen über den Kinderhandel und die damit zusammenhängende Kriminalität. Das Problem, nicht zu wissen, was sie mit ihrer Freizeit anfangen sollte, hatte sie nicht, und das war auch gut so.
    Kati Soisalo trat ans Fenster und schaute auf die Autos und die Fußgänger auf der Straße und die Arbeiter in ihren Overalls, die »Eisenhände«, drüben auf dem Werftgelände. Die Menschen kamen und gingen, ihr Leben und das, was sie taten, hatte bei ihnen einen Sinn. Bei ihr nicht.
    Anderthalb Jahre Trauer und Selbstmitleid – sie war noch immer eine Gefangene ihres Verlustes und führte ein unnützes und von Sehnsucht erfülltes Scheinleben, umgeben von einem Gefühlsvakuum, das sie selbst geschaffen hatte, um zu verhindern, dass ihr schmerzhafte Dinge zu nahe kamen.
    Kati Soisalo versuchte vergeblich, nicht an ihre Tochter zu denken, an die gemeinsamen Augenblicke am Abend und am Morgen, an Vilmas warmen Duft und ihren Glauben daran, dass die Mutter sie vor allem Bösen beschützte. Sie spürte die Sehnsucht alsSchmerz und fürchtete, dass sie sich schon bald nicht mehr ins Gedächtnis zurückrufen könnte, wie weich sich die kleine Hand des dreijährigen Mädchens angefühlt hatte.
    ***
    Leo Kara verließ das Flugzeugwrack, sein Rucksack war gefüllt mit warmer Kleidung und Lebensmitteln, die er im Gepäck der umgekommenen Passagiere gefunden hatte. Sogar einen Lappendolch, Feuerzeuge, gefütterte Winterstiefel und einen dicken Overall zum Eisangeln hatte er entdeckt. Jetzt konnte er die Herausforderung annehmen, bei zwanzig Grad Frost Hunderte Kilometer bis zum nächstgelegenen Dorf zu laufen. Die Maschine war im Osten Lapplands abgestürzt, irgendwo zwischen Salla und Inari. Die Bären lagen zum Glück im Winterschlaf, und die finnischen Wölfe hatten seit über hundert Jahren keine Menschen angegriffen.
    Plötzlich hörte man draußen auf dem Gang Stimmen, und Karas Phantasiegebilde fiel in sich zusammen. Jemand kam mit raschen Schritten auf die Zelle zu, blieb an der Tür stehen … und ging weiter. Kara hatte in der Hocke die Arme um die Beine gelegt und drückte den Bauch gegen die Oberschenkel. Die Zellen mussten tief unter der Erdoberfläche liegen, es war tragikomisch, in einem der heißesten Länder der Welt zu frieren. Er

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